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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 83

 

Menschen mit einem sehr niedrigen Einkommen betrifft. Aber der Forderung, dass man das allgemein macht, kann ich mich absolut nicht anschließen, denn das würde inkludieren, dass etwa ein gut verdienendes Paar ebenfalls die Verhütung von der Krankenkasse ersetzt bekommt. Überlegen Sie einmal, wie sich Menschen mit sehr niedrigem Einkommen heute um ihre Heilbehelfe kümmern müssen oder wie viel sie dafür investieren müssen! - Das steht in keiner Relation, und insofern lehnen wir das in dieser Form ab.

 

Zur Entkriminalisierung habe ich schon gesagt, wir sehen die derzeitige Regelung als angemessen.

 

Wir werden Ihre Anträge daher zur Gänze ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Ulm. Ich erteile es ihm.

 

GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich habe den Dringlichen Antrag der grünen Fraktion sehr genau studiert, und wir haben offensichtlich unterschiedliche Sachverhalte erhoben. Ich weiß nicht, woher die Informationsquellen der Frau Kollegin Vana stammen. Sie sagt, es gäbe einen dringenden Handlungsbedarf, der Gesetzgeber dulde derzeit Gewalt gegen Frauen, Frauen würden ungehindert belästigt, bedroht und terrorisiert, und das polizeiliche Wegweiserecht würde in der Praxis wenig nützen.

 

Ich habe meine Erkundigungen in der Bundespolizeidirektion Wien eingeholt. Diese Informationen sagen mir, dass die Auseinandersetzungen vor den Kliniken zurückgegangen sind, dass es die Auseinandersetzungen, wie es sie vor Jahren gegeben hat, mittlerweile nicht mehr gibt, dass sich die Lebensschützer mittlerweile zum weit überwiegenden Teil rechtskonform verhalten und dass es im Jahr 2009 eigentlich, nach Wissen der Bundespolizeidirektion Wien, keine einzige Wegweisung gegeben hat – wenn, dann in minimalem Umfang. (StRin Dr Monika Vana: ... die Innenministerin! – Erkundigen Sie sich wirklich bei der Polizei!)

 

Ich glaube, sehr geehrte Frau Kollegin, wir gehen nicht nur von unterschiedlichen Fakten aus, sondern auch von einer völlig unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung der geltenden Rechtslage. Sie sind der Meinung, es bedarf eines zusätzlichen Schutzes gegen Belästigungen, psychische Gewalt, Bedrohungen oder Terror und fordern deshalb einen zusätzlichen Straftatbestand in einer ortspolizeilichen Verordnung. Ich bin davon überzeugt, dass die geltende Rechtslage eine ausreichende Grundlage bietet, um gegen solche Vorgänge vorzugehen.

 

Ich darf auf die Paragraphen des Strafgesetzbuches, der Straßenverkehrsordnung und des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes verweisen: Die Nötigung ist in § 105 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht. Die gefährliche Drohung ist gemäß § 107 StGB ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht. Die Beleidigung ist in § 115 StGB geregelt: „Wer öffentlich ... einen anderen beschimpft, verspottet, ..., ist, ... mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen."

 

Die Straßenverkehrsordnung regelt in § 78 das Verhalten auf Gehsteigen. Dort heißt es: Verboten ist es, „den Fußgängerverkehr ... durch das Verstellen des Weges, durch das Tragen von Reklametafeln ... oder durch unbegründetes Stehenbleiben zu behindern".

 

Das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz gibt zwei Paragraphen zur Hand, nämlich die Anstandsverletzung nach § 1 des Gesetzes und den § 3 des Gesetzes, „Abwehr von Belästigungen und Sicherung des Gemeingebrauchs": „Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können Personen anweisen, folgendes Verhalten einzustellen ...: Wenn diese Personen andere Personen an öffentlichen Orten 1. in unzumutbarer Weise belästigen, insbesondere wenn auf Personen, die sich einer sozialen oder medizinischen Einrichtung nähern, psychischer Druck, wie zum Beispiel durch nachdrückliches Ansprechen oder ... Übergabe von Gegenständen, ausgeübt wird, oder 2. am widmungsgemäßen Gebrauch von öffentlichen Einrichtungen nachdrücklich hindern." „Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können Personen ... durch unmittelbare Zwangsanwendung vom Ort des Geschehens wegweisen."

 

Würde sich jetzt jemand dagegen wehren und diese unmittelbare Zwangsanwendung nicht dulden, so läge ein Widerstand gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 des Strafgesetzbuches vor.

 

Sie haben es am Rande angedeutet: Es ist tatsächlich so, dass der Schwangerschaftsabbruch nach geltender Rechtslage nicht legal ist, grundsätzlich nicht legal ist. Er bleibt rechtswidrig, ist aber unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich nach § 97 StGB, straffrei gestellt. Es gibt nach geltender Rechtslage kein Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch (StR David Ellensohn: Sind die Frauen in der ÖVP auch Ihrer Meinung, Herr Ulm?), aber sehr wohl ein Recht auf Leben.

 

Was die politischen Forderungen betrifft, so denke ich, dass sie in Ihrem Dringlichen Antrag unzureichend dargestellt worden sind.

 

Ich darf auf unsere politischen Schwerpunktsetzungen in unserem Antrag verweisen, den Frau Kollegin Feldmann und ich eingebracht haben. Dort geht es um die statistische Erfassung und Motiverhebung der vorgenommenen Schwangerschaftsabbrüche. Dort geht es um effiziente Hilfestellung für die Frauen durch ausreichende flankierende Betreuungs- und Beratungsmaßnahmen.

 

Lassen Sie mich mit einem Zitat schließen, das Sie vielleicht überraschen wird, nämlich mit einem Zitat von Bruno Kreisky in einer Rede vor dem österreichischen Nationalrat. Er sagt: „Man muss alles tun, um im Bereich der Politik diesen ganzen Paragraphen" - nämlich § 97 StGB – „so obsolet zu machen, wie dies mit den Mitteln der Politik, Psychologie und auch Moral nur geht, um die Frau zu veranlassen, dass sie dann, wenn sie empfangen hat, das Kind behält.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Krotsch. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Nicole Krotsch (Sozialdemokratische

 

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