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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 65

 

te!“ Aber das wollten wir nicht hören, wir wollten da den Solidargedanken in den Vordergrund stellen, wir wollten die Banken schützen. Das wollten wir Europäer, haben das auch getan, und deshalb gab es diese Hilfspakete, nur um jetzt feststellen zu müssen: In Wirklichkeit sind wir bereits in einem Insolvenzszenario. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Der von den Amerikanern, von der US-Bank City Group in der Studie vorgeschlagene Schuldenschnitt hilft ja in Wirklichkeit nur kurzfristig. In Wirklichkeit müssen die Griechen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, ihre Hausaufgaben machen, nämlich diese von der EU im Moment geforderten, das ist gut und wichtig, und in Wirklichkeit brauchen sie auch Laufzeitverlängerungen ihrer Anleihen. Ja, die sanfte Umschuldung, darin befinden wir uns.

 

Neben den Laufzeitverlängerungen brauchen die Griechen auch einen nationalen Schulterschluss. Wenn Sie bedenken, dass die griechischen Staatsschulden bei etwa 350 Milliarden EUR liegen und das Vermögen der griechischen Oberschicht, der griechischen Reichen, auch in etwa 350 Milliarden EUR beträgt, sollte man eigentlich Anreize in Griechenland schaffen, um diese Personen zu erreichen, die ja Griechen sind und eine besondere Liebe zu ihrem Land haben müssten. Das haben die Griechen in der Regel, weil sie ein nationalistisches, ein sehr stolzes Volk sind. Die griechische Regierung sollte ihre Top-Leute, ihre vermögende Gruppe dazu bewegen, mit den 350 Milliarden EUR, die diese größtenteils im Ausland angelegt haben, mitzuhelfen, ihr eigenes Land wieder aufzubauen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und wohin haben die Griechen dieses Geld, diese 350 Milliarden EUR, in erster Linie transferiert? In die Schweiz! In die Schweiz haben sie größtenteils transferiert. Und was ist in der Schweiz in der Zwischenzeit passiert? Worüber haben wir gestern gesprochen? In der Schweiz ist passiert, dass sich im letzten Jahr die Kursrelation vom Schweizer Franken zum Euro um 25 Prozent geändert hat - ich habe mir das heute in der Früh angesehen. Dieser Kursgewinn des Schweizer Franken kostet uns im Euroraum viel Geld. kostet. Insbesondere die Stadt Wien - das haben wir auch gestern gehört - mit 240 Millionen EUR an Buchwertverlusten bei den Schweizer Franken Krediten!

 

Die Griechen haben also 350 Milliarden EUR in die Schweiz überwiesen, daneben auch Potentaten und Persönlichkeiten aus den nordafrikanischen Ländern, die heuer im Frühjahr geflohen sind oder auf Grund der Unruhen Gelder abgezogen haben aus ihren Ländern. Die Schweiz ist also voll mit Geld: 200 Milliarden an Fremdwährungen, umgerechnet in Schweizer Franken, liegen in den Tresoren der Schweizer Nationalbank. Das hat der Präsident der schweizerischen Nationalbank bei seiner Jahrespressekonferenz kürzlich bekannt gegeben. 200 Milliarden liegen dort und die Schweiz ist vollgepumpt mit Geld, beim Schweizer Franken besteht also eher eine Deflations- denn eine Inflationsgefahr. Die Schweiz ist voll mit Geld, die Griechen haben mit ihrem Geld dazu beigetragen, dass der Schweizer Franken im Hoch ist - und wir leiden unter diesem System, zahlen aber auf der anderen Seite wieder Geld nach Griechenland! Das ist nicht gut. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich habe mir heute Früh den Kurs des Schweizer Frankens angesehen, der lag bei 1,1933 EUR. Der Jahrestiefkurs lag bei 1,182 EUR, das heißt, allein in diesem heurigen Zeitraum hat der Schweizer Franken gegenüber dem Euro um 0,01 EUR zugenommen. Internationale Finanzexperten - das ist heute schon einmal erwähnt worden -, aber auch Schweizer Finanzexperten und insbesondere Experten der schweizerischen Nationalbank sagen, dass man sich mittelfristig vorstellen könnte, dass es zu einer Austauschrelation von eins zu eins mit dem Euro kommt. Das wäre für den Euro wirklich schlecht!

 

Das wäre auch für die Gemeinde Wien wirklich schlecht, weil dann die Schulden, die wir heute haben – insbesondere das Schweizer Franken Exposure im Ausmaß von 1,6 Milliarden EUR -, Tag für Tag weiter anwachsen, zusätzlich zu den 240 Millionen an Buchverlusten, die wir im letzten Jahr zu verzeichnen hatten und die auch im Rechnungsabschluss ausgewiesen wurden. Allein auf Grund der Verluste im heurigen Jahr, das heißt, die Abwertung des Euros im Vergleich zum Schweizer Franken im Ausmaß des Betrags, den ich vorhin anführte, nämlich diese 0,01 EUR pro Franken Relation, ergibt sich seit 1. Jänner diese Jahres ein Fehlbetrag von weiteren 140 Millionen EUR, der allein auf Grund des Kursanstiegs des Schweizer Frankens zu Lasten des Fremdwährungsportfolios der Gemeinde Wien anfällt. Das ist wirklich hoch spekulativ!

 

Aber zurück zur Europadeklaration und zum Franken: Sie sehen, und das wollte ich eigentlich damit aufzeigen, die Welt ist eine vernetzte, und die Zusammenarbeit muss gestärkt werden. Der Schweizer Franken und die Griechen, es ist alles in einen Zusammenhang zu bringen. Diese Vernetzung, diese enorme internationale Vernetzung zeigt auf, warum es wichtig war, diesen Europaausschuss einzurichten. Nämlich um die Fragen globaler Zusammenhänge und der europäischen und internationalen Akkordierung auf einer institutionalisierten Ebene abzustimmen.

 

Ich würde mir wünschen, dass wir noch mehr Themen in diesem Europaausschuss bearbeiteten als bisher. Wir hatten bis jetzt zwei Sitzungen, vielleicht kann sich die Frequenz erhöhen. Ich denke, dass im Moment viel Diskussionsbedarf da ist für eine Abstimmung auf europäischer Ebene, und ich würde mich freuen, wenn wir hier in Zukunft verstärkt europäische Themen - wenn auch vielleicht inhaltlich kontroversiell, aber dann doch nach außen mit einer Stimme auftretend - diskutieren könnten, weil ich bei vielen Reisen im Ausland festgestellt habe, dass man in erster Linie als Österreicher – und nicht als Parteipolitiker - wahrgenommen wird.

 

Es ist im Ausland nicht die erste Frage, welcher Fraktion man entstammt und ob man aus Wien oder sonst irgendwo herkommt, sondern in der Auslandsbetrachtung sind wir alle Österreicher. Deshalb ist es wichtig, dass man die österreichischen Interessen auch mit einer gewissen Homogenität nach außen vertritt. Das würde ich mir von diesem Europaausschuss wünschen, dass er

 

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