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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 91

 

Oder auch die Forderung nach der Entkriminalisierung von Cannabis und Konsumräumen: Auch diesbezüglich haben wir Forderungen aufgestellt, aber was hilft das? Soll ich jetzt herumjammern? Es geht darum, für die Menschen in dieser Stadt konkrete Politik zu machen, und wenn Sie sich das Koalitionsabkommen genau anschauen, dann finden Sie einige Bereiche, in denen es um die Menschen in der Stadt geht.

 

Frau Marek! Wenn Sie – und jetzt werde ich gleich noch einmal grantig – in Ihren Reden permanent davon sprechen, dass Sie sich um uns GRÜNE Sorgen machen, dann sage ich Ihnen: Nein! Wir sind nicht nackt! Wir alle hier können uns Kleidung leisten. Machen Sie sich wirklich lieber Sorgen um die Familien dort draußen!

 

Ich nenne jetzt konkret Zahlen: Auf Bundesebene wurde in der Sozialversicherung gerade um 1,5 Milliarden EUR gekürzt, bei Familien um 1,3 Milliarden EUR. Die Armutskonferenz hat ausgerechnet, dass das Budget zur direkten Armutsbekämpfung bis 2014 um ein Drittel kleiner sein wird als heute. Wissen Sie, was das für die Leute da draußen bedeutet? Wer hat Sie denn daran gehindert, eine Vermögensbesteuerung oder eine Stiftungsbesteuerung umzusetzen? Dann würden wir uns auch in Wien leichter tun! Ich sage Ihnen: Ich habe etliche Ideen, wo wir das Geld im Sozialbereich noch einsetzen können.

 

Noch einmal: Wir machen insofern konkrete Politik. Mir ist besonders wichtig, was wir im Koalitionsabkommen festgehalten haben, dass die Menschen, die es brauchen, auch entsprechende Hilfe bekommen sollen und dass professionelle Sozialarbeit einen Wert in dieser Gesellschaft hat. Und ich möchte hinzufügen, dass sich im Sozialbereich sehr wohl immer die Bereitschaft der SPÖ findet, Konzepte weiterzuentwickeln, zu hinterfragen, sich Neues zu überlegen und konkrete Schritte zu setzen.

 

Wenn Sie, Herr Kurz, hier sagen, dass es nichts Neues gibt, und die Mindestsicherung oder die Erhöhung für die Kinder auf 200 EUR im Monat hinterfragen, dann kann ich Sie nur herzlich einladen: Machen Sie mit mir Hausbesuche im 15. Bezirk! Diese mache ich nach wie vor. Wenn sich dort die Tür auftut, dann werden Sie sehen, was es heißt, in Armut oder in einer armutsgefährdeten Familie zu leben! Die Hauptbetroffenen sind AlleinerzieherInnen und Mehrkindfamilien, nämlich gerade jene Personenkreise, bei denen Sie gekürzt haben. Ich finde Ihre Aussagen sehr arrogant, denn für Familien mit Kindern ist es viel, 70 EUR im Monat mehr oder weniger zu haben. Für Sie ist das vielleicht nicht viel, aber für die Betroffenen sehr wohl! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Kommen wir jetzt noch zu konkreten Bereichen, die wichtig sind, über die aber nicht gerne geredet wird, etwa über die Obdachlosen und die Wohnungshilfe. Ich halte es für gut und wichtig, dass man mit dem Koalitionspartner beziehungsweise der Koalitionspartnerin neue Strategien überlegt, und zwar auch betreffend den Housing-First-Ansatz. Diesbezüglich gibt es internationale Erfahrungen, gemäß welchen es vielleicht geschickter ist, die Wohnungslosigkeit zu verringern, indem man betroffene Menschen direkt in Fixwohnungen unterbringt und dort sozial betreut, um die ganzen Stufen der Nächtigungen und Betreuungswohneinheiten zu überspringen. – Das ist eine spannende Geschichte!

 

Sehr wichtig sind auch die Delogierungsprävention und die Nachbetreuung. Das bewirkt konkret weniger Delogierungen, damit weniger Menschen auf der Straße und somit auch weniger Kosten. Es gibt also spannende Ansätze, an denen wir hier konkret arbeiten wollen!

 

Betreffend Sucht und Drogenhilfe hat Herr Kurz auch nichts gefunden. – Vielleicht lesen Sie die diesbezüglichen Abschnitte ein bisschen genauer! Es steht da zum Beispiel, dass es bedarfsgerechte Angebote an Hotspots in Wien geben wird. Wir werden uns konkret überlegen, was das bedeutet und wo das geschehen muss. Es gibt nämlich drogenkranke Menschen, und mit dem Ansatz: „Säubern Sie den Karlsplatz, wir wollen sie nicht sehen!“, werden wir nicht weiterkommen. Das heißt, wir wollen auch für diese Menschen da sein.

 

Außerdem ist im Koalitionsabkommen auch festgehalten, wenn auch – ich gebe es zu – ein bisschen holprig, dass im Hinblick auf die Komorbidität von Suchtkranken auch das Zielgruppenmanagement erweitert wird. Das mag für Sie billig klingen, für die betroffenen Menschen bedeutet das aber, dass wir – und das liegt in unserer Verantwortung – schauen, wo es wohnungslose Menschen gibt, die psychisch krank und drogenkrank sind, und uns überlegen, welche weiteren Angebote von Nöten sind.

 

Nun komme ich zur Sexarbeit. Das muss ich jetzt noch kurz ansprechen, das schaffe ich nicht anders.

 

Herr Kowarik! Zunächst möchte ich sagen: Alle Achtung, dass sich eine Stadträtin wie Frau StRin Frauenberger hierher stellt und sagt, dass ein Teil des Pilotprojektes nicht geklappt hat! Dazu muss ich wirklich sagen: Alle Achtung! Zeigen Sie mir einmal, wer von Ihnen sich herstellt und zugibt, dass etwas nicht geklappt hat! – Das ist einmal der erste Punkt.

 

Zweitens: Es war dies ein Pilotprojekt, und darauf wird aufgebaut werden. Es wird ein Maßnahmenpaket geben. Es gibt konkrete Erfahrungen auch in den anderen Ländern, und es werden Beteiligte mitberücksichtigt werden. Es gibt bei der Sexarbeit nicht die Lösung. Die gibt es einfach nicht! Man muss immer wieder überprüfen, welche konkreten Maßnahmen sinnvoll sind, und zwar für die Sexarbeiterinnen und für die AnrainerInnen.

 

Herr Kowarik! Ihr Klubobmann im 15. Bezirk ist, als das Pilotprojekt Prostitution vorgestellt wurde, aufgesprungen, zum Pult gelaufen und hat gesagt: „Herzliche Gratulation! Endlich ist das gekommen, was wir schon lange gefordert haben! Endlich ist es hinter dem Technischen Museum draußen!“ Drei Tage später haben Sie sich aber mit einer Anrainerin hingestellt und haben gesagt: Scheißprojekt! (GR Godwin Schuster: Wie bitte?) Entschuldigung! Im übertragenen Sinn!

 

Sie sind in dieser Diskussion überhaupt nicht ernst zu nehmen! Sie spielen damit, weil es ja gar so toll ist, mit Sexarbeit zu operieren!

 

Ein weiteres Thema ist Schulsozialarbeit: Das ist wichtig, weil es tatsächlich Probleme gibt, und wir dürfen

 

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