«  1  »

 

Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 100

 

Ihren Geschichtskenntnissen auch nicht verankert zu sein.

 

Oder ich erinnere an unser Volksbegehren „Veto gegen Temelín", wo wir 830 000 Unterschriften sammeln konnten.

 

Ich erinnere nicht zuletzt daran, dass wir die einzige Partei waren, die dem Vertrag von Lissabon und dem darin beinhalteten Euratom-Vertrag nicht zugestimmt haben, und wir sind stolz darauf, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir hatten immer eine klare Linie und haben keine Lobbyisten bei Atomenergieindustriewerken sitzen wie Sie von der ÖVP.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Worte der Einsicht von Ihnen, Herr Bürgermeister, waren sehr erfrischend heute, eine Besserung scheint eingetreten zu sein. Hoffentlich. Aber anscheinend muss immer etwas passieren, damit etwas passiert, auch politisch. Die Frage ist dann eben nur, ob dann wirklich etwas passiert. Wir werden ja sehen, und wir werden Sie an Ihren Taten messen, denn leider erschöpft sich die Reaktion der Regierenden hier in Wien, aber auch im Bund immer in schönen, staatstragenden Worten, denen meistens oder fast immer keine Taten folgen.

 

Ich freue mich auf jeden Fall über diese kollektive Besserung der SPÖ, die aber vielleicht noch nicht in allen Bereichen der SPÖ angekommen ist. Das merkt man, wenn zum Beispiel die SPÖ-Meidling einen sehr wichtigen Resolutionsantrag ablehnt, der eben besagt, die Meidlinger Bezirksvertretung spricht sich für einen Wien-weiten Verzicht auf Strommix mit Atomstromanteilen aus und für ein Forcieren von Energiesparmaßnahmen für Wien. Das war ein Antrag von den Grünen in der Bezirksvertretungssitzung am 25. März. Also diese Besserung ist anscheinend noch nicht in allen Bezirken angekommen. Wenn Sie als SPÖ sich nämlich gegen einen Wien-weiten Verzicht auf Atomstrom und gegen ein Fördern von Energiemaßnahmen aussprechen, da fragt man sich schon: Wofür steht die SPÖ jetzt? Das ist ja noch immer etwas unglaubwürdig.

 

Ein zweiter Punkt: Die Stadt ist größter Hauseigentümer hier in Wien. Was hat Sie in den letzten Jahren daran gehindert, hier schon längst umzurüsten auf Fotovoltaik, auf Solarenergie? Was war der Grund, der Sie daran gehindert hat? Willkommen im Solarzeitalter, sehr geehrter Herr Bürgermeister! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Jedenfalls stehen wir drei Wochen nach dieser verheerenden Naturkatastrophe in Japan und dem darauffolgenden Reaktorunglück vor einem möglicherweise Super-GAU – wir alle wünschen uns das nicht –, einem Super-GAU, der weit über die Grenzen Japans hinaus eine Gefahr für die Natur und für die Menschheit sein könnte. Wir kennen dies Bilder sehr, sehr gut aus den Medien, und ich bin mir sicher, dass wir alle die Bilder dieses furchtbaren Tsunami nie vergessen werden können, ebenso wenig werden wir die Bilder dieser Reaktorkatastrophe je wieder vergessen können.

 

Und wir dürfen sie auch nicht vergessen, denn diese Bilder müssen uns Warnung und auch eine Lehre sein. Naturkatastrophen kann der Mensch eben nicht verhindern, man kann nur versuchen, sich so gut wie möglich dagegen zu wappnen und dagegen zu schützen. Erdbeben, Flutwellen, Vulkanausbrüche hat es immer schon gegeben und wird es immer geben. Aber was wir Menschen verhindern können, sind jene Katastrophen, deren Ursache wir selbst sind, wir Menschen sind.

 

Deshalb müssen wir jetzt aus der nuklearen Bedrohung in Japan den richtigen Schluss für Europa ziehen, und dieser Schluss kann nur lauten: Ausstieg aus der Atomenergie, Stilllegung aller Atomkraftwerke und ein endgültiges Umdenken in der Energiepolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wem verdanken wir eigentlich, dass die Energiepolitik in Europa gewissermaßen auf dem Kopf steht? Wir verdanken es diesen fleißigen Lobbyisten der Atomindustrie, diesen grundsoliden, integren, seriösen Interessenvertretern, die natürlich alles andere als profitorientiert sind. Und wir kennen sie ja alle. Das sind diejenigen, die es geschafft haben, eine besonders gefährliche Energiegewinnungsform als sauber und klimaschonend zu verkaufen. Aber Atomenergie – das zeigt sich nicht zuletzt jetzt – ist der falsche Weg, sie ist vor allem der falsche Weg zu einer energiepolitischen Vernunft.

 

Sie ist teuer, und sie ist gefährlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn wir haben ja jetzt gesehen, was aus einem Störfall werden kann. Das hat uns Fukushima ganz, ganz deutlich ins Gedächtnis gerufen. Aber schauen wir nur ein paar Kilometer über unsere Grenzen zu unseren tschechischen Nachbarn, aber nicht nur zu den tschechischen Nachbarn, natürlich auch zu den anderen Nachbarn, Herr Kollege Maresch. Aber beim Schrottreaktor Temelin gab es bisher über 150 Störfälle, und wir als einzig glaubhafte Anti-Atom-Partei haben schon vor Jahren dieses Volksbegehren „Veto gegen Temelin" initiiert, und 830 000 Menschen in Österreich haben ein ganz, ganz klares und deutliches Zeichen gegeben. Wir brauchen keine Atomenergie rund um Österreich, wir brauchen keine Atomenergie in Europa, und wir brauchen auch keine Atomenergie weltweit, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Allein in den deutschen Atomreaktoren, Herr Kollege Maresch, gab es seit dem Jahr 2000 rund 1 300 meldepflichtige Störfälle, und die Gesamtzahl in ganz Europa liegt im fünfstelligen Bereich. Da kann man eben nicht einfach zur Tagesordnung übergehen nach diesen Horrorszenarien. (GR Mag Rüdiger Maresch: Ihr habt es wieder einmal geschafft, nur gegen Ost-AKWs zu sein! Die anderen habt ihr verschlafen!) Na ja, von schlafen reden Sie bitte nicht, Herr Kollege Maresch, denn Sie sind ja noch nicht einmal aus dem Winterschlaf erwacht mit Ihrer Regierungsbeteiligung. (Beifall bei der FPÖ.) Also, Herr Kollege Maresch, bitte, reden Sie nicht vom Schlafen. Vom Winterschlaf in die Frühjahrsmüdigkeit, das ist die Politik der Grünen. Wir sehen es ja tagtäglich.

 

Genau darum geht es uns: Um eine substanzielle Förderung sauberer, vor allem heimischer Energieträger. Österreich könnte sich binnen weniger Jahrzehnte völlig energieautark machen. Das wäre möglich. Die Gemein

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular