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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 126

 

meinen, sondern eine sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit den Kulturschaffenden in dieser Stadt, mit dem Publikum in dieser Stadt, mit den Notwendigkeiten und Bedürfnissen und auch deren Verschiebungen. Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

 

„Der Herr amtsführende Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge eine Evaluierung der 2003 im Leitbild zur Wiener Theaterreform formulierten Grundsätze in Auftrag geben, diese veröffentlichen und sowohl im Kulturausschuss als auch öffentlich zur Diskussion stellen.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrags.“

 

Ich habe vorhin gesagt, es gibt ein paar Großbaustellen, die auch nach diesem Oktoberdatum uns erhalten bleiben werden, denn auch wenn in den letzten Monaten die Diskussion um den Neubau des Wien Museums in Gang gekommen ist und wenn sich ja dort in den letzten Jahren eine sehr, sehr erfreuliche Entwicklung abgezeichnet hat, die - und das sage ich jetzt nicht ganz ohne Selbstlob - auch wir als GRÜNE ganz maßgeblich mit angetrieben haben, so ist es doch so, dass diese Diskussion um den Neubau jetzt ein paar Monate vor der Wahl zu einer Entscheidung finden soll. Der Herr Stadtrat hat angekündigt, er wird in den nächsten Wochen eine Standortentscheidung bekannt geben. Nun wissen wir aber alle, dass, außer es passiert ein Wunder und diese Standortentscheidung im Juli führt zu einem Gemeinderatsbeschluss im September, diese wohl eher keine Konsequenzen haben wird. Und die Räder des Rathauses kennend, glaube ich auch nicht, dass sie sich so schnell drehen werden, dass es möglich sein wird, noch vor der Wahl tatsächlich zu einem Beschluss zu kommen, der sicherstellt, dass auch danach weitergearbeitet werden kann. Das heißt im schlimmsten Fall des Falles, für das Wien Museum nämlich im konkreten Fall, gibt es nach der nächsten Wahl einen Kulturstadtrat oder eine Kulturstadträtin, die die Diskussion wieder ganz von Neuem beginnen will und dann gibt es noch ein paar Jahre kein Depot und noch ein paar Jahre eine völlig verstaubte ständige Sammlung, die mittlerweile so verstaubt ist, dass ich mich ehrlich gesagt nicht traue, dort jemanden hinzuschicken, sondern den Leuten immer sage: Bleibt’s im unteren Bereich des Wien Museums, dort gibt es exzellente, interessante Wechselausstellungen. Aber dort oben, wo das Modell steht, gibt es eigentlich leider viel zu wenig Adäquates zu lernen. Wir glauben, dass das wichtig ist und mein Kollege Marco Schreuder wird bei dieser Frage auch noch etwas ins Detail gehen.

 

Baustellen, weitere Baustellen, die schmerzen. Entscheidungen, die wir schmerzlich vermissen. Zum Beispiel bei der Frage, bei der lang diskutierten Frage eines Deserteurdenkmals. Oder bei der lang diskutierten Frage eines Denkmals für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus. Oder bei der Frage: Was passiert eigentlich mit dem Künstlerhaus? Erst unlängst genutzt für die Ausstellung „Rotes Wien“, die ja sehr interessant war, stellt sich nun die Frage angesichts der Finanzprobleme, die das Haus hat und der zunehmenden Baufälligkeit des Ortes: Was passiert dort? Auch da fehlen Entscheidungen und im Grunde genommen merkt man, dass das ganze Projekt Karlsplatz, das ja einmal groß als ein wesentliches stadtplanerisches, kulturpolitisches Projekt angekündigt war, leider, leider in vielerlei Hinsicht im Sande verlaufen ist. Es ist erfreulich, dass es dort immer mehr Veranstaltungen gibt, dass dort der Verein „karlsplatz.org“ wichtige Initiativen setzt, aber der großen Vision der Veränderung, der harren wir noch und das finden wir sehr, sehr bedauerlich.

 

Dann möchte ich noch zu einem letzten Punkt kommen, der mich sehr schmerzt, der mich tatsächlich schmerzt. Wenn Sie sich nämlich den Anteil der Subventionen, die Partei- oder parteinahen Vereinen zuzuordnen sind, am Gesamtbudget anschauen, dann werden Sie feststellen, dass der, und da sind wir jetzt eher freundlich, um die 2 Prozent am gesamten Budget ausmacht, das sind stolze 3,7 Millionen EUR und das ist in den letzten Jahren mehr geworden, nicht weniger, mehr geworden. 3 638 Millionen EUR 2009, 2010 halten wir schon bei über 3,7 Millionen EUR. Das ist eine ganz gewaltige Summe. 3,6 Millionen EUR für Vereine wie etwa die ÖVP-nahen Stadtfeste, wie etwa das Donauinselfest, aber auch der Verein Stadtimpuls, wie aber auch das schon angesprochene Cajetan-Felder-Institut der FPÖ. Alle, die Sie hier sitzen, auch Sie, Herr Ebinger, auch wenn Sie das hier kritisieren, sind Teil dieses Systems. Sie sind Teil eines Systems, in dem schamlos parteinahe Vereine und Gemeinderäte (GR Mag Wolfgang Jung: Schamlos ist die grüne Jugend!) schamlos Subventionsanträge unterschreiben und sich schamlos Geld in die eigene Tasche stecken, zum Beispiel Vereine, bei denen der Herr Klubobmann der SPÖ den Antrag mitunterschreibt für die Summerstage im konkreten Fall. Da geht es gar nicht so sehr darum, ob diese Vereine nicht in der einen oder anderen Frage auch gute Veranstaltungen machen, sondern es geht hier um eine Frage der Hygiene.

 

Wir diskutieren hier alle fürchterlich erregt über Kärnten, ja, aber wie weit entfernt von dem, was in Kärnten passiert ist, ist das, was wir hier tun? Wie weit entfernt von dem, was in Kärnten passiert, ist die Art und Weise, wie die SPÖ und die ÖVP und die FPÖ sich von der Stadt Wien schamlos Inserate in Parteizeitungen schalten lassen, wie weit entfernt? Noch dazu, wenn man mit diesen 3,6 Millionen EUR viel Sinnvolles tun könnte, zum Beispiel in einem Bereich, der trotz aller Ankündigungen weiterhin völlig untersubventioniert ist, nämlich der Bereich Interkulturelles. Im Bereich des Interkulturellen haben wir seit Jahren, um nicht zu sagen, Jahrzehnten, seit ich hier bin, und das ist jetzt fast schon ein Jahrzehnt, die idente Summe, 737 000 EUR im Jahr für ein Drittel der Wiener Wohnbevölkerung. Und dann diskutieren wir in den anderen Geschäftsgruppen über die Konflikte und sozialen Probleme, die aus diesen Durchmischungen entstehen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, ich würde vorschlagen, wir lassen das mit den Parteivereinen nächstes Jahr und geben dieses Geld in den Bereich Interkulturelles. (Beifall bei den GRÜNEN.) Das wäre doch etwas! Das würde wirklich etwas in dieser Stadt verändern.

 

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