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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 30.05.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 59

 

In Wien schaut es anders aus. Wien ist auch in dieser Hinsicht anders. In Wien ist die Wahrscheinlichkeit, dass die nächstgelegene Schule eine Containerschule ist, sehr groß. Und mit jeder weiteren Containeraufstellung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die nächstgelegene Schule nicht die beste Schule, sondern eine Containerschule ist.

 

Es vergeht so gut wie kein Bildungsausschuss, in dem nicht die Aufstellung weiterer Containerklassen beschlossen wird. Seinerzeit hat man Containerklassen allenfalls als Übergangslösung für eine Renovierungsphase aufgestellt. Es lässt sich, wenn man im laufenden Schulbetrieb eine Schule generalsanieren muss, oft wirklich nicht verhindern, dass man auf dieses Mittel zurückgreift. Mittlerweile ist der Container aber zu einer Standardeinrichtung geworden. Selbst in Neubauvierteln erfolgen der Schulneubau und –zubau teilweise in der Containerbauweise. Das ist die eine Seite des Wiener Schulsystems, die eine immer größer werdende Klasse an Wiener Schülerinnen und Schülern.

 

Es gibt aber auch eine andere, größer werdende, im quantitativen Vergleich jedoch bei Weitem an die erste Klasse nicht heranreichende Klasse von Schülerinnen und Schülern, die in einer Campusschule unterrichtet werden. Die Zahlenverhältnisse sprechen eine eindeutige Sprache: 97 Prozent der Wiener Schülerinnen und Schüler können nicht in eine Campusschule gehen und werden auch in keine Campusschule gehen können. Nur zwischen 3 und 5 Prozent der Wiener SchülerInnen können in den Genuss einer derart teuren Schule kommen!

 

Dieses Missverhältnis ist unerträglich! Gerade eine Partei, die immer die klassenlose Gesellschaft auf ihre Fahnen heftet, schafft in ihrem Einflussbereich ungeniert eine Mehrklassengesellschaft, für die einen Wellness und Happyness und für die anderen den Schulcontainer. Mit dieser Politik kann die ÖVP nicht mitgehen und wird auch nicht mitgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Auch die Entwicklung der Campusklassen und Campusschulen spricht eine relativ eindeutige Sprache. Wir haben mit dem Campus Monte Laa begonnen, der um 35 Millionen EUR errichtet wurde. Dort befinden sich eine 16-klassige Volksschule und ein 10-gruppiger Kindergarten. Der Monte Laa war damals schon teurer als die teuerste HTL, und HTLs sind erfahrungsgemäß im Neubau die teuersten Schulen, weil dort auch Werkstättentrakte et cetera errichtet werden müssen. 35 Millionen EUR sind jedenfalls eine gigantische Summe!

 

Der Campus Nordbahnhof kostet ebenfalls 35 Millionen. Der Campus Donaufeld-Nord um immerhin 25 Millionen ist beinahe eine Okkasion. Jetzt aber kommt die Schule, die jeden Rahmen sprengt, nämlich der Campus Hauptbahnhof, der 80 Millionen EUR verschlingt. 80 Millionen EUR sind das vierfache Bezirksbudget von Favoriten, und Favoriten ist einer der Bezirke, die das höchste Bezirksbudget haben. Das heißt, in den Neubau einer Schule fließt das Bezirksbudget Favoritens für fast eine ganze Legislaturperiode.

 

Ich nehme an, die meisten hier im Haus kennen die Dezentralisierung und wissen, dass aus den Bezirksbudgets die laufenden Erhaltungsmaßnahmen und auch viele Sanierungsmaßnahmen für alle Pflichtschulen bedeckt werden müssen. Und Favoriten muss natürlich auch die anderen Aufgaben mit 21 Millionen EUR jährlich bewerkstelligen. Für vier Jahre ergibt das gerade die Kosten dieser Campusschule. Dass bei der Ausstattung und bei den gesamten Raumkonzepten nicht gespart wurde, zeigt sich auch am Akt. Es wird hier im Prinzip natürlich eine Gesamtschule gebaut, das muss man sagen, und das ist ein weiterer Grund, warum wir sehr kritisch sind. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Jetzt kommen wir zum Punkt!)

 

Selbstverständlich! Sie errichten ein ideologisches Bauwerk, und wir wissen, welche Ideologie dahinter steht, und wir wollen diese Ideologie nicht, weil wir an unserem differenzierten Schulsystem festhalten wollen und werden. (GR Mag Jürgen Wutzlhofer: Und daher auch an alten Schulbauten!) Nein, nicht an alten Schulbauten, aber an Schulbauten, die ... (GR Mag Jürgen Wutzlhofer: Die vorn die Tafel haben!) Ich weiß nicht, was an einer Tafel so schlimm sein soll! Ich finde, eine Tafel ist ein durchaus ... (GR Siegi Lindenmayr: Sie wollen die Rohrstaberlschule!) Rohrstaberl, ja, ja! Mein Gott, jetzt greifen Sie wieder tief in Ihre ideologische Mottenkiste!

 

Wir wissen schon: Sie wollen keine Leistung, Sie wollen Wellness. Sie sparen bei den Lehrern ein, und die Campusschule wird vielleicht eine lehrerlose Campusschule werden, denn wenn Sie so weiter sparen, dann haben Sie gar nicht das nötige Personal, aber vielleicht ist Ihnen die lehrerlose Schule sowieso die liebste Schule! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es gibt natürlich keine Gruppen und Klassen mehr, es gibt nur mehr Cluster und Marktplätze! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber in diese Schulen gehen ja nur einige wenige, die anderen Klassen befinden sich ja im Container, wie ich bereits gesagt habe. Den Marktplätzen kommt ein gewisser Dorfcharakter zu, und es wird einen kommunikativen Bereich für Pausen sowie Entspannungs- und Kommunikationsinseln und so weiter geben. – Ich hoffe, dass irgendwo auch noch etwas gelehrt und gelernt werden kann, dass nicht nur Entspannung und Kommunikation im Vordergrund stehen!

 

Das heißt, diesfalls ist Ihnen das Teuerste gerade billig und gut genug. Ich denke dann aber an meine sogenannte Neue Mittelschule auf dem Leipziger Platz: Dort wird jetzt gerade der Schulsportplatz aufgerissen, damit Container für die Nachmittagsbetreuung aufgestellt werden können. Das ist sozialistische Mehrklassengesellschaft, und das ist eigentlich unerträglich!

 

Unser Grundsatz ist: Die nächstgelegene Schule sollte die beste sein. Wir wollen auch nicht, dass die Bezirke sich über Jahre und Jahrzehnte verschulden müssen, um einigermaßen einen Bauzustand herzustellen, der Lernen im 21. Jahrhundert sicherstellen kann. Und wenn man sich ... (Zwischenruf von Amtsf StR Christian Oxonitsch.) Ja, ja! Die Klassen kommen ja nicht. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Welche Ideen haben Sie? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Herr Stadtrat! Sie bauen selbst in einem Gebiet, wo

 

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