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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 23.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 72

 

alles Dinge, die Sie schon mitzuverantworten haben, das sind alles Dinge, die auch die Armen betreffen, denn die müssen auch irgendwo wohnen.

 

Gestern hat uns ja der Herr Ellensohn gesagt, da kann man die Dusche den ganzen Tag rinnen lassen. Aber im Februar 2010 hat er noch gesagt, Wien ist die Hauptstadt der Armut. 170 000 Menschen haben Probleme beim Zahlen des Heizens, der Kleidung. 280 000 Menschen in Wien müssen mit weniger als 950 EUR auskommen, inklusive aller Transferleistungen, sind also unter der Armutsschwelle. Das sind Aussendungen des Kollegen Ellensohn. Jedes vierte Kind in Wien ist arm. Kollege Ellensohn wollte damals noch bis zum Jahre 2015 die Kinderarmut halbieren. Jetzt gibt es natürlich einen kleinen Versuch bei der Mindestsicherung für Kinder, aber erklären Sie mir einmal, wie man mit 200 EUR ein Kind durchbringt. Das ist ja noch immer viel zu wenig, wenn man hier wirklich was tun will. (GR David Ellensohn: Dann erklären Sie einmal, wie Sie das machen würden!)

 

Seinerzeit haben Sie noch dafür gekämpft, bei den Obdachlosen beispielsweise, als diese Steuer eingeführt wurde, dass sie für die Übernachtung zahlen müssen. Da gab es den Pressedienst: „Weg mit der Obdachlosensteuer!“ Und noch kurz vor der Wahl: „Wir lassen uns nicht unterkriegen!“ – Kein Wort mehr davon. All diese Vorsätze von den Grünen gelten nicht mehr. Jetzt wird schon von der Kollegin Hebein erklärt, warum wir nicht alles gestrichen haben.

 

Vor der Wahl waren es dann kurzfristig 200 EUR Heizkostenzuschuss, gleich nach der Wahl sind es nur mehr 100 EUR gewesen. Ja, die werden jetzt direkt ausgezahlt mit der Mindestsicherung, aber so ein wahnsinniger Unterschied zwischen Sozialhilfe und Mindestsicherung ist es in der Menge auch nicht. Und damals hat man auch schon gesagt, bei der Sozialhilfe ist ja auch ein Heizkostenzuschuss dabei (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Nein!) oder Beihilfe. Das hast du gesagt. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Nein! Ich habe gesagt, Beihilfe, aber nicht Heizkostenzuschuss!)

 

Aber das Argument ist ein anderes: Auch von den 40 oder 43 EUR, die bei der Mindestsicherung dabei sind, ja, wer kann sich denn das bei 760 Eur weglegen das ganze Jahr, damit er dann im Winter heizen kann? Das ist ja völlig unrealistisch!

 

Auch wenn wir kein Geld haben in Wien, müssen wir halt schauen, wo wir sparen können. Dann sparen wir von mir aus bei uns, dann sparen wir bei Subventionen, dann sparen wir bei vielen Dingen, aber nicht bei den Armen. Und deswegen haben wir jedes Jahr gefordert – und früher haben es die Grünen ja auch getan, in ähnlicher Höhe –, 100 Eur pro Monat der Heizperiode, denn niemand soll frieren.

 

Und einen derartigen Antrag möchte ich hiermit auch einbringen. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.

 

Natürlich stimmen wir dem Heizkostenzuschuss über 100 Eur zu. Zähneknirschend, wie die Kollegin Korosec gesagt hat. Klar, denn 100 Eur sind besser als nichts. Dass das viel zu wenig ist, das muss uns allen klar werden, und dass das nicht die Leute sind, auf deren Kosten wir sparen dürfen. Wir müssen schauen, wie wir unsere Budgets so hinkriegen, dass wir zu Geld kommen oder das Geld nicht herausschleudern – aber nicht auf Kosten der Ärmsten.

 

Wir stimmen klarerweise natürlich auch diesem abgeschwächten – aber doch besser als der bestehende – Antrag der ÖVP über 250 Eur zu. Auch das wäre schon eine Hilfe. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Wagner. Ich erteile es ihm.

 

15.54.34

GR Kurt Wagner (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatter! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!

 

Ich habe mich heute zum Thema Heizkostenzuschuss zu Wort gemeldet aus folgender Überlegung: Ich möchte heute etwas nachholen, was ich gestern vergessen habe, weil ich glaube, es gehört sich einfach. Eine Kollegin unseres Ausschusses hat gestern Geburtstag gefeiert, nämlich die Kollegin Korosec, und auf diesem Wege möchte ich ihr auch noch namens unseres Ausschusses alles Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

 

Ich wünsche Ihnen Geschenke – die werden Sie ohnehin bekommen –, aber was ich mir und Ihnen wünsche, ist Gesundheit. Das passt für den Gesundheitsausschuss. Ich sage das aus dem Grund, weil ich glaube, bei aller politischen Gegensätzlichkeit und unterschiedlichen Vorstellungen bedarf es natürlich auch in der politischen Auseinandersetzung einer gewissen Kultur.

 

Jetzt bin ich aber leider schon am Ende mit meiner Lobeshymne, Frau Kollegin Korosec, denn jetzt werde ich mich ein bisschen kritisch auseinandersetzen, nicht nur mit Ihnen und mit Ihrer Fraktion. Ich habe etwas versprochen, darum tue ich es auch nicht. Ich nehme ja auch einzelnen Oppositionspolitikern ihr persönliches sozialpolitisches Engagement ab. Ich glaube wirklich, dass der eine oder andere hier in diesem Hause sitzt, der das wirklich ehrlich meint. Nur wenn ich mir dann die politische Richtung einzelner politischer Parteien ansehe, die Ausrichtung, die Themen, die Meinungen und Presseaussendungen, dann muss ich dazusagen, es gibt ein altes Sprichwort und auch ein Schlagwort, das heißt: An ihren Taten sollst du sie erkennen!

 

Wenn heute hier von der freiheitlichen Opposition erklärt wird – ich wiederhole, ich nehme es einzelnen Personen sogar ab, dass sie das ehrlich meinen –, sie wollen, dass für die Ärmsten der Armen – unter Anführungszeichen – mehr Geld ausgegeben wird als die 100 Eur, dann passt das mit ihrem politischen Stil, mit ihrer Auseinandersetzung und mit Ihren Presseaussendungen nicht ganz zusammen.

 

Wenn man einzelnen Mandataren durchaus in Wien und auf Bundesebene zuhört, wie sie, als wir in Österreich und in Wien die Bedarfsorientierte Mindestsicherung eingeführt haben – und wir gehen ja nicht davon aus und das nehme ich auch nicht an, dass Sie glauben, wir haben das für die Reichsten in dieser

 

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