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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 100

 

NEN.)

 

Aber es ist ja meistens so, wenn der Blinde von der Farbe redet und glaubt, dass er sich bei Lehrlingen auskennt. Aber ich kann Ihnen jetzt ein bisschen Nachhilfe erteilen.

 

Zunächst: Am 9.3. hatten wir den Gemeinderatsausschuss Bildung, Jugend, Information und Sport. Da kam der Antrag zu einer neuen Berufsschule, und es war interessant und auch für mich erstaunlich: Ich bin ja schon einiges von den Blauen und von den Schwarzen gewohnt, aber dass man ohne Kommentar und ohne jede Wortmeldung gegen die neue Berufsschule stimmt, ohne das zu argumentieren, war auch mir neu! Das ist ein neuer Tiefpunkt bei der ÖVP, wobei ich nicht weiß, ob das ein Wunsch des Herrn Aigner war oder nicht.

 

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin auch über Herrn Aichinger sehr überrascht! Ich hätte mir nicht gedacht, dass jemand aus der Wirtschaftskammer, der meint, die Betriebe zu repräsentieren, gegen die neue Berufsschule ist! Ich dachte, dass es, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, unser gemeinsames Ziel ist, dass Lehrlinge eine qualitativ hochwertige Lehrausbildung erhalten. Ich nahm schon an, dass das in unserem gemeinsamen Sinn ist. Aber offenbar ist Ihnen das wurscht. Sie sind zwar Weltmeister, wenn es darum geht, irgendwo mit Geilomobilen herumzufahren, aber wenn es tatsächlich darum geht, für Jugendliche und Lehrlinge etwas zu tun, dann schlafen Sie leider nur mehr in der Pendeluhr! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zu Kollegen Abg Nepp: Wenn Sie behaupten, die Gewerkschaft tut nichts für die Lehrlinge und wir setzen uns nicht ein, dann möchte ich sagen: Es ist im Grunde genommen ja fast überflüssig, das zu kommentieren, weil Sie es wahrscheinlich eh nicht verstehen wollen! Der entscheidende Punkt ist aber: Wir haben in Wien nach wie vor die Situation, dass etwa 65 Prozent der Lehrlinge regelmäßig Überstunden leisten müssen. Das heißt, es kommen immer wieder Lehrlinge zu uns zur Gewerkschaft, wo sie dann rechtlichen Beistand erhalten und wir für ihr Recht vor Gericht gehen. Und jetzt möchte ich ganz genau wissen: Welchem Lehrling haben Sie in Ihrem ganzen Leben schon einmal geholfen? – Wahrscheinlich keinem! Das ist die Politik der FPÖ: Große Töne spucken und nichts dahinter! So schaut es aus! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Außer Streit steht natürlich: Es gibt Herausforderungen. Überstunden sind ein Thema. Es gibt Probleme, wenn Lehrlinge in Krankenstand gehen müssen und der Chef Druck ausübt. Es gibt Probleme, wenn es um Urlaubseinteilungen geht. Auch bei den Lehrabschlussprüfungen würde ich mir das eine oder andere Mal bessere Ergebnisse erhoffen. In diesem Zusammenhang müssen wir über die Qualität reden. Wie schon das Wort besagt, besteht die duale Berufsausbildung aus zwei Standbeinen, die theoretische Wissensvermittlung und die praktische Wissensvermittlung. Dass Sie aber gegen die Wissensvermittlung und eine Verbesserung für die Lehrlinge sind, das richtet sich von selbst! Unsere Fraktion wird mit Sicherheit für die neue Berufsschule sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich kann Ihnen unter uns einen kleinen Tipp geben: Dort oben sitzen Kolleginnen und Kollegen aus der betreffenden Berufsschule. Sie können ihnen erklären, warum Sie gegen sie sind. Welches Problem haben Sie mit den Wiener Lehrlingen? Welches Problem haben Sie? Ich frage auch Sie, Frau Leeb! Sie haben in einem Interview gesagt – das kann ich Ihnen zitieren –: „Lehrlinge können fast gar nichts!“ Gratuliere! Ich meine, die Lehrlinge in Wien können sehr viel, und das werden Sie nicht schlechtmachen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

ÖVP-Abgeordneter Hoch meint in einer besonders eloquenten Presseaussendung, dass es eine Peinlichkeit ist, wenn die Gewerkschafter sich für die Interessen der Lehrlinge stark machen. – Ich sage Ihnen, was peinlich ist. Es ist peinlich, wenn man jungen Menschen sagt: Ihr seid uns wurscht. Das ist peinlich! Aber wenn sich junge Leute dafür stark machen, dass sie eine qualitativ hochwertige Ausbildung erhalten, dann werden Sie das nicht schlechtmachen können!

 

Die Antwort darauf haben Sie bei der Gemeinderatswahl ja bekommen: 2 Prozent der Lehrlinge haben Sie gewählt, und bei den Blauen war es auch nicht viel besser. Insofern wissen wir schon sehr genau, wer die Lehrlingsvertreter sind und wer die Lehrlingsverräter sind. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

 

Ich meine aber, dass es auch wichtig ist, zu sehen, dass es unterschiedliche Konzepte gibt. Kollege Nepp! Ich darf Sie an etwas erinnern. Offenbar gibt es nämlich manche, die beim Gedächtnis einen gewissen – wie ich sagen möchte –Optimierungsbedarf haben. Was waren denn die Maßnahmen, als die FPÖ mit der ÖVP in der Bundesregierung war? – Ich kann es Ihnen sagen. Eine der ersten Maßnahmen war, die Probezeit von Lehrlingen von zwei auf drei Monate zu verlängern. Da kennen Sie sich wahrscheinlich gar nicht aus! Die Konsequenz aus dieser Verlängerung: 20 Prozent aller Lehrlinge verlieren in Wien ihren Job in der Probezeit. Danke FPÖ, danke ÖVP, dass Sie Zukunftsperspektiven rauben!

 

Die zweite Maßnahme war: Sie haben die Behaltefrist von Lehrlingen von vier Monaten auf drei Monate gekürzt. (GR Johann Herzog: Ihr seid in der Sozialpartnerschaft!) Das war nicht die Sozialpartnerschaft! Das war FPÖ-ÖVP! Informieren Sie sich doch! Die Jugendlichen glauben, da reden lauter Ahnungslose! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Hören Sie doch auf, das ist ja peinlich! Der Punkt war: FPÖ und ÖVP haben die Behaltefrist von vier Monaten auf drei Monate gekürzt. Resultat: Ein ganzes Gehalt weniger! Sie haben ein Gehalt geraubt, und dafür werden Sie sich verantworten müssen!

 

Die dritte Maßnahme, die Sie gesetzt haben, war, dass Sie die Arbeitszeit für die Lehrlinge im Gastgewerbe bis in die Nacht ausgedehnt haben – Dazu sage ich Ihnen etwas: Es gibt einen Unterschied zwischen Ausbildung und Ausbeutung. Wenn Sie meinen, dass man Lehrlinge als billigste Arbeitskräfte einfach missbrauchen kann, dann werden Sie uns immer zum Gegner haben, das garantiere ich Ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir kenne Ihr Konzept schon. Sie haben Ihr Konzept, wie Sie mit Lehrlingen umgehen, in der Bundesregierung

 

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