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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 126

 

und Wissenschaft zu öffnen und bieten mit der Therme Oberlaa ab Herbst eine Oase zum Wohlfühlen mitten in der Stadt - viele Maßnahmen, die international ihresgleichen suchen. Kurz gesagt: Wir arbeiten für Wien, wir arbeiten für die Wiener und Wienerinnen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich - denn das ist natürlich, um eine seriöse Diskussion zu ermöglichen, unabdingbar notwendig - einen Blick auf die Rahmenbedingungen werfen. Aus der Krise der Finanz- und Aktienmärkte, aus den gewaltigen und völlig außer Rand und Band geratenen Hütchenspielen des Finanzkapitals, aus dem Platzen der Blase im Immobiliensektor in den USA und zahlreichen anderen Staaten entstand global die größte Krise der Realwirtschaft seit Ende des Zweiten Weltkrieges. In Österreich ist es laut WIFO-Zahlen zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3,6 Prozent gekommen - eine Krise, wie sie zuletzt unsere Großmütter und Großväter in den 30er Jahren erleiden mussten, mit den bekannten horrenden Folgen gerade auch in Zentraleuropa!

 

Wenn wir also heute und morgen über den Rechnungsabschluss 2009 sprechen, müssen wir uns das seriöserweise immer vor Augen halten. Die Wirtschaftspolitik und die Wirtschaftswissenschaften haben daraus die richtigen Schlüsse gezogen und haben - hoffentlich! - die nötigen globalen Maßnahmen noch zu setzen, wenn auch die Komplexität wirtschaftlicher Vorgänge in Zeiten der Globalisierung, die weltweite Vernetzung im Sekundentakt, in den letzten 50 Jahren stark gestiegen ist. Mittlerweile wetten ja jene, die im Herbst 2008 vor dem Untergang gerettet werden mussten, schon gegen ganze Staaten und versuchen, das Währungsgefüge in Europa anzugreifen.

 

Das allein zeigt schon die Absurdität des Handelns der Finanzmärkte und die Notwendigkeit starker Regelungen und Regulierungen, wie sie auch in der Europäischen Union jetzt auf der Tagesordnung stehen. Daher brauchen wir eine Finanztransaktionssteuer, wir brauchen eine Bankenabgabe, und ja, wir brauchen mehr Regelungen und mehr Aufsicht etwa für die Rating-Agenturen. Hier muss und hier wird gehandelt werden, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Diese Krise hat nicht vor der Realwirtschaft und natürlich auch nicht vor Österreich und Wien Halt gemacht. Wien hat in den Jahren 2008 und 2009 rasch, effizient und schnell gehandelt, auch dank der guten Zusammenarbeit mit der Bundesregierung und mit den Sozialpartnern. Wir haben Arbeitsplätze und Aufträge gesichert und vor allem in der Ausbildung nicht nachgelassen.

 

Der Patient Wirtschaft war damals sehr schwer krank. Er hat sich seither durch unser engagiertes gemeinsames Bemühen wieder deutlich erholt, aber es ist ganz sicher noch nicht so weit, dass wir sagen können, er ist pumperlg'sund, und ihn entlassen können. Nein, so einfach ist es nicht! Wir müssen weiterhin mit unserer Medizin bereitstehen, wir dürfen nicht den Fehler machen, dass wir durch ein Absetzen der Therapie einen Rückfall riskieren.

 

Außerdem dürfen wir jetzt - ich betone: jetzt - keinesfalls am falschen Fleck sparen. Das wäre höchst kontraproduktiv und würde das dringend benötigte Wachstum gefährden. Das ist übrigens nicht nur meine Privatmeinung, das ist die Ansicht zahlreicher Wirtschaftswissenschafter, zahlreicher international renommierter Forschungsinstitute. Angst ist kein guter Ratgeber, und Angstsparen ist keine gute Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Aber lassen Sie mich eines auch ganz klar feststellen - es wurde wiederholt und mehrfach gesagt -: Wien wird wieder sparen, wie wir es in den vergangenen Jahren ja auch konsequent, im Gegensatz zu anderen, schon getan haben, aber erst dann, wenn die Arbeitslosigkeit merkbar zurückgeht, wenn die Wiener Wirtschaft, die Klein- und Mittelbetriebe wieder volle Auftragsbücher haben. Alles andere, sehr geehrte Herren und Damen, wäre aus Sicht der Wiener Stadtregierung jedenfalls verantwortungslos.

 

Wenn manche sagen, die Bundesländer würden nicht sparen oder würden nicht solide wirtschaften, so ist das eine seltsame Verdrehung der Tatsachen. Gut, wir haben im Süden einen Sonderfall, sozusagen unseres österreichisches Griechenland, aber Kärnten, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein eigenes und sehr spezielles Thema mit ganz klarer politischer Verantwortung. Aber wenn wir von den restlichen Bundesländern ausgehen, ist es doch eine eindeutige Tatsache, dass der Bund für 90,9 Prozent aller Schulden verantwortlich zeichnet und die Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger gemeinsam für den Rest, also unter 10 Prozent.

 

Wien als Land und Gemeinde hat - zählt man es zusammen und vergleicht man es mit den anderen Bundesländern, logischerweise mit Gemeinden und Land, denn sie haben beide Aufgaben und wir haben beide Aufgaben - im Österreich-Vergleich die bei Weitem geringste Pro-Kopf-Verschuldung, und dieses trotz der Krise, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wien hat wie kaum eine andere Gebietskörperschaft bewiesen, wie konsequent der Abbau von Schulden und wirtschaftliches Wachstum Hand in Hand gehen können. Wir haben ab der Jahrtausendwende ein Drittel des Schuldenstandes abgetragen, und erst die Krise hat dazu geführt, dass wir diesen Weg verlassen mussten. Dass das Setzen von Maßnahmen zur Konjunkturbelebung notwendig war, darüber besteht ja wohl hoffentlich Einigkeit!

 

Im Gegenteil, heute sind diejenigen, die meinen, wir haben zu hohe Schulden, gleichzeitig diejenigen, die vor mehreren Monaten gemeint hatten, die Konjunkturpakete wären zu gering. Diejenigen, die sich heute darüber aufregen, dass die Stadt Wien fremdfinanzieren musste, haben hier an dieser Stelle noch vor wenigen Monaten gemeint, man müsste sehr viel mehr Geld ausgeben. Sehr geehrte Damen und Herren, das passt nicht zusammen!

 

Wir gehen einen seriösen und vernünftigen Weg. Die Fremdmittelaufnahme der Stadt Wien wurde daher nicht aus Jux und Tollerei getätigt, sondern dient der langfris

 

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