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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 12.10.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 13

 

eben erläutert habe: Erstens, weil er inhaltlich unsinnig ist, und zweitens, weil es hart ist, weil es ungerecht ist, und weil es der falsche Weg ist. Und weil es in diesem Winter nicht (Beifall bei den GRÜNEN.) gilt hinzutreten auf diejenigen, die nicht wissen werden, wie sie mit dem wenigen Geld, das sie haben, auskommen sollen, sondern weil es im Gegenteil gilt, in den nächsten Jahren der Verantwortung dieser Stadt gerecht zu werden und dafür zu sorgen, dass soziale Leistungen in einer Art und in einem Ausmaß ausgeschüttet werden, dass sie eine tatsächliche Unterstützung für jene 100 000 Wienerinnen und Wiener sein können, denn es ist einmal die gesamte Leopoldstadt, die derzeit arbeitslos sind.

 

Zweitens betreffend Beibehaltung der 13. Auszahlung der Familienbeihilfe. Noch einmal, weil wenn die 13. Familienbeihilfe gestrichen wird, tut es weh in Simmering, tut es weh in Floridsdorf, tut es weh Am Schöpfwerk, und es tut nicht weh in Döbling und es tut nicht weh in Grinzing. Deshalb gilt es, denjenigen, die dieses Geld brauchen, just im August, Anfang September zu geben, um den Schulbeginn der Kinder zu bestreiten, um den Uni-Beginn der Kinder zu bestreiten, um sicherzustellen, dass es möglich ist, den Kindern einen neuen Mantel oder auch neue Schuhe zu kaufen, um genau da sicherzustellen, dass dieses Geld weiterhin zur Verfügung steht. Wien spart nicht auf dem Rücken der Schwächsten.

 

Da hätte ich dann den dritten Antrag – übrigens, die ersten zwei Anträge sind zur sofortigen Abstimmung. Da habe ich einen dritten Antrag, den wir heute einbringen und der uns sehr am Herzen liegt. Wien ist vor Kurzem den Weg gegangen, einen Beitrag für die Nächtigung in den Nachtnotquartieren der Stadt von Obdachlosen einzuheben, einen Beitrag von 4 EUR pro Nächtigung, mit der Begründung, dass ein Wohnkostenanteil in der Mindestsicherung enthalten ist, und dass es deshalb sozusagen gilt, diese 4 EUR aus diesem Wohnkostenanteil einzuheben. Ich glaube, dass dieser Weg ein falscher Weg ist. Ich will das auch kurz begründen. Zum einen ist genau dieser Wohnkostenanteil derjenige, der für sehr, sehr viele, die über einen bestimmten Zeitraum obdachlos sind, erforderlich ist, um anzusparen, damit sie wiederum in einem Übergangswohnquartier untergebracht werden können. Hier haben wir es sehr oft mit Schulden zu tun und wenn diese Schulden nicht getilgt sind, dann ist die Möglichkeit, von der Straße wegzukommen und wieder in ein Übergangsquartier zu kommen, noch einmal nicht gegeben. Zum anderen bedeuten diese 4 EUR einen immensen Verwaltungsaufwand und sind auch eine Bedrohung für die Niederschwelligkeit der Betreuung von wohnungslosen Menschen in Wien. Ich will an dieser Stelle nicht erst abwarten, um zu sehen, wie viele unter Umständen beginnen, wieder auf der Straße zu übernachten, um dann zu evaluieren, um das dann wieder zu streichen, weil das der falsche Weg war. Ich glaube, dass wir uns das nicht leisten können, und ich denke auch, hier geht es um Gesundheit und sogar um Menschenleben, wenn man bedenkt, dass es im Winter in Wien ganz schön kalt werden kann.

 

Meine Damen und Herren, wir bringen diesen Antrag ein, und bringen ihn auf Zuweisung, wissend darum, dass es keinen Ausschuss mehr gibt, in dem dieser Antrag jetzt behandelt werden kann. Der Grund, warum ich mich einverstanden erklärt habe, das auf Zuweisung zu machen, ist, weil dieser Antrag eben nicht als Show und nicht als Gag eingebracht wird, sondern weil es uns GRÜNEN ein großes Anliegen ist, dass dieser Antrag behandelt wird. Insofern bringen wir ihn ein, rechnen mit der Zustimmung zu diesem Antrag, weil das noch einmal ein Thema ist, das man nicht wichtig genug schätzen kann, es geht am Ende um Menschenleben. Es geht darum, ob wir sicherstellen, dass in einer der reichsten Städte der Welt niemand auf der Straße übernachten muss, weil er sich am Ende die 4 EUR nicht leisten konnte. Und noch einmal, es geht darum, dass es hier die Zustimmung gibt, damit wir auch in den nächsten Tagen und Wochen die Gespräche darüber führen können, ob wir von diesem Weg abkehren.

 

Ich komme damit zum Schluss meiner Ausführungen. Ja, wir wissen jetzt, was uns allen blüht: Ein Sparbudget, das sich für drei Jahre gewaschen hat, in denen in allen Kernbereichen, in denen für die Städte kluge Politik gemacht werden kann, gespart werden soll, bei der Bildung, bei der Infrastruktur, in den Schulen, in der Umwelt - überall dort, wo wir wissen: Nein, da gilt es, den genau entgegengesetzten Weg zu gehen. Ich hätte gerne gewusst, wie Sie dazu stehen. Und ich hätte gerne erfahren, inwieweit eine der reichsten Städte der Welt vorhat, dieses Budget, so wie es auf der Bundesebene vorgesehen ist, mitzutragen oder ob man nicht stattdessen sehr wohl noch einmal mutig einen anderen Weg geht. Einen Weg, in dem vieles anders wird, einen Weg, wo man sich ambitionierte Ziele vornimmt, indem man Geld in die Hand nimmt und investiert, vor allem aber auch einen Weg, wo man nicht auf diejenigen hintritt, die nichts haben, wo man nicht hergeht und einen sozialen Kahlschlag umsetzt, wo man nicht hergeht und versucht, das Geld aus den Arbeitergegenden in Wien zu holen, wo es nichts zu holen gibt, sondern ganz im Gegenteil einen Weg, wo man, wenn man sich schon überlegt, woher können wir Geld in die Hände bekommen, um wichtige Zukunftsfragen zu gestalten, sich auch nicht davor scheut, es dort zu holen, wo es zu holen ist.

 

Etwa bei der Abschaffung von Stiftungsprivilegien, über die jeder redet, die aber nicht da ist und nicht kommt. Etwa dadurch, dass man Steuern dort einhebt, wo sie entrichtet werden müssen. Es kann ja nicht sein, dass die Raiffeisen 1 Prozent Steuer entrichtet! Das ist kein landwirtschaftlicher Betrieb. Und ja, mir ist bewusst, dass die Raiffeisen ein wichtiger Partner für die Stadt ist, wenn es darum geht, das eine oder andere zu finanzieren, aber so geht es auch wieder nicht! Etwa aber auch bei der Besteuerung von Spekulationsgewinnen, um jetzt ein drittes Beispiel zu bringen, über die gesprochen wird und die nicht in den Plänen des Herrn Finanzministers enthalten ist. Wir können nicht zulassen, dass weiterhin diejenigen geschont werden, die sehr, sehr, sehr, sehr, sehr viel Geld haben und auf der anderen Seite das Geld entweder einnahmenseitig über Massensteuern geholt wird oder ausgabenseitig über Sparmaßnahmen auf dem

 

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