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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 145

 

... (GR Mag Wolfgang Jung: Das haben wir heute schon gehört! - Weitere Zwischenrufe.) Nein, Sie wollen ihn nicht lesen, denn Sie wollen auch nicht darauf eingehen. Sie wollen ja nicht wissen, was da drinsteht, nämlich dass wir momentan einen Brain Drain haben. Das muss man wahrscheinlich übersetzen, aber wurscht jetzt ... (GR Mag Rüdiger Maresch: Bitte auf Deutsch! - Weitere Zwischenrufe.)

 

Wir haben einen Brain Drain - die Fachausdrücke mute ich Ihnen einfach zu! Da Sie zu den 10 Prozent Bestverdienern in Österreich gehören, halte ich das für durchaus zumutbar. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Das ist nicht die einzige Zumutung jetzt!) Verlust von 5 000 Personen an Hochqualifizierten pro Jahr! Wirtschaftspartei, Wirtschaftsstandort wurscht: Geben wir ihnen allen ein Handy-Package, wenn sie wegfahren, dann können sie ja telefonieren - wahnsinnig lustig! (Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

Im Bereich der Universitätenbildung und der Spitzenforschung bedarf es einer Verbesserung. Momentan: Abwanderung qualifizierter Spitzenkräfte im Ausmaß von 5 000 Personen pro Jahr. Das können wir uns nicht leisten! (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, das weiß man auch ...) Wir können nicht nur vom Schiefergas leben, das vielleicht einmal funktioniert oder auch nicht, sondern was wir haben, sind Köpfe und ausgebildete Menschen. Das sind Fakten! (Zwischenruf von GR Mag Johann Gudenus, MAIS.) Lesen Sie einfach den Bericht, wenn Sie sich sonst schon nicht auskennen in dem Bereich. Die Leute, die auf der Uni sind - es sind ja ein paar da -, wissen doch, dass die Bedingungen dort nicht gerade hervorragend sind. Dass das nicht gerade Spitze ist, wie es für junge Leute auf der Uni läuft, das könnte sich ja herumgesprochen haben.

 

Die Frage ist: Was macht man damit? Hier gibt es einmal als Erstes - es ist ohnehin seltsam, dass es das lange genug nicht gegeben hat, aber Brünn ist näher zu dieser Stadt als Linz oder Graz ... (GR Mag Wolfgang Jung: Aber Linz liegt uns doch noch ein bisschen näher, oder nicht?) Ja, ein bisschen. (GR Mag Wolfgang Jung: Dass Sie das zugeben!) Die Kooperation mit Universitäten außerhalb der Landesgrenzen hat es früher quasi nicht gegeben: Landesgrenze ist Landesgrenze, fertig! Das dürfte ein Modell sein, das der FPÖ behagt, da macht man nichts.

 

Da gibt es Universitäten, die von der Europäischen Union viel Geld lukrieren, weil sie es geschickt machen, weil sie es auch verdient haben. Da gibt es eine in Brünn (GR Mag Wolfgang Jung: Es ist immerhin schön, dass Sie Brünn sagen!), die sehr viel Infrastruktur bekommen hat, aber nicht auch alles andere im entsprechenden Tempo. Da gibt es jetzt eine Kooperation, die es vorher nicht gegeben hat in dem Ausmaß, wie es sie jetzt gibt, die ist jetzt viel besser. Das sollte man vorantreiben, wo wir doch innerhalb von Europa so schnell überall hinkommen. Diese Kooperation hat Alexander Van der Bellen vorangetrieben, die gibt es jetzt!

 

Wir haben ein massives Problem; jetzt haben wir einmal ein neues Zuwanderungsproblem, aber nicht das, was Sie wahrscheinlich gerne hätten: Wir haben ein Zuwanderungsproblem an den Universitäten, weil viele Leute sehr lange brauchen, bis sie überhaupt eine Erlaubnis haben, hierher zu kommen. Studierende sowieso, aber auch Personal an den Universitäten: Die kommen da nicht her, weil wir alle halben Jahr eine Novelle des Fremdengesetzes haben. Das macht eine Menge Arbeit, unter anderem bei der MA 35 am Ende, wo dann hunderttausende Fälle offen sind, die man bearbeiten muss.

 

Das führt dazu, dass zum Beispiel die amerikanische Elite-Universität Wellesley College dazu übergangen ist und gesagt hat: Die Zusammenarbeit mit der Stadt Wien, mit der Universität Wien, dieses Austauschabkommen, das wir haben, kündigen wir einfach! Das gibt es nämlich jetzt nicht mehr. Austauschabkommen mit der Uni gekündigt mit der einfachen Begründung: Moment, wenn das so ein Problem ist mit einem Visum - für eine Studentin war das -, wenn das so ein Problem ist und ihr die Leute von uns nicht wollt, dann gehen sie eben woanders hin.

 

Das passiert in Europa, in manchen Ländern mehr und manchen weniger. Österreich ist eines von denen - wie die Bundesrepublik übrigens auch -, wo sich sehr viele Hochqualifizierte nicht so gerne ansiedeln. Man muss immer wieder verweisen auf die Bundesrepublik, die für IT-Ausgebildete aus Indien die Möglichkeit geschaffen hat, nach Deutschland einzuwandern, die ein paar Tausend Leute haben wollte, nämlich 6 000, und die nicht einmal in der Lage war, die Leute zu lukrieren, weil diese gesagt haben: In dieses Klima komme ich nicht, ich bringe nicht meine Familie dorthin, ich kann etwas, ich suche es mir aus!

 

Es mag schon sein, dass es der FPÖ entgegenkommt, wenn die Leute nicht kommen. Nur, für unseren Wirtschaftsstandort hätte ich zwischendurch geglaubt, dass es die ÖVP vielleicht interessiert. Aber das ist eben auch nur vielleicht, Sie sind immer noch damit beschäftigt, die Nachfolge auf die Reihe zu kriegen. Die Frau Marek, die hier kandidiert hat, sehe ich übrigens auch nicht - von wegen, wer alles kandidiert hat. Fett plakatiert als Nummer 1, schon lange nicht mehr hier gesehen!

 

Seit Busek, Gehrer die Universitäten an den Rand des Abgrunds geführt haben, ist zumindest eines klar - es gilt für viele andere Bereiche auch, etwa Sozialpolitik -: Bildungspolitik darf man einer Partei in dem Land nicht geben, und das sind Sie, das ist die Österreichische Volkspartei! Ich hoffe wirklich, dass nach 2013 ein frischer Wind weht, so wie in den 70er Jahren. Es wird sich nicht für die Sozialdemokratie allein ausgehen, aber vielleicht ein rot-grüner Wind in der Bildungspolitik (StR Mag Manfred Juraczka: Der wird sich auch nicht ausgehen!), damit dieser Stillstand endlich aufgehoben wird und die blöde Witzelei (Ruf bei der FPÖ: Sie stehen am Abgrund und gehen einen Schritt weiter!) über den Zustand der Universitäten hier ein Ende hat. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich sage Ihnen nur ganz kurz, was Sie finden würden, wenn Sie das lesen würden (GR Mag Wolfgang Jung: Läsen!), statt zu überlegen, ob das ein lustiges Bild ist oder nicht und ob man da kochen kann oder nicht.

 

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