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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 93

 

befinden wir uns in großen Bereichen dieser zwei flächenmäßig sehr großen Bezirke auch in einem Bereich der Stadt Wien, der seit vielen Jahren von Fluglärm in Mitleidenschaft gezogen ist. In den nächsten Monaten und Jahren, werden, wenn der Entwurf der SPÖ-Infrastrukturministerin Bures zu einer Verordnung für neue Zumutbarkeitsgrenzen für den Fluglärm im Parlament durchgeht und, so fürchten wir, mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP durchgedrückt wird, dieser Bereich wie auch viele andere Gebiete von Wien, wo heute insgesamt über 300 000 Menschen leben, noch mehr als bisher vom Fluglärm betroffen sein.

 

Um dies mit Zahlen zu belegen oder anschaulich zu machen, darf ich nur anführen, dass 3 dB mehr Fluglärm im Jahresdurchschnitt eine Verdoppelung der Überflüge über Wien ermöglichen würden und 10 dB mehr Fluglärmbelastung im Jahresschnitt am Tag eine Verzehnfachung der Überflüge ermöglichen würden. Das wird natürlich nicht der Fall sein in den nächsten Jahren, aber die Taktik der SPÖ, wahrscheinlich unterstützt durch die ÖVP, ist ja eine ziemlich perfide. Wenn diese neuen Richtlinien durchgesetzt werden, wenn im Jahresdurchschnitt 62 dB am Tag möglich sein werden und in der Nacht ein Durchschnittswert von 52 dB, dann werden diese Grenzwerte, auch wenn der Flughafen in den nächsten Jahren großzügig ausgebaut wird, aller Voraussicht nach nicht erreicht werden. Wenn sich dann Bürger beschweren und sagen, sie leiden unter dem ohrenbetäubenden Fluglärm in Wien, dann sagen die SPÖ und die ÖVP: Was wollt ihr eigentlich? Die Grenzwerte werden doch deutlich unterschritten. Es gibt gar keinen Fluglärm! Und der Kollege Valentin wird sicher nachher ausführen, dass Wien in puncto Fluglärm eine Oase der Ruhe ist. (Zwischenruf des GR Robert Parzer.)

 

Wenn man sich des Weiteren vor Augen führt, Kollege Parzer – der selbst in Eßling ein vom Fluglärm Betroffener ist, aber aus Gründen der Parteiraison auch immer sagen muss, eigentlich stört es ihn nicht, es gibt den Fluglärm eigentlich gar nicht –, dass die SPÖ ein Jahresäquivalent von 62 dB im Jahresdurchschnitt am Tag zulassen möchte, obwohl in Liesing, wo jetzt in etwa 42, 43 dB am Tag im Jahresdurchschnitt der Fall sind, die Proteste schon massiv sind. Das merkt man an den Bürgerinitiativen, lieber Kollege Parzer – die gibt es auch in der Donaustadt, aber man merkt es vor allem an den Bürgerinitiativen in Liesing –, dass schon bei einer jetzt um fast 20 dB geringeren Belastung in Liesing die tatsächlichen Belastungen für die Menschen oft unerträglich sind. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass diese Fluglärmbelastungen jetzt schon das Risiko erhöhen, einen Herzinfarkt zu erleiden, Depressionen zu bekommen und andere Gesundheitsschäden zu erleiden.

 

Das ist der ÖVP wurscht – die ÖVP hat es auch zum Beispiel seit zwei Wochen nicht zustande gebracht, die Unterschriften für die U-Kommission Skylink beizubringen und wird wahrscheinlich auch in den nächsten Wochen nicht imstande sein, sie beizubringen –, weil zum Ersten die Koalitionsgespräche mit der SPÖ für nach der Wahl schon in einem fortgeschrittenen Stadium sind (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.), zum Zweiten wird es wahrscheinlich auch eine kleine Gnackwatschn aus Niederösterreich gegeben haben, wo der Onkel Erwin gesagt hat: Seid ihr blöd in Wien? Ihr könnt doch nicht der U-Kommission Skylink zustimmen, wo die beiden Länder Wien und Niederösterreich zu 20 Prozent beteiligt sind und sehr viele Beteiligte auch massiv Dreck am Stecken haben! Das darf natürlich nicht mit Hilfe der ÖVP aufgedeckt werden.

 

Die Bevölkerung wird das auch zu werten wissen, wenn diese U-Kommission entgegen allen Zusagen nicht kommen wird. Da gibt ja durchaus – und das ist auch ein aktuelles Thema – ein recht einträgliches Gegengeschäft für die ÖVP. Sie bekommt nämlich einen Grundstückstausch um 5,5 Millionen EUR plus im rechten Taschl für die ÖVP-Akademie und damit für die ÖVP zugeschanzt. Unter diesem Blickwinkel muss man die ganze Sache auch betrachten, wenn die ÖVP trotz Spiegelfechtereien und Schattenboxen bei manchen Anträgen noch zahmer wird, als sie es in den letzten Jahren hier in diesem Raum schon gewesen ist.

 

Wir werden das heute am Schluss bei der Abstimmung dann feststellen, ob die ÖVP schon mit der SPÖ unter der Koalitionsdecke kuschelt, ob sie dem Landeshauptmann Pröll, dem Onkel Erwin, die Mauer macht, ob sie dem Onkel Michael die Mauer macht, ob sie den 10 Millionen EUR jährlichen Einnahmen aus der Dividende der Beteiligung am Flughafen mehr Wert beimisst als Herzinfarkten, als Depressionen bei über 300 000 betroffenen Wienerinnen und Wienern. Das wird dann interessant, denn die Bürgerinitiativen verfolgen ja diese Diskussion in den Foren, wenn man sich das anschaut, recht lebhaft.

 

Wir werden heute die Probe aufs Exempel machen. Die SPÖ hat nämlich, damals noch in der Opposition, im Parlament im Jahr 2005 gemeinsam mit den Grünen eine Forderung aufgestellt, einen Antrag eingebracht, dass im Jahresdurchschnitt am Tag 55 dB möglichst nur der Höchstwert sein sollen beim Fluglärm und in der Nacht bei 45 dB. Und was macht die SPÖ jetzt im Parlament – nicht mehr in der Opposition, sondern in der Regierung? Sie gibt bei beiden 7 dB dazu. Und was 7 dB bedeuten, habe ich vorher schon ausgeführt. Schon 2 dB – das ist sehr anschaulich – ermöglichen 58 Prozent mehr Flugbewegungen über Wien.

 

Es würde mich interessieren, was jetzt für ein Unterschied ist. Was hat sich, außer dass ihr früher in der Opposition gesessen seid und dass ihr jetzt in der Regierung seid, in puncto Lärm, in der Beurteilung der Lärmbelastung bei diesen Dezibelbelastungen in diesen fünf Jahren geändert? Warum rückt die SPÖ jetzt ab von dieser Forderung, die sie schwarz auf weiß aufgestellt hat? Warum möchte die SPÖ-Infrastrukturministerin jetzt massiv gesundheitsschädliche Werte per Verordnung erlassen? Das würde mich interessieren. Vielleicht gibt es eine wortreiche Erklärung des Kollegen Valentin, warum das jetzt keine Gültigkeit mehr haben soll.

 

Aber vielleicht ist das Ganze nur auf Bundesebene so, und die Wiener Landespartei steht weiterhin auf dem

 

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