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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 80

 

das Wort gar nicht sagen! Sie biedern sich an diesen rechten Sud an! Das ist wirklich unerträglich! Und jetzt komme ich zurück zu meiner Rede. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Zweiter Punkt: Totalitarismen. Es ist herausgekommen und es stimmt: Sowohl die vorherige Regierung in der Ukraine – darüber muss man nicht lange streiten – als auch die jetzige wirklich richtig einzuschätzen und festzumachen, wo sich diese insbesondere in Fragen von Menschenrechten et cetera positioniert, ist nicht einfach. Aber wo sich Putin positioniert, das weiß man mittlerweile. Das weiß man! Aber was tun Sie trotzdem? – Sie besuchen Kadyrow. Sie stellen sich hin und geben der Befragung mit gläsernen Urnen und offenen Abstimmungszetteln den Sanktus und meinen, diese war super erfolgreich. Und dann wollen Sie uns erklären, wie Demokratie funktioniert? (GR Ing Bernhard Rösch: Ihr küsst dort die Erde!)

 

Sorry, liebe FPÖ! Wer Putins Demokratie lobt, muss sich nicht über die Demokratie in Österreich, nicht über die Demokratie in einem Bundesland in Österreich, nicht über die Demokratie in einer Gemeinde in Österreich beschweren! Wer Putins Demokratie lobt, lebt weiterhin gedanklich im Totalitarismus. Und im Hinblick darauf ist es nicht von ungefähr, dass Sie den Vergleich zwischen Drittem Reich und Europäischer Union ebenfalls zitieren und dabei die Europäische Union schlecht aussehen lassen. Das ist Ihre Tragödie! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich habe mich schon gefragt, als Kollege Gudenus zu Herrn Kadyrow gefahren ist: Warum tut er das eigentlich? Ich versuche nämlich, auch wenn ich Ihr Programm nicht gutheiße, immer wieder auch zu verstehen, welche Signale Sie aussenden. Und wenn Sie einen Herrn Kadyrow oder einen Herrn Putin verteidigen, dann kommt das auch bei Ihrer Klientel nicht wirklich gut an! Im Zweifelsfall ist es Ihrer Klientel egal. Aber Ihre Klientel steht nicht auf Putin.

 

Nachdem in letzter Zeit allerdings tatsächlich viele Diktatoren ausgefallen sind, ist mir etwas eingefallen, und ich frage Sie das jetzt, und ich fordere Sie auf, Ihre Parteikassen und Ihre Spender offenzulegen: Wie viele Millionen fließen von einem Herrn Putin in die Parteikassen der FPÖ? Das würde mich angesichts der Tatsachen der letzten zwei, drei Jahre tatsächlich interessieren! (Ironische Heiterkeit bei GR Dominik Nepp.) Lachen Sie nicht darüber! Legen Sie Ihre Parteikassen offen! Wie viel Geld fließt von Vladimir Putin direkt in die Taschen der FPÖ? (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Die Österreicherinnen und Österreicher, die Wienerinnen und Wiener haben ein Anrecht darauf, zu wissen, in wessen Interesse Sie in Österreich agieren! Und ich sage Ihnen: Wenn die Wienerinnen und Wiener erkennen, dass die Freiheitliche Partei von Vladimir Putin gesponsert wird, dann ist es aus mit Ihren Wahlsiegen, und auf diesen Tag werde ich mich freuen. (Ironische Heiterkeit von GR Mag Wolfgang Jung. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Aber ich komme jetzt tatsächlich zurück zur Europäischen Union, weil sich die Europäische Union tatsächlich auf einem Scheideweg befindet. Das wird oft vergessen. Dieser Scheideweg betrifft aber nicht nur strukturell die Rolle der Europäischen Kommission, des Europäischen Rats und des Europäischen Parlaments, sondern das Ganze ist natürlich auch inhaltlich fundiert.

 

Etwas lässt sich jetzt jedenfalls schon sagen: Auch wenn man sozusagen kein glühender Europäer wäre, ließe sich feststellen, dass die Situation vor der Einführung der Europäischen Union nicht besser war als jetzt. Und die Problematik, die jetzt momentan in der Europäischen Union entsteht – das wurde schon von einigen Vorrednerinnen und Vorrednern herausgearbeitet –, betrifft Fragen der Nationalismen und Fragen der Armut.

 

Ich möchte insbesondere auf die Frage der Armut kurz eingehen, weil ich glaube, dass die Frage der Armut, mehr noch als die Nationalismen, der zentrale Punkt ist, warum immer mehr Menschen an der Europäischen Union zu zweifeln beginnen, ohne zu erkennen, dass mehr Nationalismus ihnen in dieser Frage überhaupt nicht helfen wird. Mehr Nationalismus – das kennen wir, das wissen wir – führt in der Regel zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Das hilft niemandem, beziehungsweise das hilft im Endeffekt einzig und allein denjenigen, die auf Krieg spekulieren, und ich hoffe doch, dass wir innerhalb der Europäischen Union gemeinsam das Friedenprojekt erkannt haben und Wert darauf legen, dass niemand diese Interessen hat.

 

Aber wenn es darum geht, Armut zu bekämpfen, dann müssen wir auch auf europäischer Ebene einen Schritt in die Richtung weitergehen, dass wir nicht nur Banken, Staaten, et cetera retten. Vielmehr sollten wir uns einmal überlegen, dass hinter dem Geld am Ende auch ein Namen steht. Hinter den Banken, die wir retten, stehen Eigentümer. Und das, was in der Europäischen Union geschehen ist und was meines Erachtens wirklich der Kardinalfehler der letzten fünf Jahre seit Ausbruch der Wirtschaftskrise war, ist: Wir haben mit dem Geld der Ärmeren und der breiten Mittelschicht das Geld der Vermögenden gerettet. Das war der Kardinalfehler der Europäischen Union, der dazu führt, dass es in ganz vielen Ländern Europas zu Sparprogrammen und Belastungsprogrammen gekommen ist, und damit einher geht ein Wiedererstarken von rechtsextremen Tendenzen und von nationalistischen Tendenzen.

 

Nur wenn wir gemeinsam beginnen, die Armut zu bekämpfen (GR Ing Bernhard Rösch: Heizkostenzuschuss!), indem wir tatsächlich eine Umverteilung des vorhandenen Vermögens europaweit sicherstellen, eine Umverteilung der zur Verfügung stehenden Arbeit erreichen und damit tatsächlich die Arbeitslosigkeit bekämpfen können, dann wird auch dieses Europa eine Zukunft haben. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie wird ja immer größer in dieser glorreichen Union!)

 

Die Arbeitslosigkeit wird unter anderem deshalb immer größer, weil in manchen Ländern genau diese Positionen, die Sie vertreten, auch umgesetzt werden, was dazu führt, dass die Armut noch mehr steigt, und was dazu führt, dass in Wirklichkeit Ressentiments und der Hass gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger immer stärker und immer größer werden. Und das bringt

 

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