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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 100

 

gemeinschaft für so junge Frauen hat, die von Zwangsverheiratung betroffen sind. Da läuft dann wiederum auch das Netz sehr eng, weil wir hier eben mit mehreren Institutionen gleichzeitig arbeiten. Aber für die Wiener Frauenhäuser, auch in der Zukunft, ist natürlich dieses Gewaltphänomen, denn das ist ja kein Integrationsproblem, sondern ein Gewaltproblem der Zwangsverheiratung, ein Thema, an dem wir auch arbeiten, wo wir Plätze zur Verfügung stellen, wo wir Know-how-Trägerinnen auch entsprechend aufbauen, wo wir gemeinsam in der Stadt auch eine Checkliste erarbeitet haben, was zu tun ist, wenn eine junge Frau, wenn eine Frau von Zwangsverheiratung betroffen ist, ob sie es jetzt in der Schule einer Schulfreundin oder eben einer Gewaltschutzeinrichtung erzählt. Wie funktioniert dann sozusagen der Mechanismus, dass man diese Frau möglichst rasch schützt und auch entsprechend begleitet? All das sind Herausforderungen, mit denen wir in diesem Zusammenhang konfrontiert sind.

 

Ich könnte da jetzt ganz, ganz viel darüber erzählen, was das heißt auch an Gewaltschutzarbeit und Prävention grundsätzlich jetzt auch im Gender-Sinn nicht nur in Richtung Frauen, sondern auch in Richtung Männer. Da haben wir ja über unser Gewalt-Jour-fixe gemeinsam mit der Polizei und mit den SozialarbeiterInnen in der Stadt auch eine sehr gute Zusammenarbeit, eine sehr dichte Zusammenarbeit, wo wir mit Institutionen wie der MA 11 genauso wie mit eben unseren Frauenhäusern, mit der Polizei zusammenarbeiten und wo wir hier sehr stark präventiv arbeiten. Was mir auch noch wichtig ist, ist, dass wir in unserem gesamten Integrationsangebot zum Beispiel bei der Stadt Wien dieses Thema auch sehr wohl ansprechen, denn ich denke mir, dass es wichtig ist, die Rechte und die Pflichten von allen Wienerinnen und Wienern anzusprechen und auch klar zu machen, dass es in dieser Stadt einen Respekt und eine ganz klare unteilbare Haltung zu Frauen- und auch zu Kinderrechten gibt.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 4. Zusatzfrage wird von GR Mag Spitzer gestellt!

 

9.48.26

GR Mag Gerhard Spitzer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Ja, sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

In der bisherigen Beantwortung haben Sie ja bereits ausgeführt, Wien hat ein sehr dichtes Gewaltschutznetz, eines der dichtesten in ganz Europa. Wir sind offenbar sowohl quantitativ als auch qualitativ sehr gut aufgestellt.

 

Meine Frage richtet sich daher an die Zukunft: Gibt es auf diesem Gebiet zu diesem Thema neue Erkenntnisse? Welche Schritte wird Wien jetzt in der Zukunft noch setzen?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin!

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Nun ich habe es bereits angesprochen, wir haben ja mit den Frauenhäusern und den Mitarbeiterinnen dort einen sehr regen Austausch auch über das Gewaltschutz-Jour-fixe und wissen, dass wir eben neben dem Phänomen der physischen und der psychischen Gewalt sehr, sehr stark eine Betroffenheit von Frauen über ihre sexuellen Gewalterfahrungen in Beziehungen haben. Das ist etwas, wo die Frauen eine noch viel größere Hemmschwelle haben, das zu artikulieren. Das heißt, oft erst in langer, psychologischer Arbeit mit der Frau stellt sich heraus, dass hier mehrere Faktoren der Gewaltbetroffenheit im Spiel waren und es eben wichtig ist, auch hier mit den Opfern Gewaltschutzarbeit zu machen, denn man sieht, dass sie auf der einen Seite über diese Gewalterfahrung aus Scham und aus Angst nicht sprechen und auf der anderen Seite auch oft selbst die Grenzen dieser Gewalterfahrung nicht sehen, weil sie ja in die Gewaltsituation selbst involviert sind. Das heißt, Vergewaltigung in der Paarbeziehung oder sexuelle Übergriffe in der Paarbeziehung sind auf der einen Seite ein großes Tabuthema.

 

Auf der anderen Seite kommen sie auch ganz, ganz selten zur Anzeige beziehungsweise sehen die Frauen aus ihrer Situation heraus oft nicht die Möglichkeit, hier überhaupt dagegen etwas tun zu können, haben aber auch die Angst, dass sie auf Grund dessen, dass sich so etwas natürlich unglaublich schwer beweisen lässt, auch dann vielleicht den Schritt zwar setzen, das ansprechen, aber aus dieser Situation nicht herauskommen. Deshalb werden wir uns dem Thema der sexuellen Gewalt in Paarbeziehungen im kommenden Jahr auch mit einer Fachtagung widmen, um zu sehen, wie können wir auch hier den Frauen helfen, aus der Gewaltsituation auszusteigen, eben immer unter dieser Prämisse, dass Frauen in dieser Stadt sicher leben können. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 5. Zusatzfrage wird von GRin Mag Feldmann gestellt. Bitte sehr.

 

9.51.10

GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Sie haben jetzt schon sehr viele Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt genannt. Mich interessiert noch, welche konkreten Maßnahmen Sie für Frauen zum Schutz vor Unterdrückung durch falsch verstandene Tradition oder vor Gewalt unter dem vermeintlichen Deckmantel der Religion setzen werden?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ich habe das vorhin schon bei der Frage in Richtung Zwangsverheiratung versucht, einmal vom Thema her ein Stück weit auch aufzuarbeiten. Natürlich erleben wir in patriarchal strukturierten Familien ein viel stärkeres Gewaltpotenzial gegen Frauen und auch gegen Kinder als in gleichberechtigten Beziehungen. Das braucht auf der einen Seite eine entsprechende Gewaltpräventionsarbeit. Das braucht auf der anderen Seite eine Gewaltschutzarbeit, die sich natürlich sehr divers darauf ausrichtet, dass wir eben mit solchen Gewaltphänomenen konfrontiert sind. Das braucht aber auf der anderen Seite auch eine ganz klare Haltung der Kommune, dass wir sagen, unser Ziel ist es, dass Frauen sicher, selbstbestimmt und unabhängig leben und zwar egal, woher sie kommen, egal, ob sie einer Glaubensgemeinschaft angehören oder nicht. Das kann nicht der Parameter dafür sein, dass dieses schwerwiegende Thema mit seinen sehr oft tragischen Auswirkungen von unterschiedlichen Gesellschaftsgrup

 

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