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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 126

 

besser wird, indem sie sich etwa bei der Beschaffung von Arbeitskleidung an die Kriterien der So-Fair-Initiative hält. Dazu gehört auch Ökokauf Wien. Es wäre also ein Leichtes, an Informationen, wie man Arbeitskleidung fair beschaffen kann, heranzukommen. Das gibt es zum Beispiel auch schon bei der Feuerwehrbekleidung in Vorarlberger Gemeinden, bei der Arbeitsbekleidung in der französischen Stadt Lille und bei der Arbeitsbekleidung für Bedienstete der Stadt Barcelona, und es gibt sicherlich noch viel mehr solche guten Beispiele.

 

Für die Beschaffung von PCs, Notebooks und so weiter gibt es den von „Südwind“ für Österreich adaptierten deutschen Leitfaden zur Beschaffung von Computern nach sozialen und ökologischen Kriterien. Mit diesem Leitfaden, der auch Informationen über Ausschreibungen und Vergabemöglichkeiten enthält, könnte man auf ein faires Beschaffungswesen in Wien umstellen. Es gibt in den EU-Richtlinien für Beschaffung genug Spielräume dafür, es braucht halt nur ein bisschen Mut, diese Spielräume auszunutzen, und ich appelliere an Sie, diesen Mut aufzubringen! Auf jeden Fall könnte man bei der Direktvergabe bis zu 40 000 EUR ausschließlich nach diesen Kriterien vorgehen. – Ich bringe den diesbezüglichen Antrag ein und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Nächster Redner ist Herr GR Ekkamp. – Bitte.

 

14.23.19

GR Franz Ekkamp (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Herr Vorsitzender! Frau Vizebürgermeisterin! Geschätzte Damen und Herren!

 

Ich habe natürlich Verständnis für die Kritik der Opposition. Das ist ja die politische Rolle der Opposition. Ich habe auch Verständnis für manche Besserwisserei, insbesondere in Wahlzeiten. (GR Dr Franz Ferdinand Wolf: Das ist aber großzügig!) Keine Angst! Ich werde jetzt keine Wahlkampfrede halten, denn wir arbeiten für Wien und sind jetzt noch nicht im Wahlkampf!

 

Ich habe auch Verständnis für das Märchen der Gebrüder Grimm „Tischlein deck dich“, an welches das Verhalten mancher Kollegen hier in diesem Sitzungssaal heute erinnert. Ich habe aber wenig Verständnis dafür – das ist nämlich nicht sehr seriös –, wenn man Milliarden an Forderungen hier in den Raum stellt, gleichzeitig aber die Fremdmittelaufnahme oder die Schulden kritisiert.

 

Geschätzte Damen und Herren! Genauso habe ich wenig Verständnis, wenn man hier – wahrscheinlich genau so wie im Nationalrat oder in den Medien –, von einer Verwaltungsreform redet, die angeblich Milliarden bringt, und sagt, es sei bereits alles erledigt. – Wir wissen aus der Diskussion: Angesagt ist vieles, herausgekommen ist meist relativ wenig, und der Bund liefert uns diesbezüglich ja ein großes Beispiel.

 

Ich komme zurück zu Wien. – Ich habe durchaus Verständnis für Kritik und auch dafür, dass manches in dieser Stadt schlechtgeredet wird. Ich komme jetzt noch einmal zurück auf die Lebensqualität in Wien: Ich denke, es geht jetzt nicht um eine Bewertung durch die Stadt Wien, sondern um eine Bewertung von außen. Wie sehen uns die anderen? – Wenn die Lebensqualität hier so schlecht wäre, dann lägen wir wahrscheinlich nicht an erster Stelle! Es gibt sicherlich in anderen Millionenmetropolen durchaus lebenswerte Stadtteile, schauen wir etwa nach Südamerika, nach Rio de Janeiro. Es gibt dort schöne, lebenswerte Plätzchen, das ist aber weit weg von der Gesamtlebensqualität in Wien.

 

Das ist, wie gesagt, kein Geschenk, sondern das ist von den Wienerinnen und Wienern hart erarbeitet, und die Politik stellt die Rahmenbedingungen bereit. Und mit Ihrer Kritik an dieser Studie zur Lebensqualität beleidigen sich natürlich auch die Wienerinnen und Wiener und schmälern deren Leistungen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zweiter Punkt: Wenn Wien so schlecht ist, warum sind wir dann der Wirtschaftsmotor Nummer 1, wie heute schon gesagt wurde? Wir haben das höchste Bruttoregionalprodukt, dieses ist um 60 Prozent höher als in Kärnten und um 60 Prozent höher als in Niederösterreich. Die Kaufkraft ist in Wien am höchsten, wir brauchen die Zahl nicht zu wiederholen, darüber können wir reden, was wir wollen! Wien trägt zum Gesamtsteueraufkommen immerhin 42 Prozent bei, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sollen wir in Anbetracht all dessen nicht ausblenden!

 

Der Kohäsionsfonds der EU ist heute ein bisschen gerügt worden. Kohäsion bedeutet, dass der starke Wirtschaftsbereich den schwächeren Bereichen hilft. Und genau so halten wir es in Österreich: Wien finanziert auch Kärnten und andere Bundesländer. Es gibt nämlich nicht viele Nettozahler in Österreich! Von den neun Bundesländern sind es maximal drei, nämlich Vorarlberg, Oberösterreich und Wien.

 

Dritter Punkt: Warum werden, wenn Wien so schlecht ist, zwei von drei Unternehmensgründungen in dieser Stadt vorgenommen? Jetzt kann man sich auf die APA beziehen und sagen, dass die WAW relativ wenig macht. Das stimmt so aber nicht! Wenn ich Unternehmer bin und mich in einem Bereich ansiedeln will, dann ist mir wurscht, wer mir Kontakte vermittelt, sondern dann schaue ich, welche Qualität der Standort hat, und dann siedle ich mich dort an.

 

Besonders stört mich, wenn die Stadt insbesondere in Wahlkampfzeiten mit Aussendungen faktisch schlechtgemacht wird. Das hilft uns nämlich nicht, denn wir alle – auch jene von der Opposition – müssen danach trachten, dass sich viele Betriebe hier ansiedeln. Und wenn hier mit Zahlen herumgeschmissen und etwa behauptet wird, dass die Ansiedelung in Niederösterreich um 30 Mal höher ist als in Wien, dann sage ich: Das stimmt ganz einfach nicht!

 

Ich will das jetzt gar nicht mehr aufgreifen, sondern will nur sagen: Bei der letzten Beiratssitzung der Wirtschaftsagentur Wien wurde das Thema angesprochen und erörtert und in der Sache richtiggestellt, und von den ÖVP-Vertretern ist gegen diese Richtigstellung kein Einspruch gekommen. Ich gehe daher davon aus, dass das, was der Herr Geschäftsführer des WAW gesagt hat, richtig ist, und dass die Aussendungen der Frau Staatssekretärin und auch einer Stadträtin der ÖVP in Wien nicht richtig, also falsch sind. – Das wollte ich nur klarstellen.

 

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