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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 150

 

knapp 100 EUR ist keine geringe Senkung und ist maßgeblich - zusammengenommen mit einer Senkung des Parkpickerls - für eine andere Verkehrspolitik, für eine bessere Verkehrspolitik! Und ich sage Ihnen, die Wiener und Wienerinnen werden dies auch zu schätzen wissen.

 

Wenn wir uns jetzt generell ansehen, in welchem Umfeld dieses Wiener Budget für das kommende Jahr zu beschließen ist - das haben in ziemlicher Einigkeit alle meine VorrednerInnen gesagt -: Die Prognosen von WIFO und IHS, auch von der Nationalbank lassen das kommende Jahr nicht in einem allzu positiven Licht erscheinen. Wir reden über ein prognostiziertes Wirtschaftswachstum von 0,8 bis 1 Prozent, und wir wissen alle, was dies bedeutet. Wir wissen alle, dass wir uns gerade in diesen Zeiten eigentlich budgetpolitische Impulse, beginnend auf der Bundesebene, erwarten müssten, natürlich bis hin zu den Ländern und Gemeinden.

 

Diese budgetpolitischen Impulse sind mit der jetzt groß proklamierten Schuldenbremse inkompatibel, wenn nicht (GR Mag Wolfgang Jung: Wie zahlen Sie neue Schulden zurück?), wenn nicht ganz massiv darauf gesetzt wird, dass Vermögens- und vermögensbezogene Steuern endlich erhöht werden. Ich habe versucht, darüber nachzudenken: Wie kann ich Ihnen begreiflich machen, dass das nicht etwas ganz Böses ist? Die Schuldenbremse - so sie kommt, wie sie Maria Fekter proklamiert, so wie auch immer wieder eingefordert wird, dass wir alle einsparen wollen (GR Mag Wolfgang Jung: Die hat Faymann auch proklamiert!) - betrifft 99 Prozent aller Österreicher und Österreicherinnen, und genau 1 Prozent wird von dieser Schuldenbremse nicht getroffen: Das ist das reichste Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher!

 

Diesem reichsten Prozent ist es vollkommen egal, welche Leistungen der Staat zur Verfügung stellt, vollkommen egal! Die brauchen diese Leistungen nicht, weil - das geht damit ziemlich einher - ihr Nettovermögen über 1 Million EUR liegt. Ja, dann braucht man de facto die Leistungen des Staates im Großen und Ganzen nicht mehr, wie den Gratiskindergarten - den es, wie gesagt, ja nur in Wien gibt -, aber natürlich auch die gemeinsame Gesundheitsvorsorge, Bildung, Universitäten. Dann kann man sich das alles leisten, auch für seine Kinder.

 

Aber die 99 Prozent, und insbesondere die 90 Prozent, die zusammen lediglich ein Drittel des gesamten Vermögens besitzen, die zahlen drauf - und ich will das nicht! Ich will, dass wir in Österreich und in Wien nicht die Situation bekommen wie in Griechenland, wir nicht die Situation bekommen wie in Spanien, wir nicht die Situation bekommen wie in vielen anderen EU-Ländern und Euro-Ländern, wo der Widerstand gegen diese drastischen Sparmaßnahmen, die jetzt de facto europaweit vonstatten gehen, immer mehr wächst.

 

Ich will, dass diejenigen, die auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, tatsächlich mehr beitragen. Dann können wir auch in Wien ... (GR Mag Alexander Neuhuber: Das tun sie jetzt auch! - Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bleiben wir bei der Butterseite: Manche fallen auf die Butterseite allein auf Grund der Gnade der Geburt. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

 

Na ja, wenn wir jetzt einmal ganz ehrlich sind: Vom obersten Prozent die Hälfte gehört dazu auf Grund der Gnade der Geburt und nicht, weil sie sich das alles selbst erarbeitet haben. Gehen Sie die Dynastien in unserem Lande doch durch, wo das Geld zu Hause ist! Da gibt es schon den einen oder anderen, der mit einer guten Idee oder auch mit Glück reich geworden ist. (GRin Ing Isabella Leeb: Und mit Arbeit nicht?) Sei ihm gegönnt, sei ihr gegönnt! Aber mehr als die Hälfte der Reichen und Superreichen sind allein auf Grund der Gnade der Geburt reich und superreich (GR Mag Alexander Neuhuber: Und deshalb wollen Sie es ihnen wegnehmen?), so wie manche mit ihrer Ungnade möglicherweise in afrikanischen Ländern geboren wurden und dann nicht einmal bei uns einreisen dürfen und um Asyl ansuchen dürfen. ´

 

Das ist das Problem der Gnade der Geburt: Die einen haben ein Glück im Leben, die anderen haben ein Pech. Und ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Nur auf Grund der Gnade der Geburt zu glauben, man ist etwas Besseres, man muss nicht zum sozialen Zusammenhalt beitragen - mir ist das zu wenig. Mir ist lieber, dass dieses 1 Prozent zahlt. (GR Mag Alexander Neuhuber: Na, wie viel?) 1 Prozent würde mir reichen! Das würde mir reichen, und es macht niemanden arm. Wenn ich ihnen 10 ... (GR Mag Alexander Neuhuber: Aber das reicht doch nicht zur Budgetsanierung!)

 

Kollege Neuhuber, ich diskutiere das gerne mit Ihnen; ich habe ja noch 5 Minuten Zeit, und dann habe ich 30 Minuten, oder was weiß ich, genug Zeit, sie reicht. Wir haben in Österreich ein privates Nettogeldvermögen - dazu gehören Geld, Gold, Aktien et cetera - in der Größenordnung von 480 Milliarden EUR. Schätzung Oesterreichische Nationalbank; nicht Schätzung Martin Margulies, sondern Schätzung Oesterreichische Nationalbank.

 

Wir haben ein privates Vermögen an Grund und Boden in der Größenordnung von 850 Milliarden bis 900 Milliarden EUR; Schätzung Oesterreichische Nationalbank, nicht Martin Margulies. Alle Reichtumsforschungsberichte, die sich damit beschäftigen, sagen bei Grund und Boden noch mehr als beim privaten Geldvermögen, dass das zu mehr als einem Drittel, zu einem Drittel bis mehr als einem Drittel, aufs oberste Prozent fällt.

 

Na, jetzt rechnen wir zusammen: So kommen wir auf ungefähr 450 Milliarden EUR fürs oberste Prozent. Davon 1 Prozent sind 4,5 Milliarden EUR fürs Budget! Da habe ich vom obersten Prozent wirklich nur 1 Prozent besteuert. Und glauben Sie mir: Jemand, der 100 Millionen hat, wird nicht arm, wenn er 1 Million verliert - er hat dann immer noch 99 Millionen! Er ist nicht arm. Wie gesagt, ich rede über Nettovermögen, die Kredite sind in dem Sinn schon abgezogen.

 

Aber kommen wir zurück zu der Frage: Was hat das für Auswirkungen aufs Wiener Budget, gerade schon fürs kommende Jahr? Ursprünglich war natürlich die Hoffnung, dass die Ertragsanteile weiter steigen werden.

 

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