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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 80

 

diese Kriege verursacht haben. Die Europäische Union ist allein auf Grund dieser Tatsache ein unsagbar erfolgreiches Projekt der europäischen Entwicklung, und ich glaube, dass wir das in diesem Zusammenhang doch noch einmal klarstellen sollten.

 

Robert Menasse hat dieses Buch auch unter dem Gesichtspunkt geschrieben, dass er sich mit der europäischen Bürokratie auseinandersetzen wollte. Es wurde ja heute immer wieder auch aus Umfragen zitiert, und oft wurde auch gefragt, wie man die Brüsseler Bürokratie, die Beamten in Brüssel, sieht. Die haben ein denkbar schlechtes Image in der öffentlichen Meinung. 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sie eine sehr negative oder eine eher negative Meinung über die Beamten in Europa haben. Aus diesem Grund hat sich Robert Menasse auf den Weg nach Brüssel gemacht, und wer Robert Menasse kennt, weiß, dass er ein sehr, sehr kritischer, ein sehr unabhängiger Autor ist, der auch immer wieder schonungslos Missstände deutlich angesprochen hat. Er ist unter diesem Gesichtspunkt nach Brüssel gegangen, einen Roman über einen europäischen Beamten zu schreiben, und er ist hingegangen mit der ähnlichen Vorstellung wie die 70 Prozent, die der Meinung sind, das ist eher negativ oder sehr negativ. Daher sagt er auch am Anfang: „Unter allen Monstern nimmt der Beamte eine herausragende Stellung ein.“

 

Er hat sich also auf den Weg nach Brüssel gemacht, hat dort eine Wohnung genommen, hat dort sechs Monate gelebt, hat recherchiert und hat möglichst viele dieser Beamten gesucht, wollte möglichst viele dieser „Monster“ dieser europäischen Bürokratie kennen lernen. Und Robert Menasse schreibt dann, dass er eine Überraschung nach der anderen erlebt hat. Robert Menasse hat in Brüssel offene Türen in den Palästen der EU-Bürokratie vorgefunden. Er hat ausschließlich auskunftsbereite Beamte vorgefunden. Er schreibt über eine schlanke Brüsseler Bürokratie, die er kennen gelernt hat, eine Bürokratie, die sparsam und bescheiden ist, die sogar in den Chefetagen der oberen Hierarchie keinen Luxus in den Arbeitsräumlichkeiten kennt. (GR Mag Wolfgang Jung: 130 000 EUR!) Er fand Beamte, die, wie er schreibt, lustig sind, die aber insbesondere hochmotiviert und hochqualifiziert sind.

 

Ich glaube, wenn man an ein Thema ernsthaft herangeht, dann ist man bei dieser Diagnose viel näher an der Realität, als wenn man nur einfach sagt, Brüssel ist weit weg, und es ist mir eigentlich alles egal und zuwider.

 

Ich habe nicht so viele Erfahrungen gemacht wie Robert Menasse. Ich war keine 6 Monate in Brüssel, aber ich habe in den letzten 10, 15 Jahren sehr viele Veranstaltungen, Seminare und Tagungen in Brüssel besucht, habe viele Kontakte gehabt mit Vertretern der Kommission und habe tatsächlich sehr viele Beamte kennen gelernt, die offen waren, die hochqualifiziert waren, die selbstverständlich viele Sprachen konnten, die sich in Europa und auch in Österreich sehr gut ausgekannt haben, die völlig entspannt und unaufgeregt eigentlich einen sehr guten Job machen. Wir wissen, dass diese Beamten genau das machen, was Beamte sonst überall machen: Politik und Entscheidungen vorzubereiten. Die Entscheidungen treffen dann letztlich das Europäische Parlament zum einen und der Europäische Rat zum anderen.

 

Die europäische Politik hat in diesen 60 Jahren viele positive Ergebnisse gebracht, hat großen Einfluss auf unser Leben und hat auch viel Positives für die Regionen und für Österreich gebracht. Der wirtschaftliche Vorteil Österreichs seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist, dass der Anteil des Exportvolumens von 30 Prozent auf 58 Prozent gesteigert wurde, dass das WIFO ausrechnet und immer wieder veröffentlicht, dass Österreich jährlich dadurch 14 000 neue Jobs bekommt, dass insbesondere junge Menschen in diesem Europa ungleich bessere Chancen für das Studium haben, dass es heute selbstverständlich ist, dass junge Menschen ins Ausland gehen, andere Universitäten, andere Städte, andere Länder kennen lernen. Das ist alles ein Verdienst dieser Entwicklung.

 

Österreich ist Nettozahler, aber wir sind auch Empfänger. Wir haben in den letzten Jahren auch sehr viele Projekte realisiert, für die wir namhafte Beträge aus EU-Förderungen erhalten haben.

 

Ich möchte jetzt nur Projekte ansprechen, die in Wien von der EU gefördert wurden:

 

Freiräume für die Seestadt Aspern, um neuen Lebens- und Arbeitsraum für 40 000 Menschen zu schaffen, mit einer Förderung von 2 Millionen EUR aus dem EFRE, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung; 2 Millionen EUR aus dem EFRE für die Aufwertung und Neugestaltung beispielsweise der Ottakringer Straße, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den öffentlichen Raum zu attraktiveren; 1,8 Millionen EUR aus dem EFRE für das Zentrum Hernals, das sich auf Grund von Bürgerbeteiligungsverfahren eine Umgestaltung des St-Bartholomäus-Platzes und der Kalvarienberggasse gewünscht hat; 1 Millionen EUR aus dem EFRE für die Förderung von E-Mobilität für Wiener Unternehmen als Unterstützung für die Anschaffung von elektrobetriebenen Nutzfahrzeugen.

 

In der letzten Sitzung des Gemeinderatsausschusses für europäische und internationale Angelegenheiten, wo immer sehr ernsthaft und auch sehr emotionslos diskutiert wird – offensichtlich sind Wahlkampfzeiten keine besonderen Zeiten für objektive Betrachtungen –, haben wir einen Bericht von der Wirtschaftsagentur Wien über kofinanzierte Projekte erhalten, und hier wurden uns drei Projekte vorgestellt, die von der EU kofinanziert wurden: Mingo Services als Unterstützung für Unternehmungsgründungen; Impulsprogramme der Stadtentwicklung, insbesondere im Technologiezentrum aspern IQ; innovationsorientierte öffentliche Beschaffung über das Projekt WienWin.

 

Ganz konkret hat Wien in den letzten 6 Jahren 55 Förderprogramme mit einem Volumen von insgesamt knapp 23 Millionen EUR über die Europäische Union umgesetzt, und in den nächsten Wochen wird die MA 27, die ganz hervorragende Arbeit in diesem Zusammenhang leistet, das Programm für die nächsten 6 Jahren einreichen, wo wir wieder EFRE-Förderungen im Ausmaß von zirka 25 Millionen EUR lukrieren werden kön

 

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