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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 01.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 35

 

Johann Gudenus, MAIS: Sie sind auch nicht dort!) Wir haben immerhin 55 Abgeordnete und wir haben über 100 Abänderungsanträge eingebracht. Ihr FPÖ-Abgeordneter hat zu diesem Thema dort, wo es hingehört, im Europäischen Parlament, nicht einen einzigen Abänderungsantrag eingebracht. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ja, eingebracht!) Dann erzählen Sie mir nicht, dass das, was Sie hier veranstalten, nicht reiner Populismus ist. Und zu Ihrer Wirtschaftskompetenz hat Kollege Gerstl schon hinreichend Stellung genommen. Wenn man Ihre Maßstäbe anlegt, müssten wir heute Kärnten aus der Eurozone ausschließen, (Beifall bei den GRÜNEN.) denn dort ist das Geld von den österreichischen Steuerzahlern/Steuerzahlerinnen, mit dem Sie spekuliert haben, mit Sicherheit weg, da brauchen Sie sich gar keine Sorgen mehr um die Finanzhilfe nach Griechenland machen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Deswegen muss man Griechenland auch noch machen, logisch!)

 

Aber, Kollege Gerstl, Sie stellen da Ex-Vizekanzler und Ex-Finanzminister Pröll ja fast messianisch als den Retter aus der Krise dar. Also, gerade zum Thema Europa: Nein, das kann man wirklich nicht so stehen lassen. Wer ist denn schuld an der Krise, an der Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Verteilungskrise, die wir jetzt in Europa haben? Wer ist denn schuld an der Schuldenkrise, die keine Krise des Euro, sondern eine direkte Folge dieser Finanzkrise ist? Das ist auch Ihre konservativ liberale Mehrheit im Europaparlament, die es nicht geschafft hat, seit Ausbruch der Krise, und auch Ihr Finanzminister Pröll in den jeweiligen EU-Ministerräten, die es nicht geschafft haben, irgendetwas aus der Krise zu lernen, sondern so weitermachen wie bisher. Dem, wozu Sie in der letzten Zeit zugestimmt haben, der Verschärfung des Eurostabilitätspakts, dem Verfahren bei der makroökonomischen Überwachung und auch die Auflagen bei der Griechenlandhilfe, verschärfen die Krise noch, in der wir sind, gefährden den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und sind ganz sicher nicht die Neuausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik, die wir brauchen, und die Sie auch versprochen haben, - auch Ihre Partei - nach Ausbruch der Krise. Also stellen Sie sich da nicht her und sagen Sie, Sie hätten aus der Krise gelernt. Sie haben genau nichts aus der Krise gelernt. Schöne Worte können darüber nicht hinwegtäuschen.

 

Was sind den die Ursachen der explodierenden Staatsverschuldung und der Defizite in den letzten zwei, also vor allem in den letzten zwei Jahren. Das ist sicher nicht der verschwenderische Lebensstil der Griechen und Griechinnen, die weiß Gott wie viele Monatsgehälter verdienen, wie Sie das immer in den Medien so plakativ darstellen und den Neidkomplex wieder schüren, das sind die krisenbedingten Bankenpakete, die Konjunkturpakete, der unkontrollierte Steuerwettlauf nach unten, die Steuerprivilegien für Vermögende, der Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Entfall von Steuereinnahmen.

 

Das ist Ihre Politik, Ihre Politik, die dazu geführt hat, dass wir da stehen, wo wir heute stehen, und deshalb sind Sie sicher nicht der Retter in der Krise, sondern Sie sind auch einer der Verursacher.

 

Mit immer neuen Sanktionen und Sparpaketen und immer neuen Milliardenpaketen wird nun versucht, leider, zwar den Brand zu löschen, aber nicht die Brandursachen. Die Grünen sind für europaweite Solidarität, das waren wir immer. Wir sagen selbstverständlich Ja zur Griechenlandhilfe, denn das Bekenntnis und der Wille zu einer wirklichen politischen Union, die wir Grünen auch immer wollten, bedingt auch diese europaweite Solidarität. Allerdings, wie ich schon angesprochen habe, hat leider die Form der Ausgestaltung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und auch die Ausgestaltung des Rettungsschirms nicht das Mindeste mit europaweiter Solidarität zu tun, jedenfalls nicht mit Solidarität zwischen starken und schwachen Mitgliedsstaaten, nicht mit Solidarität zwischen wirtschaftlich starken und sozial benachteiligten Gruppen und bringt auch nicht ein Mehr an Solidarität zwischen den Profiteuren und den Verlierern und Verliererinnen der Wirtschaftskrise, nämlich den Menschen.

 

Durch das, was da jetzt beschlossen wurde, sowohl im Europäischen Rat im März, was den Europäischen Stabilitätsmechanismus betrifft als auch im Europaparlament, was die flankierenden Maßnahmen wie Sixpack, Verschärfung des Stabilitätspaktes betrifft, ist leider sogar ein Rückschritt eingetreten und ist keine adäquate Antwort auf die Krise, in der wir uns befinden, sondern ein Rückschritt. Die Ziele, die erstmals bereits in der Europa-2020-Agenda verpackt wurden, Armutsbekämpfung, Senkung der Zahl der SchulabbrecherInnen, Erhöhung der Beschäftigungsquote vor allem bei Frauen, Klimaschutzziele, also all das, worauf sich die Europäische Union mit dem Europa-2020-Ziel bereits geeinigt hat, ist jetzt mit dieser Ausgestaltung, vor allem des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten, wieder weg, denn dort geht es wieder nur einseitig um die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und um nichts anderes. Und das ist einer der Gründe, dass auch die gesamte Entdemokratisierung hier mit diesem Europäischen Stabilitätsmechanismus vor sich geht.

 

Das muss man sich einmal anschauen. Dieser Rettungsschirm der da geschaffen werden soll, ist eine eigene zwischenstaatliche Konstruktion der Euroländer, quasi eine Parallelstruktur, ein völkerrechtlicher Vertrag, der jetzt vollkommen hinter verschlossenen Türen ausverhandelt wird. Das Europäische Parlament ist nicht einbezogen, es wird nur informiert. Es darf künftig ausschließlich bei Sparauflagen für finanzschwache Länder mitreden. Das ist übrigens ein Erfolg der Grünen, den haben wir erzielt, dass wenigstens das Europäische Parlament bei den Auflagen zum Beispiel für Griechenland künftig mitreden darf und ein erster Schritt, habe ich gelesen, wird in Griechenland ja positiv gesetzt, nämlich endlich die Senkung der Mehrwertsteuer, um nicht vollkommen in die Rezession zu verfallen und die Auflagen von EU, Währungsfonds und EZB nicht vollkommen auf dem Rücken der Bevölkerung auszutragen, wie es derzeit eigentlich mit der sogenannten Griechenlandhilfe passiert.

 

Nicht die Krisenverursacher werden hier mit diesem

 

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