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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 150

 

Beispiel jetzt nennen darf. Hier gab es in der letzten Woche am Freitag eine Gewinnwarnung. Es gibt eine außerordentliche Abschreibung von 74 Millionen EUR. Der Kleinaktionärsvertreter Rasinger geht davon aus, dass sich die Dividendenausschüttungen für das nächste Jahr halbieren werden. Das trifft auch die Gemeinde. Wir haben schon mehrfach darüber gesprochen, und Sie sehen, dass uns dieses Thema nicht loslässt. – Auch das belegt für mich, dass nicht „mit Bedacht“ gewirtschaftet wird.

 

Ein dritter Punkt – das wurde heute auch schon erwähnt – ist die Vergabepraxis der Gemeinde Wien. Hier wurde heute schon der der Prater-Vorplatz angesprochen. Wir müssen feststellen, dass die Vergabepraxis schlecht ist. Die veranschlagten und angenommenen Baukosten der Gemeinde werden in der Regel überschritten, oft um das Drei- bis Vierfache, beim Prater um das Doppelte. Das ist kein Ruhmesblatt, und deshalb ersuchen wir Sie, dass Sie das abschaffen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Neben den Forderungen nach Sparen und Bedachtnahme beim Wirtschaften fordern wir auch einen Finanzplan zur Budgetsanierung. Dieser Finanzplan soll für die Dauer von fünf Jahre angelegt sein und nach dem Vorbild des Bundeshaushaltsgesetzes eine mittelfristige Finanzplanung ermöglichen; aufbauend auf die Controllingergebnisse, die jährlich fortgeschrieben werden. Das ist internationale Praxis, und das Bundeshaushaltsgesetz sieht es auch so vor.

 

Ich darf zu diesem Thema heute einen Beschlussantrag einbringen. Gemeinsam mit meinen Fraktionskollegen Prof Eisenstein, Dominik Nepp und Rudi Stark – der heute leider aus privaten Gründen bei dieser Spezialsitzung nicht anwesend sein kann – bringe ich folgenden Beschlussantrag ein:

 

Wir fordern die zuständige amtsführende Stadträtin für Finanzen auf, jeweils im Juni einen Fünfjahresfinanzplan sowohl für die Gemeinde Wien als auch für die Wiener Wirtschaftsagentur und den Wiener Arbeitnehmer Förderungsfonds vorzulegen, damit wir Planungssicherheit für die Zukunft haben. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Viertens fordern wir die Einführung eines Rechnungswesens samt Kostenrechnung statt der Kameralistik. Wir sind der Meinung, dass die Kameralistik kein tragfähiges und aussagekräftiges Bild der Finanzen der Stadt Wien wiedergibt. Ich nenne in diesem Zusammenhang noch einmal das Haushaltsbeispiel von vorher. Wir fordern deshalb die Einführung eines Rechnungswesens und einer Kostenrechnung!

 

Ebenso fordern wir, dass das Subventionswesen genau unter die Lupe genommen wird. Wir wissen heute, dass es 250 Millionen EUR an Subventionen auf Gemeindeebene gibt. Österreich ist dafür überhaupt ein schlechtes Beispiel. Wir haben 15,5 Milliarden EUR an Förderungen, das heißt, 5 Prozent des BIP, international sind maximal 2,7 Prozent üblich. – Allein, wenn Sie hier mit den Förderungen zurückfahren, kann viel eingespart werden.

 

Neben der Reduktion des Förderwesens, der Umstellung der Buchhaltung und sparsamem Wirtschaften fordern wir eine Verwaltungsreform. Heute wurden zwei Themen angesprochen, nämlich die SAP-Einführung, die zwar löblich ist - Unternehmen haben das aber schon seit 20 Jahren - und die Einführung einer Scannerzentrale, was ebenfalls positiv ist, aber keinen echten Verwaltungsreformschritt darstellt. Wir brauchen jedoch echte Verwaltungsreformschritte! Ebenso brauchen wir eine Reform des Pensionssystems und wir brauchen eine Reform des Gesundheitssystems auf der Ebene der Gemeinde Wien. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren! Das von Ihnen nicht sehr willkommen geheißene Thema der Schweizer Franken kann ich Ihnen leider nicht ersparen, denn das ist ein ganz zentrales Thema im Zusammenhang mit der Finanzschuld der Gemeinde Wien. Bei einem Schuldenstand von 4 Milliarden EUR macht die aktuelle Verschuldung in Schweizer Franken 40,31 Prozent aus. Wir hatten schon 52 Prozent im letzten Jahr. Jetzt beträgt der Anteil 40,31 Prozent, und das ist immer noch viel zu viel! Als Vergleichsmaßstab: Der Bund hat aktuell einen Anteil von 1,21 Prozent, Wien hat über 40 Prozent, und das ist eindeutig zu viel. Wir fordern ein Zurückfahren dieses Schuldenstandes. Ich weiß, dass die Laufzeiten nicht kurzfristig abzubrechen sind. Sie haben aber auf unseren Druck hin schon aufgehört, weiter in Schweizer Franken zu spekulieren! (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Falsch! Das waren wir!) Das waren nicht Sie! Sie sind jetzt ja in der Regierung! (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Na eben! – Heiterkeit bei den GRÜNEN. )

 

Nein! Wir waren es! Lassen wir das! Es hilft nichts, wir waren es! Und wir haben auch im Rahmen einer der letzten Sitzungen einen Antrag dazu eingebracht – den Sie übrigens abgelehnt haben –, einen Antrag, mit dem wir ein Spekulationsverbot für die Gemeinde gefordert haben. Bedauerlicherweise haben Sie diesen abgelehnt. Wir haben das gefordert, weil wir der Meinung sind, dass Spekulieren sich nicht gehört, weder auf Gemeindeebene noch auf der Ebene von angeschlossenen Unternehmen.

 

Sie kennen sicherlich alle den aktuell vorliegenden Kontrollamtsbericht über die Wiener Stadthalle – BetriebsGmbH. Dieser ist kein Ruhmesblatt für die Gemeinde. Hier hat nämlich eine ausgegliederte Tochter der Wiener Stadthalle in Schweizer Franken und in türkischen Lira spekuliert, was das Kontrollamt auf den Plan gerufen hat, der Sache nachzugehen. Ich darf kurz aus dem Kontrollamtsbericht zitieren. Was sagt also das Kontrollamt zu dieser Spekulation? – Ich zitiere: „Die Wiener Stadthalle – Betriebs- und VeranstaltungsGmbH hat beziehungsweise hatte zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos aus der Finanzierung der Errichtung der Halle F auf Basis eines Immobilien-Leasings mit Restwert im Zeitraum 2006 bis zum im Rahmen der Einsicht festgelegten Stichtag 30. Juni 2011 diverse derivative Finanzinstrumente im Einsatz. Zum 30. Juni 2011 setzte sich das Derivatportfolio der Wiener Stadthalle – Betriebs- und Veranstaltungsgesellschaft

 

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