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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 100

 

Das zweite Thema ist die Frage, wie etikettiert man heute richtig oder unrichtig Energie. Hier gibt es ein ganz einfaches System, wie es Wien Energie macht, nämlich über das sogenannte REG-System. Das ist ein sehr schwungvoller Handel mit erneuerbaren Energiezertifikaten, wo man ganz einfach importierten grauen Strom, also Strom, der Atomenergie beinhaltet, umetikettieren und zum grünen Strom machen kann. Die Folge ist zweierlei. Man bietet den Endkonsumenten, also das sind wir alle, auf der Stromrechnung eine klare Ausweisung. Da ist natürlich kein Atomstrom dahinter, weil man hat es ja umzertifiziert. Das Zweite ist, man hat dann natürlich auch andere Abnehmer. Wien Energie hat natürlich auch Industrie, Gewerbe et cetera. Dort muss man das nicht so genau ausweisen.

 

Wenn man das buchhalterisch entsprechend kreativ gestaltet, kommen wir genau zu dem Thema, das wir haben und das ich für unehrlich erachte. Ich werfe es nicht vor, ich sage nur, es ist unehrlich, zu sagen, dass der stadteigene Betrieb, wo die Wiener SPÖ, glaube ich, ganz dominanten Einfluss besitzt, von sich aus sagt, er würde keinen Atomstrom verkaufen, aber faktisch ist es sehr wohl der Fall, weil es gar nicht anders geht. Das mache ich auch niemandem zum Vorwurf, nur die Ehrlichkeit vermisse ich und würde ich mir hier stärker wünschen. Da freue ich mich, wenn in Zukunft genau diese vom Herrn Bürgermeister heute klar gemachten Äußerungen auch bei den unternehmerischen Managern umgesetzt werden. Ich bin neugierig, was sich hier wirklich ändert. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben leider erfahren müssen, dass wir in letzter Zeit mit all unseren Forderungen in Richtung stärkere Förderung von erneuerbaren Energien, stärkerer solarer Zukunft für die Bundeshauptstadt Wien mit etwas utopischen Ansätzen konfrontiert oder geringschätzig behandelt worden sind.

 

Herr Bürgermeister, ich freue mich, wenn Sie heute diese Dinge verkünden und auch die Kraft haben, das in Ihrer Fraktion umzusetzen. Ich weiß nicht, ob das die Weisheit des Alters ist, die Sie jetzt antreibt. Es ehrt Sie auf jeden Fall, wenn Sie es ehrlich meinen. Es ehrt Sie auch, wenn sie anderen Sonnenkönigen folgen wollen, nämlich jenen, die nicht so erfolgreich in Pension gegangen sind, jenen, die in der Zweiten Republik viele Fettnäpfchen eingegangen sind und die letztendlich dadurch aus dem Amt gespült worden sind. Ich denke, es war gerade in den 70er Jahren, und Sie haben es heute selbst gesagt, Ihr Bundeskanzler Kreisky, Ihr bis vor Kurzem noch hochgehobenes Schild und Musterbeispiel von erfolgreicher Politik. Genau er war es, der Österreich ein Atomkraftwerk aufs Auge drücken wollte. Nur durch die Bevölkerung und eine Volksabstimmung wurde es verhindert. Sonst hätten wir heute genau dieselbe Situation. Nebenbei bemerkt, zahlen haben wir es dürfen, weil es errichtet wurde. Es ist heute eine Ruine (GR Mag Rüdiger Maresch: Ist abgerissen!) und wurde abgerissen. Also von sehr erfolgreicher, ökonomischer Energiepolitik in der SPÖ kann man da wirklich nicht sprechen, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Auch das Thema Hainburg ist so ein Beispiel. Auch hier hat es dann der Volksbewegung und nicht zuletzt auch der Kraft der ÖVP bedurft, das zu verhindern.

 

Ich freue mich, wenn es durch Rust entsprechende Änderungen in der Meinungsbildung gibt. Aber Faktum ist, Sie haben eine jahrzehntelange Tradition, energiepolitisch anders zu handeln. Es wird schon eine Zeit lang benötigen, wenn Sie es ernst meinen, diese Reputation auch wirklich umzusetzen. Momentan fehlt mir leider noch die Glaubwürdigkeit dieser Politik, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Denn fast zeitgleich – ich habe es heute schon einmal gesagt, und das ist ein Schmankerl, bei dem schon wichtig ist, es auch zu verstehen –, fast zeitgleich mit diesen Ankündigungen werden in diesem Haus mit Rot-Grün Solarenergieförderungen beschlossen, die allerdings dann nicht gelten, wenn die Fernwärme dort ein Vorzugsgebiet ausgewiesen hat.

 

Jetzt habe ich heute in der Mitteilung des Herrn Bürgermeisters gehört, Konzerne seien das große Probleme, Konzerne seien offensichtlich an allem schuld. Da sieht man vielleicht den Splitter im Auge des anderen, aber nicht den Balken im eigenen, denn der große Konzern, der hier in Wien eine Rolle spielt, ist die Wien Energie. Und da verstehe ich es durchaus, dass Sie kein großes Interesse haben, solchen Fördermaßnahmen mit der Fernwärme entsprechend näherzutreten, weil Sie natürlich ein Geschäft machen wollen. Die Fernwärme wirft gute Gewinne ab. Nebenbei inseriert sie auch recht brav oder stellt Inseratflächen zur Verfügung. Das sei hier nur nebenbei erwähnt. Das mag vielleicht auch noch für den einen oder anderen in der SPÖ Motivator sein, aber Faktum ist, die Fernwärme ist sicherlich nicht die alleinige Lösung für nachhaltige Energie, kann es auch nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Die GRÜNEN haben hier natürlich auch mit ihrer Gründung der Magistratsabteilung 20 jetzt einmal mehr als 700 000 EUR in die Hand genommen. Bisher haben sie nicht viel zusammengebracht, außer genau diese Solarenergieförderungskürzung hier unterzubringen. Sie strafen den Wiener zwei Mal, einmal darf er für eine neue Magistratsabteilung zahlen, andererseits kriegt er kein Geld. Ich verstehe es nicht ganz, wenn man es nämlich ernst meint.

 

Ein klares Argument muss man hier auch verstehen, und deswegen ist die Politik gefragt. Man kann nicht erwarten, dass ein EVU, ein Fernwärme- oder ein Energieversorgungsunternehmen interessiert ist an Kraft-Wärme-Kopplungen, wenn es gleichzeitig Energie, aber nicht die Wärme verkaufen kann. Denn wenn Sie eine Effizienzsteigerung haben, dann heißt das ja automatisch auch weniger Abwärme. Wenn mehr Elektrizität herauskommt, bedeutet das natürlich, dass die Fernwärme weniger Möglichkeiten hat.

 

Um beides sicherzustellen, muss natürlich immer ein entsprechender Kompromiss gefunden werden, und zwar ein unternehmerischer Kompromiss. Für die Ökologie sieht das Optimum sicherlich anders aus, als wenn man ganz einfach nur die unternehmerische Sichtweise zugrunde legt, und da wird es natürlich auch einer entsprechenden politischen Einflussnahme dieses Hauses

 

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