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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 113

 

das der Kunst insgesamt nicht gut tut.

 

Die GRÜNEN werden diese Vorwürfe, die unter anderem auch vom grünen Oppositionspolitiker Zinggl erhoben wurden, wo Sie nichts Eigenes recherchiert, sondern diese aufgegriffen haben, sehr ernst nehmen. Wir werden die Prüfungen abwarten. Ich kann ihnen auch sagen, wenn diese Prüfungen dazu führen, dass hier etwas Unrechtmäßiges oder aber auch, und da geht es nicht nur um Rechtsverletzungen, Dinge ergeben, die wir kulturpolitisch nicht verantworten können, dann werden die GRÜNEN einer Subvention an diesen Verein in dieser Höhe beim nächsten Mal nicht mehr zustimmen. Das ist völlig klar. (GRin Ing Isabella Leeb: Wir werden Sie beim Wort nehmen, Herr Mag Werner-Lobo!) Wir werden natürlich nicht einen laufenden, funktionierenden guten Betrieb zerstören, wie Sie das fordern. Sie wollen das Ganze zerschlagen und die Kunsthalle zerstören. Sie haben überhaupt mit Ihrer konservativen Haltung ein Problem damit, dass innovative Avantgardekunst in Wien passiert. Das ist Ihr eigentliches Problem, das Sie haben. Das ist das Eigentliche, was Sie stört. In der Kunsthalle wurde und wird nach wie vor erfolgreich Avantgardekunst gezeigt. Das werden wir ganz sicher nicht zerstören.

 

Der Unterschied zwischen einer Regierung und einer Oppositionspartei ist halt auch, wir haben Verantwortung für alle Menschen in dieser Stadt. Wir müssen die Verantwortung tragen. Sie können sich aufs Herumkeppeln beschränken. Das können wir halt nicht. Sie keppeln halt herum. Wir sind aber dann letztendlich verantwortlich. Sie wollen einfach die Kunsthalle zusperren und überhaupt alles zusperren, was nicht aus dem 19. Jahrhundert kommt. (GRin Ing Isabella Leeb: Übernehmen Sie Verantwortung!) Das können wir halt nicht machen! Das wollen wir auch nicht machen, sondern wir wollen eine Kulturpolitik betreiben, die Neues schafft, die Neues zulässt, die Innovation bringt, die auch eine Kultur des Zusammenlebens fördert. Ganz genau das ist es, was wir gemeinsam mit der SPÖ in dieses Koalitionspapier hineinverhandelt haben. - Es stimmt, davon gibt es bis jetzt noch nicht viel herzuzeigen.

 

Wir haben die ganz großen Leuchttürme beziehungsweise die ganz großen Sprünge in diesen Punkten, die wir uns vorgenommen haben, im ersten halben Jahr noch nicht hergezeigt. (GR Mag Wolfgang Jung: Das werden Sie auch nicht erleben!) Das neue Wien Museum steht noch immer nicht, auch wenn Sie geglaubt hätten, dass man dieses jetzt am gescheitesten innerhalb eines halben Jahres baut. Auch der postmigrantische Kulturraum, den wir schaffen wollen, steht noch immer nicht, weder da vor der Haustür noch sonst irgendwo. All diese Dinge sind noch nicht zu besichtigen. (GR Mag Wolfgang Jung: Die Revolution ist erst in den Köpfen!)

 

Warum nicht? – Weil wir das gescheit und unter Beteiligung aller davon Betroffenen machen, weil wir mit den Leuten reden, die davon betroffen sind, und zwar sowohl mit den Kulturschaffenden als auch mit den Menschen, die wir dazu bringen und die wir dabei unterstützen wollen, dass sie sich für Kultur interessieren. Es gibt sehr viele Menschen, die überhaupt keinen Zugang zur Kultur haben, und wir reden mit ihnen, wir gehen zu ihnen, wir schauen uns im In- und Ausland Best-Practice-Beispiele an. Wir versuchen, hier mit allen zu reden und das gemeinsam zu machen.

 

Das tun wir, und das braucht Zeit. Für Sie reicht es, sich zwei Tage im Monat hier hinzustellen und zu keppeln. Ich weiß nicht, was Sie die restliche Zeit machen! (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.) Wir sind hingegen von früh bis spät unterwegs, reden mit den Leuten, schauen uns gute und auch negative Beispiele an, damit wir auch wissen, wie wir es nicht machen wollen. Und damit sind wir sehr beschäftigt, und das wird fortzusetzen sein.

 

Diese Legislaturperiode dauert fünf Jahre, von jetzt ab also noch viereinhalb Jahre. Und Sie können ganz sicher sein, dass Sie in dieser Legislaturperiode so viel zu sehen bekommen werden, wie Sie selten innerhalb von fünf Jahren zu sehen bekommen haben, denn wir haben ein ganz tolles Programm mit entsprechenden Schwerpunkten! (Ironische Heiterkeit von GR Mag Wolfgang Jung.)

 

Der ganz große Schwerpunkt, auf den ich ganz besonders stolz bin, ist, dass wir es endlich schaffen werden – und das stört Sie wahrscheinlich –, einen großen Teil jener Menschen, die in dieser Stadt leben, die zum Wohlstand und zur Vielfalt dieser Stadt und mit ihrem kulturellen Reichtum zum Reichtum dieser Stadt beitragen, auf die Bühne zu bringen und diesen Reichtum sichtbar zu machen. Das betrifft zu einem sehr großen Teil jene 44 Prozent Wienerinnen und Wiener mit sogenanntem Migrationshintergrund.

 

Ich nenne das lieber Migrationserfahrung, denn diese Erfahrung bringt einen wichtigen Beitrag zu einer Stadt. Shermin Langhoff, die ab 2013 neue Festwochenintendantin sein wird, hat einen sehr schönen Ausdruck dafür geprägt, nämlich den Ausdruck der Mehrheimischen. Es gibt in dieser Stadt mindestens 44 Prozent Menschen, die Mehrheimische sind. Sie sind keine sogenannten Einheimischen – in dem Sinn, wie Sie sich das wünschen, dass jemand überhaupt nur eine Heimat hat –, sondern das sind Menschen, die mehrere Heimaten haben. Sie würden aus diesen Menschen am liebsten Heimatlose machen.

 

Es gibt diese drei Kategorien von Menschen, und wir wollen den Reichtum der Mehrheimischen zeigen und auf die Bühne bringen. Dafür werden wir uns mit diesen Menschen treffen beziehungsweise tun es bereits. Es gibt hier ganz großartige Leute. Sie sollten sich das einmal anschauen!

 

Frau Kollegin Leeb! Schauen Sie sich zum Beispiel das Theaterstück „Insel X“ im Dschungel an, das Asli Kislal gemacht hat. Es ist phantastisch gespielt mit einer unglaublichen künstlerischen Qualität. „Insel X“ wurde nach der Vorlage von „Herr der Fliegen" gemacht.

 

30 Kinder – alle aus der Karl-Popper-Schule aus dem 15. Bezirk, und das ist keine Elitenschule, sie sind aus dem 15. Bezirk aus einem Viertel mit sehr hohem MigrantInnenanteil – landen auf einer Insel. Lauter 13-Jährige wachen dort auf, und sie reden zunächst einmal alle in ihrer Herkunftssprache. Man kommt drauf, dass

 

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