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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 51

 

Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie!

 

Zum Unterschied von der ÖVP werden wir hier keiner Zerstörung der Kunsthalle zustimmen. Ich glaube schon, dass es in Ihrem Sinne ist, innovative ... (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es im Sinne einer konservativen Kulturpolitik ist, eine innovative Institution von internationalem Ruf, die Avantgardekunst betreibt (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist ja ein vorbildlicher internationaler Ruf!) und auch international bekannt ist, zu zerstören und keine Rücksicht darauf zu nehmen, dass Sie hier einfach irgendwie Dinge fordern, die unter Umständen dazu führen würden, dass Sie die Institution zerstören.

 

Die GRÜNEN stehen für das Gegenteil, für das Gegenteil von dem, was Sie wollen. (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.) Ich habe Ihnen auch nicht dazwischengerufen, Frau Leeb. Wir stehen für das Gegenteil von dem, was Sie hier wollen. Wir wollen Avantgardekunst ermöglichen, wir wollen den internationalen Ruf der Kunsthalle erhalten. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das wollen wir auch!)

 

Nicht nur deswegen stimmen wir selbstverständlich diesem Antrag nicht zu. Sie haben das ganze Jahr, seit es Rot-Grün gibt, damit verbracht, grüne Anträge aus der Oppositionszeit oder neue grüne Anträge, grüne Pressemeldungen oder wie im Fall Kunsthalle die Recherchen des grünen Nationalratsabgeordneten Wolfgang Zinggl, denen sie keine eigenen Recherchen hinzufügen konnten, hier vorzulegen.

 

Schauen Sie, ich bin Buchautor, ich habe mehrere Bücher geschrieben. Wenn Sie meine Bücher abschreiben und mir dann zum Verkauf anbieten, werde ich sie Ihnen auch nicht abkaufen. (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN.) Sie können froh sein, dass ich ein Anhänger offener Lizenzen bin und auch das Urheberrecht nicht einklagen werde. Ich bin da sehr, sehr großzügig. Im Gegenteil, ich freue mich und ich fühle mich geehrt, wenn Sie hier meine Texte als Anträge einbringen. Nur, wir werden dem nicht zustimmen. Ich kaufe Ihnen das nicht ab, was ich selbst gemacht habe.

 

Aber jetzt einmal zum Fall Matt. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Das habe ich angekündigt, und das wird auch so gemacht. Was ich ankündige – zum Unterschied von vielen Dingen, die Sie sagen –, wird auch so gemacht. (Ironische Heiterkeit bei GR Mag Wolfgang Jung.)

 

Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe. Dieser Verein Kunsthalle, der es toleriert hat und nach wie vor toleriert, wird keine Subvention der Stadt Wien erhalten, solange die Vorwürfe gegen Gerald Matt nicht aufgeklärt sind, und zwar restlos aufgeklärt sind, und zwar alle Vorwürfe, nicht so, wie das bisher geschehen ist, und solange er diesen Gerald Matt weiter beschäftigt. Das habe ich so gesagt, und das wird auch so sein, denn ohne die GRÜNEN gibt es bekanntermaßen keine Subvention für den Verein Kunsthalle, solange sich das nicht ändert. (GR Mag Wolfgang Jung: Hoffentlich weiß das die SPÖ!)

 

Ich habe mich – zum Unterschied von Ihnen –, und wir haben uns aber auch an die Unschuldsvermutung zu halten. Unschuldsvermutung, das ist ein Begriff, den Sie, glaube ich, sehr, sehr gut kennen, sowohl die ÖVP als auch die FPÖ, wenn wir an Strasser, Grasser, Meischberger, Gorbach, Scheibner oder Scheuch denken, für den ja nicht einmal mehr die Unschuldsvermutung gilt. Wir nehmen das ernst mit der Unschuldsvermutung, deswegen machen wir keine Vorverurteilungen.

 

Aber für die GRÜNEN gilt etwas, nämlich dass die Kulturpolitik nicht erst dann beginnt, wenn das Strafrecht endet, sondern angesichts der jetzt vorliegenden Vorwürfe haben wir gesehen, dass das nicht mehr so zu halten ist und dass Gerald Matt nicht mehr so zu halten ist.

 

Sie haben aus dem Bericht der „Zeit" zitiert, ich zitiere auch aus diesem Bericht der „Zeit". Über Gerald Matt schreibt die „Zeit": „Wiewohl der Kunsthalle-Direktor seinen Job der SPÖ verdankt, liegt seine politische Heimat anderswo. In den 80er Jahren arbeitete er für die FPÖ in deren parlamentarischem Klub. Laut der freiheitlichen Kultursprecherin ..." (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das kann ja keine Rolle spielen, wo er gearbeitet hat!) Hören Sie einmal zu. Ich glaube das ja auch, dass er überall arbeitet, wo er Geld kriegt, aber er fühlt sich offenbar nach wie vor dieser Ideologie des Geldnehmens für „unsere Leut" zugehörig.

 

„Laut der freiheitlichen Kultursprecherin Heidemarie Unterreiner kehrte er der Partei von Jörg Haider erst den Rücken, nachdem ihm die Freiheitlichen kein Nationalratsmandat in Aussicht gestellt haben. Dass Matt aber weiterhin auf FPÖ-Seilschaften zurückgreift, zeigt die im April dieses Jahres bekannt gewordene Einbürgerungsaffäre. Ein Netzwerk aus Vorarlbergern hatte versucht, reichen Ausländern für eine Spende an die Kunsthalle die österreichische Staatsbürgerschaft zu vermitteln."

 

Das erinnert mich an einen anderen Herren, den ich vorher zitiert habe, nämlich an den Herrn Scheuch, der ja auch aus Ihren Reihen kommt.

 

Aber nun zurück zu Matt. Ich habe Anfang dieser Woche Kenntnis erlangt von den eidesstattlichen Erklärungen, die gegen Gerald Matt vorliegen. Ich habe sie hier. Es sind sieben eidesstattliche Erklärungen, die ich gelesen habe, und die sind schlichtweg atemberaubend. Ich zitiere nur aus einer. Da schreibt ein ehemaliger Mitarbeiter der Kunsthalle: „Ich möchte festhalten, dass ich im Zuge meines Wirkens auch Arbeiter in der Kunsthalle, die meist freiberuflich tätig waren, für private Aufträge des Direktors der Kunsthalle, Gerald Matt, abstellen musste. Die Tätigkeiten beinhalteten auch private Arbeiten für Gerald Matt oder ihm nahestehende Personen und hatten jedenfalls nichts mit den Aufgaben der Kunsthalle Wien zu tun. So wurden regelmäßig Matts private Möbel transportiert, Einbauten und Reparaturarbeiten an seinen Autos durchgeführt, oder es wurden Umbauarbeiten in seiner Wohnung in der Gumpendorfer Straße, 1060 Wien, verrichtet. Diese Arbeitsleistungen wurden über den

 

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