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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 65

 

Amtsf StR Christian Oxonitsch: Also ich glaube, dass eine ganz wichtige und wesentliche Grundlage und ein wichtiger Schlüssel letztendlich auch in den derzeit laufenden Diskussionen über einerseits das Dienstrecht, aber natürlich auch die entsprechenden Ausbildungsmodelle für PädagogInnen liegt. Wir haben ja gerade auf der Pädagogischen Hochschule Wien in den vergangenen Jahren bereits sehr intensiv einen sehr starken Schwerpunkt im Bereich der Aus- und Weiterbildung für reformpädagogische Ansätze gelegt. Wenn man sich das Kursprogramm der Pädagogischen Hochschule ansieht, kann man feststellen, dass man für alle pädagogischen Bereiche eigentlich entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung finden kann und die auch gut in Anspruch genommen werden.

 

Wenn man die Wiener Schulen besucht, und ich glaube, das sollte man nicht übersehen, dann wird man dort feststellen, dass sich Lernen entgegen auch der unmittelbar landläufigen Meinung doch sehr stark weiterentwickelt hat und viele dieser reformpädagogischen Ansätze sich ja auch in der täglichen Arbeit der Wiener Lehrerinnen und Lehrer bereits tatsächlich wiederfinden.

 

Das, was wir nicht gewohnt sind, ist eben – und ich glaube, hier ist der Lesetest etwas ganz Wesentliches, neben vielen anderen wichtigen Reformschritten im Bereich der Bildungspolitik, die in den letzten Jahren gesetzt werden konnten – eine gewisse Standardisierung und Überprüfbarkeit, wie sich welche Maßnahme, welcher pädagogischer Zugang, welches Projekt wie für die Schülerinnen und Schüler auswirkt. Aber auch angesichts einer gewissen Skepsis, die natürlich auch bei solchen Dingen immer wieder formuliert wird, muss man feststellen, dass diese standardisierten Überprüfungen ein wesentlicher Grundpfeiler all jener Bildungssysteme sind, die gerade bei PISA oder vergleichbaren Tests – man muss jetzt nicht immer über PISA reden – eine entsprechende Grundlage darstellen, weil sie einfach eine gewisse Vergleichbarkeit und Überprüfbarkeit möglich machen. Zentralmatura und viele andere Maßnahmen sind ja auch Schritte in diese Richtung, die meiner Ansicht nach wichtig sind.

 

Wir sind das in Österreich nicht gewohnt, aber ich glaube, hier liegt ein weiterer wichtiger Schlüssel neben dem von Ihnen sicher als wichtig bezeichneten Bereich. Wir haben uns hier ja gerade auch vorgenommen, verstärkt mit der Pädagogischen Hochschule zusammenzuarbeiten, um noch stärker diesen reformpädagogischen Angeboten beziehungsweise Ansätzen Platz und Raum in der Aus- und Weiterbildung zu geben.

 

Also bleibt zu hoffen – ich denke aber, dass das nicht isoliert gesehen werden sollte –, dass insgesamt die Frage der Ausbildung für den pädagogischen Sektor einer wirklichen Neuordnung unterzogen werden kann. Die derzeit zumindest einmal über die öffentlich zugänglichen Stellungnahmen bekannten Inhalte lassen mich durchaus optimistisch sein. Also ich glaube, da gelingen wirklich wichtige und wesentliche Schritte.

 

Aber all das ist im Verbund zu sehen, und ich glaube, keine einzelne Maßnahme – da soll man sich keiner Illusion hingeben – wird hier tatsächlich einen kurzfristigen sofortigen Switch bringen können, sondern wir brauchen hier ein Zusammenspiel, bessere Ausbildungen, neue Strukturen im Bildungssystem, ganztägige Schulformen und vieles andere mehr.

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die 2. Zusatzfrage stellt Herr GR Nepp.

 

10.14.20

GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen): Es sind ja Schummelfälle aufgetaucht im Rahmen dieses Lesetests, weil der Test eben so abgegeben wurde, wie es, wenn man den Schülern den vorgegebenen Zeitraum gelassen hätte, eben nicht möglich gewesen wäre. Die Meldung vom Stadtschulrat war dann, dass die Lehrer nicht gewusst haben, wie viel Zeit sie den Schülern zur Verfügung stellen mussten.

 

Jeder weiß allerdings auch, dass natürlich die Ergebnisse eines Lesetests einer Schule sich herumsprechen und dass das auch für die Anmeldezahlen der Schüler für die nächsten Jahre verhängnisvoll sein kann. Man sieht, der Konkurrenzdruck zwischen den Schulen war enorm. Selbst unter den Klassen war dieser Konkurrenzdruck schon enorm.

 

Und darum meine Frage: Können Sie ausschließen, dass weitere Fälle des Schummelns ans Tageslicht kommen?

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Christian Oxonitsch: Angesichts der Tatsache, dass der von Ihnen angesprochene kolportierte Fall des Schummelns, den es an einer Schule gegeben hat, bei einer Testung von rund 35 000 Schülerinnen und Schülern im Vergleich sehr wenig ist – ich nehme jetzt nur ein bisschen meine Historie her, die ist zwar 35 Jahre her, aber ich glaube, soviel Realitätsverweigerung sollten wir alle nicht begehen, dass wir nicht wüssten, dass Schummeln ein gewisser Bestandteil der Schule ist –, das Bemerkenswerte dabei ist, da ist man draufgekommen. Wir kennen, glaube ich, alle viele Fälle, wo man nicht draufgekommen ist. Aber gerade das macht diesen Test ja auch aus, dass es hier gut feststellbar ist.

 

Das heißt, von mir zu verlangen festzustellen, ob es bei 35 000 Schülern irgendwo einen Schummelfall gegeben hat oder nicht, ist für mich nicht zentral, denn zentral ist für mich in erster Linie letztendlich, im Zeitverlauf eine Vergleichbarkeit herzustellen im Bereich der Lesekompetenz, um zu sehen: Greifen Maßnahmen, die wir setzen, oder greifen sie nicht? Das kann durchaus auch unangenehm sein. Im nächsten Jahr machen wir den Test, und er ist vielleicht nicht einmal um einen Zehntel Prozentpunkt besser. Aber dann weiß ich wenigstens, ob die Maßnahmen greifen oder nicht. Und ob darunter irgendwer sein sollte, der geschummelt hat oder nicht, ist bei 35 000 wahrscheinlich irrelevant, ich gehe aber davon aus, dass alle Lehrerinnen und Lehrer das größte Interesse haben und vor allem auch die Schülerinnen und Schüler letztendlich ein großes Interesse haben werden, dass diese Tests weiterhin gut ablaufen.

 

Aber wenn man sich die Quantität anschaut, was es da real in einer entsprechenden Klasse oder Schule gegeben hat, dann muss man sagen, dass es im Vergleich dazu wirklich eine vernachlässigbare Größe ist,

 

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