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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 51

 

Unterlagen ein wichtiger und wesentlicher Beitrag dazu sein werden, dass es uns gemeinsam gelingen möge, die Schicksale der Opfer, die Schicksale im Schloss Wilhelminenberg letztendlich möglichst lückenlos aufklären zu können.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für diese Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn GR Mag Gudenus gestellt. - Bitte.

 

9.54.01

GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Recht herzlichen Dank für die sehr ausführliche Antwort zu diesem sehr ernsten Thema. Natürlich ist Entschädigung sehr, sehr wichtig - keine Frage. Sie werden auch schon gemerkt haben, dass wahrscheinlich der Fonds nicht ausreichen wird, dass sich immer mehr Opfer melden und dass wahrscheinlich diese Entschädigungszahlungen aufgestockt werden müssen.

 

Aber Entschädigung ist nicht alles. Die Opfer, mit denen ich mich unterhalten habe - und ich glaube, es sind noch einige mehr, die genauso denken -, wollen eine lückenlose Aufklärung, eine umfassende Aufklärung. Sie wollen wirklich den Tätern auf die Spur kommen. Und wenn es ein System dahinter gab, dann wollen die Opfer auch, dass das System aufgedeckt wird. Und dann ist es natürlich angesichts von Berichten, denen wir entnehmen konnten, dass schon 1974 der MA 11 die teilweise oder großteils in den Wiener Kinderheimen herrschenden desaströsen Zustände bekannt gemacht wurden, nämlich durch Frau Karlsson, ihrerseits auch ehemalige Nationalratsabgeordnete der SPÖ, schon seltsam anmutend, vor allem für die Opfer, dass hier schon seit damals nichts unternommen wurde.

 

Auch wenn wir jetzt den Medien entnehmen konnten, dass Sie schon seit Juli dieses Jahres mit diesen Vorwürfen und Skandalen konfrontiert wurden und nicht an die Öffentlichkeit getreten sind, besteht der Verdacht, dass hier - ich nenne jetzt keine Namen und mache keine persönlichen Vorwürfe - anscheinend systematisch auch eine Vertuschung betrieben wird.

 

Meine Frage ist daher, sehr geehrter Herr Stadtrat: Warum sind Sie nicht sofort, nachdem Sie davon erfahren haben, vor die Medien getreten und haben nicht dazu beitragen, dass auch die Öffentlichkeit von diesen Vorwürfen erfährt, weil sie ein Recht darauf hat?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Christian Oxonitsch: Wir befinden uns in diesem Bereich immer in einem Spannungsfeld zwischen dem legitimen öffentlichen Interesse auf der einen Seite und dem entsprechenden Respekt vor den Opfern auf der anderen Seite.

 

Sie erwähnen richtig, im Juli – ich glaube, am 28. Juli - ist ein entsprechendes Schreiben des Anwaltes gekommen, damals noch nicht mit entsprechenden Vorwürfen betreffend die HeimerzieherInnen. Wir haben das damals weitergeleitet an den Weissen Ring, der für Opferentschädigung für die beiden genannten Opfer die zuständige Stelle ist. Es erfolgte auch die Abklärung, ob dieser Fall beim Weissen Ring bereits anhängig ist, und es wurden damals - und das ist ja auch bereits bekannt - auch entsprechende Entschädigungszahlungen beziehungsweise entsprechende Therapieangebote übernommen.

 

Am 1. September, als das neuerliche Schreiben des Anwaltes einlangte, in dem auch konkrete Namen von PädagogInnen genannt wurden, kam es umgehend nach Einlangen dieses Schreibens in der MAG ELF zur entsprechenden Einvernahme und anschließend daran zur Weiterleitung des Sachverhalts auch an die Staatsanwaltschaft, so wie es bei allen aus unserer Sicht strafrechtlich relevanten Vorwürfen - unabhängig von der Verjährung - mittlerweile Praxis ist, dass alle diese Vorwürfe an die entsprechende Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden.

 

Es ist hier also ganz wichtig, auf der einen Seite zu zeigen, es wurde gehandelt, aber es gibt auch klare Zuständigkeiten in diesem Bereich, zum Beispiel auch im Bereich der Strafverfolgung.

 

Wir wissen gerade aus den Erfahrungen des vergangenen Jahres sehr genau - und wir haben uns deshalb zu dem Schritt entschlossen, hier mit dem Weissen Ring zu arbeiten -, dass es viele Opfer gibt, die sich zunächst anonym an Einrichtungen wenden. Und diese Möglichkeiten wollten wir auch entsprechend einräumen, eben durch die Möglichkeit, sich an den Weissen Ring zu wenden, ohne gleichzeitig automatisch - weil das eben unsere Praxis ist, und ich glaube, das ist auch gut und richtig so - die Staatsanwaltschaft zu informieren, weil viele Opfer auch immer wieder ersuchen, davon Abstand zu nehmen, Opfer, die Hilfeangebote in Anspruch nehmen wollen, aber gleichzeitig mit dieser Geschichte auch entsprechend abschließen wollen. Viele allerdings wollen selbstverständlich auch die Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft und die entsprechende Aufklärung haben, und ich glaube, das ist legitim, das ist richtig und letztendlich auch notwendig.

 

Wir stehen hier immer in dem Spannungsfeld, ob das mit einem großen medialen Getöse stattfinden muss oder ob man hier entsprechend Aufklärung leisten kann. Und ich glaube, dass gerade auch der angeführte Bereich der Sicherung der entsprechenden Unterlagen, völlig unabhängig von den konkreten Vorwürfen, eine ganz wichtige Grundlage dafür war, dass wir in die Lage versetzt werden, hier lückenlos aufzuklären.

 

Man muss auch dazusagen, dass eben diese Vorwürfe, die im Schreiben des Anwaltes vom 1. September konkret genannt und dann auch von Seiten des Anwaltes an die Öffentlichkeit gebracht wurden, eine völlig neue Dimension der Vorwürfe darstellen, auch im Zusammenhang mit jetzt bekannten Dingen. Daher ist es im Sinne seriöser Aufklärungsarbeit auch notwendig, sich auf der einen Seite dazu zu bekennen, dass rasch aufgeklärt wird, und auf der anderen Seite, dass gründlich aufgeklärt wird. Der Zeitfaktor ist hier ein wichtiger Faktor, aber auf der anderen Seite muss natürlich gründlich aufgeklärt werden.

 

Ich kann nur sagen, auf Seiten der Stadt werden wir alles tun, damit eben auf der einen Seite die Möglichkeit besteht, in die Archive umfassend Einsicht zu nehmen,

 

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