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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 19.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 108

 

Ich komme zum Schluss. Das Budget läuft ganz offensichtlich vollkommen aus dem Ruder. Die verzweifelten Versuche, wenn es überhaupt welche sind, die Schulden einzudämmen, führen zu deutlichen Verschlechterungen für die Bevölkerung, ohne dass man das Budget auch nur irgendwie in den Griff bekommt. Eine echte Sanierung wird so natürlich auf keinen Fall erreicht werden. Eine Zustimmung unsererseits zu diesem Budget wäre unverantwortlich und ich traue mich auch zu sagen, sie wäre sogar fahrlässig. Daher werden wir dieses Budget ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Danke schön. Die Restredezeit der FPÖ beträgt 8 Minuten. Zum Wort gemeldet ist Frau Dr Vitouch. Die Redezeit der SPÖ beträgt 23 Minuten.

 

13.58.15GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Danke, Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich finde es originell, wenn die Totengräber der EU sich als Erstes um die Grabpflege sorgen machen. (GR Mag Wolfgang Jung: Wir wollen sie in gutem Gedenken erhalten!) Aber davon wollte ich jetzt im Zusammenhang mit Europa gar nicht reden. „Entweder geht das Europa der Nationalstaaten unter oder es geht das Projekt der Überwindung der Nationalstaaten unter. So oder so, die EU ist unser Untergang.“ Robert Menasses großartiges Plädoyer für die Union und ihre Bürger – Titel: „Der europäische Landbote, die Wut der Bürger und der Friede Europas oder warum die geschenkte Demokratie einer erkämpften weichen muss.“ - revidiert auf geradezu geniale Weise alle Vorurteile, die der EU gemeinhin entgegengebracht werden. Kaum eines der verbreiteten Klischees vom verknöcherten Eurokraten trifft zu. Offene Türen, kompetente Information, eine schlanke Bürokratie, hochqualifizierte Beamte und funktionale Hierarchien trifft der ehemalige EU-Gegner Menasse in Brüssel an. Und er geißelt den Europäischen Rat und seine nationalen Minister, die die Idee eines gemeinsamen Europas kurzsichtigen und populistischen Winkelzügen unterordnen, vorgebliche nationale Interessen rücksichtslos und auf Kosten Europas durchzusetzen versuchen und damit in immer größeren Widerspruch zu den Interessen der Bürger und Bürgerinnen geraten. Das nämlich ist die Krise, die wir derzeit erleben, und das ist tatsächlich eine Krise der Demokratie.

 

Laut Menasse wird sich in absehbarer Zeit entscheiden, ob das System der Nationalstaaten oder das System der Überwindung der Nationalstaaten untergeht. „So oder so leben wir“, laut Menasse, „quasi am Vorabend eines Untergangs.“ (GR Armin Blind: Wir haben eh Menasse! Wozu brauchen wir dann noch die SPÖ?)

 

„Wir halten eine Welt und ein System aufrecht, von dem wir nicht wissen, ja, manche sich nicht einmal vorstellen können, dass es am nächsten Tag vielleicht gar nicht mehr existieren könnte.“ Dieser furiose, dem Geist Georg Büchners verpflichtete Essay, fordert nichts weniger als die Erfindung einer neuen, einer nachnationalen Demokratie.

 

In dieselbe Kerbe schlägt auch Daniel Cohn-Bendit. Er sagt: „Jedes Land hat eine Marotte. Das gemeinsame Europa kann nicht die Summe aller nationalen Interessen sein. Es kann nur die Überwindung dieser Interessen bedeuten.“ Er sieht sowohl den gemeinsamen Haushaltsrahmen für die Jahre 2014 bis 2020, als auch das Krisenmanagement durch überbordende nationale Interventionen gefährdet. Damit ist er auch nicht der Einzige im Europaparlament.

 

Die Parlamentarier der größten Fraktionen drängen auf ausreichende Ausgaben für gemeinsame Bildungsprogramme, für Forschung und Entwicklung, für weitere Wachstumsimpulse. Und die Regierungen, die sich mehrheitlich im Fiskalpakt zu einem eisernen Sparkurs verpflichtet haben, wollen den Gemeinschaftshaushalt so klein wie möglich halten.

 

„Kommt es zu keiner raschen Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament, müssen Programme wie Erasmus zurückgefahren werden“, sagt Othmar Karas, „denn die EU lässt 94 Prozent der Mitgliedsbeiträge ja wieder an die Mitgliedsstaaten zurückfließen - nur ein kleiner Rest geht für Verwaltung und Übersetzungskosten auf. Das für wichtige Entscheidungen Einstimmigkeit unter den 27 Regierungen herrschen muss, gefährden die überbordenden nationalen Interessen jede vernünftige EU-Politik. (GR Mag Dietbert Kowarik: Wir kennen die vernünftige EU-Politik! Wir sehen sie zur Zeit!) Die Euroländer haben dem Europäischen Parlament ja auch bei den neuen Rettungskonstruktionen keine Mitsprache oder Kontrollmöglichkeit eingeräumt - der Vertrag bildet für solche Extremsituationen keine ausreichende Basis.“

 

Hannes Swoboda sagt: „Jede Regierung schaut nur noch darauf, was sie selbst herausbekommt. Keine schaut darauf, was dem gemeinsamen Europa am besten hilft.“ (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Deswegen zahlen wir jetzt mehr!)

 

Wie kommt es jetzt eigentlich, dass bei der Debatte um die Bewältigung dieser Krise eine Bevölkerungsgruppe regelmäßig verschont wird? Die Vermögenden nämlich. (GR Mag Dietbert Kowarik: Die EU-Beamten zum Beispiel! Acht Prozent Erhöhung!) Während in den meisten EU-Ländern ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen mit schweren Einschnitten und überproportionalen Belastungen für das Spekulationsdesaster der Banken zahlen müssen, lassen die Reichen und Superreichen weiterhin „ihr Geld arbeiten“ und man wird noch bestraft, wenn man die Lagarde-Liste der griechischen Steuerflüchtlinge veröffentlichen möchte! (GR Mag Wolfgang Jung: Wer stimmt denn dauernd zu? Haben Sie im Nationalrat dagegen gestimmt? Sie haben es ermöglicht!) Der Generalstreik in Spanien und Portugal und die zahlreichen Solidaritätsstreiks am 14. November haben gezeigt, dass es den Menschen in Europa reicht. Die blinde Sparpolitik auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung hat dramatische Auswirkungen auf das Leben vieler und bedeutet massive Eingriffe in unser Sozialsystem. Die EU-Rechtsvorschläge zur öffentlichen Beschaffung und zu den sogenannten Dienstleistungskonzessionen nehmen ebenfalls keine Rücksicht auf die Beschäftigungsbedingungen … Hier auf bewährte, zum Teil Wiener, Lösun

 

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