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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 25.11.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 51

 

dieses Jahres auch einen Rechnungshofbericht, aber es ist nicht das erste Mal, dass Rechnungshofberichte mit sehr konkreten Empfehlungen hier schlichtweg ignoriert werden.

 

Herr Bürgermeister! Sie haben vorhin in Ihrer Regierungserklärung von einer Zeitenwende bei der Arbeitsmarktpolitik gesprochen. Also, Herr Bürgermeister, nicht böse sein, es ist sehr verwegen, bei diesem Programm von einer Zeitenwende zu sprechen. (VBgmin Mag Renate Brauner: Sie können anscheinend nicht lesen!)

 

Wir können klar sagen: Die rote Allmachtspolitik wird prolongiert und wird sogar einzementiert. Es ist ein Melonenprogramm – Sie kennen das sicher, meine Damen und Herren –: außen ist ein bisschen Grün, innen ganz viel und ein sehr sattes Rot.

 

Damit komme ich auch schon zu den GRÜNEN. Ja, es ist so, jede Koalition ist ein Kompromiss. Und Sie können mir glauben, meine Damen und Herren, niemand weiß das so gut, wie ich das tue. Aber die GRÜNEN haben sich hier bei diesem Regierungsprogramm bis zur Unkenntlichkeit verbogen, um in diese Koalition hineinzukommen. Sie haben nicht die Hosen heruntergelassen, Sie haben sich ausgezogen, Ihr Gewand in der SPÖ-Zentrale abgegeben, und Sie laufen nun – Sie kennen dieses Märchen sicher – wie der Kaiser mit neuen Kleidern durch Wien, nämlich nackt laufen Sie durch Wien.

 

Meine Damen und Herren! Sie haben, solange Sie in der Opposition waren, die Ideenlosigkeit der Sozialdemokratie teils sehr, sehr scharf kritisiert. Sie haben Missstände im roten Wien angeprangert und Sie haben das Machtsystem der SPÖ insgesamt in Frage gestellt. Davon ist hier nicht einmal annähernd irgendetwas übriggeblieben, und ich frage mich einfach: Was ist aus den grünen Forderungen im Wahlkampf, den grünen Wahlversprechen geworden, meine Damen und Herren?

 

Und darf ich Sie von den GRÜNEN daran erinnern, dass Sie selbst es waren, die noch vor der Wahl gefordert haben, dass die SPÖ ihre Rathausverflechtungen offenlegen muss, dass das System „Eine Hand wäscht die andere." beendet wird, dass es eine neue Transparenzkultur braucht und dass die Bereicherungsmaschine SPÖ endlich gestoppt werden muss, meine Damen und Herren. Kein Wort zu all dem, was vor der Wahl für Sie anscheinend oder vermeintlich so wichtig war, steht im Koalitionsübereinkommen. Und es geht auch so weiter und man sieht es: Sind die Wahlen um, Grün fällt um, meine Damen und Herren.

 

Zum Thema Bildung ein Beispiel: Ausweitung der Kindergartenpflicht auf drei Jahre. (VBgmin Mag Maria Vassilakou: Kommt!) Kommt nicht, Frau VBgmin Vassilakou. Sie haben gerade gesagt, in zwei Jahren gibt es zwei verpflichtende Kindergartenjahre. Im Regierungsprogramm findet sich das nicht und der Koalitionspartner SPÖ weiß offensichtlich hier auch nicht wirklich etwas davon.

 

Kleinere Gruppengrößen im Kindergarten: Kommt nicht! Verpflichtender muttersprachlicher Unterricht: Kommt nicht! Und Schule ohne Noten: Kommt nicht! – Da kann man wenigstens sagen, Gott sei Dank kommt das nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zum Thema Integration: Staatsbürgerschaft von Geburt an – eine wesentliche Forderung von Ihnen –: Kommt nicht!

 

Im Themenbereich Soziales: Weg mit den Glücksspielautomaten!, haben Sie von den GRÜNEN gefordert. Jetzt steht im Pakt: „In Ausführung der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 wird eine landesgesetzliche Regelung erarbeitet, die SpielerInnen- und Jugendschutz garantiert. Die Konzessionsvergabe wird an die neuen bundesgesetzlichen Bestimmungen angepasst." – Da kann man sagen, ein kompletter Totalumfaller, meine Damen und Herren.

 

Mindestlohn von 1 500 EUR – eine wesentliche Forderung– : Einmal mehr, kommt nicht!

 

Drogenkonsumräume: Kommen nicht! – Auch da kann man durchaus sagen, Gott sei Dank kommen die nicht.

 

Einführung einer bedingungslosen Grundsicherung – auch wenn Sie sich vorher kurz in diese Richtung versprochen haben, Frau Vassilakou –: Kommt nicht!

 

Beim Themenbereich Kultur sollte man annehmen, dies sei ein zentrales Feld für die GRÜNEN, meine Damen und Herren. Tatsächlich wird die Kulturpolitik, wie sie bisher in Wien bestanden hat, ein zu eins fortgeführt. In der Musikhauptstadt Wien werden Musikschulen nur an Schulstandorten forciert und weiterhin wird hier nichts getan.

 

Kein Wort über nötige Strukturreformen bei den großen Wiener Kulturtankern, etwa Stichwort Wiener Symphoniker beziehungsweise Vereinigte Bühnen, und null Anforderungen an Transparenz, obwohl auch das immer ein zentrales Thema der Grünen gewesen ist. Alles in der roten Parteizentrale abgegeben und am Garderobenständer aufgehängt.

 

Auf das Thema rot-grüne Verkehrspolitik, auf dieses unglaublich breite Spektrum, meine Damen und Herren, wird unser StR Wolfgang Gerstl dann noch entsprechend näher eingehen und im Anschluss auch ausführlich dazu Stellung nehmen.

 

Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt ein paar Mal auch gesagt – nicht, dass Sie mich falsch verstehen –, bei vielen grünen Ideen ist es für uns keineswegs bedauerlich, dass diese nicht umgesetzt werden und nicht Realität werden, und es ist auch durchaus erfreulich, dass die Grünen-Chefin Maria Vassilakou nun endlich offensichtlich auch irgendwann einmal erkannt hat, dass es keine Bankomaten gibt, die im Himmel befüllt werden und aus denen auf Erden dann entnommen werden kann, denn diese Erkenntnis ist ja den Grünen bisher offensichtlich sehr, sehr klar verwehrt geblieben. Aber die Wiener Grünen – und das ist die ganz zentrale Erkenntnis, wenn man sich dieses Regierungsübereinkommen ansieht – haben sich in vielen ihrer zentralen Forderungen, ihrer Ideen und ihrer Anliegen schlichtweg selbst aufgegeben. Und das ist das Dramatische, wenn man sich dieses Regierungsprogramm ansieht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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