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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 65

 

und damit nicht nur die europapolitische Debatte generell in diesem Haus öffnen, sondern sie damit auch aufwerten und eben die Europapolitik der Stadt Wien insgesamt damit aufwerten und ganz einfach stärken. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Danke schön. Jetzt habe ich den Applaus.

 

Jetzt kann ich sagen, dass wir GRÜNE finden, dass es heute nur ein erster Schritt ist und dass wir uns eigentlich wünschen würden, dass alle 736 Abgeordneten sprechen würden, aber das kann ja noch werden.

 

Ein paar Worte zum Punkt, den wir jetzt mit diesem Tagesordnungspunkt beschließen, der Europadeklaration. Herr Kollege Tschirf hat es schon angesprochen. Der historische Rückblick war sehr interessant, weil da war dann eine große Lücke zwischen 1995 und jetzt. Wenn Sie sich erinnern können, jene, die schon länger in diesem Haus sind, wann es denn die letzte Europadeklaration gegeben hat. Wir haben uns regelmäßig über Europa ausgetauscht, sagen wir es einmal so. Das ist zum Beispiel zum Teil auch auf Druck der Opposition zustande gekommen.

 

Es hat regelmäßig Mitteilungen des Bürgermeisters zu europapolitischen Fragen, die auch sehr wichtig waren, gegeben. Aber die letzte Europadeklaration stammt aus dem Jahr 2003, meine Damen und Herren! Das ist acht Jahre her! Das heißt, man kann nur sagen, es ist höchste Zeit, dass die rot-grüne Stadtregierung jetzt in ihrem Regierungsübereinkommen diese Neufassung der Europadeklaration vereinbart hat und sie auch gleich umsetzt, denn so eine Europadeklaration ist wichtig. Sie ist die gemeinsame Basis für unsere europapolitischen Aktivitäten der Stadt Wien. Sie ist eine Willenserklärung des Gemeinderates, an der sich Bürgermeister, Stadtregierung, aber auch die Verwaltung politisch orientieren sollten. Sie wurde, und das finde ich schön, von allen vier Parteien im Europaausschuss einstimmig verabschiedet, was eigentlich angesichts der großen inhaltlichen, ich nenne es ideologischen Differenzen, die es zum Teil in europapolitischen Fragen gibt, bemerkenswert ist. Aber in der Frage der Aufwertung der Europapolitik und auch der verstärkten Debatte in diesem Haus sind wir uns einig und das ist gut so.

 

Ich möchte einige Punkte hervorheben, die für uns GRÜNE in dieser Europadeklaration besonders wichtig sind:

 

Ein Punkt ist, Wien tritt für eine europäische Sozialunion ein. Dieser Begriff ist wichtig, weil es gibt hier sehr vage Begrifflichkeiten wie soziale Dimension und so, die immer wieder verwendet werden. Wir sagen, wir brauchen als Gegengewicht zur Wirtschafts- und Währungsunion, insbesondere auf Grund der europäischen Wirtschaftsregierung, auf die ich später noch komme, eine echte Sozialunion, die diesen Namen auch verdient.

 

Wien trägt aktiv zur Erreichung der Europa-2020-Ziele bei. Das sind Klimaschutz, Armutsbekämpfung, Beschäftigungsförderung, Senkung der Zahl der SchulabbrecherInnen, zum Beispiel, die jetzt zwar durch die Neuregelungen, die Verschärfungen des Europäischen Stabilitätspakts gefährdet sind, aber ich denke, es ist ganz wichtig, dass sich Wien auch aktiv in den Städtenetzwerken, wo Wien integriert ist, für eine Beibehaltung dieser Europa-2020-Ziele einsetzt, und nicht, dass die jetzt klammheimlich wieder in der Schublade verschwinden, wie es schon oft mit mühsam erkämpften sozialen Forderungen auf EU-Ebene passiert ist.

 

Wien kämpft für öffentliche Dienstleistungen. Wir haben das schon in der Rechnungsabschlusswoche kurz diskutiert. Wir wollen die Daseinsvorsorge sicherstellen. Mit uns gibt es keine Liberalisierung von Wasserversorgung, von Gesundheits- und sozialen Dienstleistungen. Ich denke, im Herbst mit der Neuvorstellung des Monti-Kroes-Pakets durch Kommissar Almunia werden wir sehen, ob sich dieses Dossier vielleicht für eine Subsidiaritätskontrolle eignet, um soziale Dienstleistungen hier wirklich auszuklammern. Aber schauen wir einmal. Wir geben dem noch Zeit.

 

Wir werden uns in der Europadeklaration einigen, noch ist sie nicht beschlossen, dass Umweltschutz und Bewahrung des Ökosystems in der Donauraumstrategie Vorrang haben müssen, dass die Mitsprache der Städte in der EU gestärkt werden soll, insbesondere auch die städtische Dimension in den neuen Strukturfonds, die übrigens heute von EU-Kommissionspräsident Barroso vorgestellt wurden oder werden. Ich war jetzt nicht online, aber ich glaube, werden. Ganz wichtig, da sieht man auch die gestärkte Macht des Europäischen Parlaments. Kommissionspräsident Barroso hat gesagt: „Noch nie war die Handschrift des Europäischen Parlaments bei jeder einzelnen Richtlinie in diesem Strukturfonds so groß wie jetzt." Das gibt Hoffnung, auch für die sozialen, für die Frauen- und für die Klimaschutzförderungen in der nächsten Strukturperiode.

 

Wir setzen uns für grenzüberschreitende Beschäftigungsinitiativen ein.

 

Wien setzt sich mit dieser Europadeklaration auch für eine aktive Antiatompolitik in Europa ein, wo wir leider Anfang dieser Woche einen bedauerlichen Rückschlag erleben mussten. Neo-Wissenschaftsminister Töchterle hat 2,5 Milliarden EUR Atomforschungsgelder im EU-Wettbewerbsrat abgesegnet. Vom Atomausstieg, der nach dem tragischen japanischen Reaktorunfall viel propagiert wurde, also keine Spur. Ich denke, das ist ein bisschen peinlich für Österreich und auch eine nicht ungefährliche Politik.

 

Mit dem Stichwort „nicht ungefährliche Politik" komme ich zum letzten Punkt meiner Ausführungen, nämlich zur aktuellen Griechenlandpolitik, zum Europäischen Stabilitätsmechanismus und zur europäischen Wirtschaftsregierung. Auch dazu äußert sich die Wiener Europadeklaration kritisch. Das trägt auch viel grüne Handschrift, dass wir klar sagen, wir tragen so einen Europäischen Stabilitätsmechanismus, wie er derzeit geplant ist, nicht mit. Die GRÜNEN tragen ihn jedenfalls eindeutig nicht mit. Selbstverständlich, und das haben wir an dieser Stelle schon bei der Sondersitzung im Gemeinderat diskutiert, sind die GRÜNEN für europaweite Solidarität und für Griechenlandhilfe, geknüpft an Bedingungen – wir haben das immer gesagt –, wie Korruptionsbekämpfung, Senkung der Rüstungsausgaben und begleitet, und das ist wichtig, von Investitionen in

 

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