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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 89

 

MAIS: Wir seit zehn Jahren!) Seit 2001 fordert die ÖVP den gebührenfreien Kindergarten! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ebenso hören wir seit 2001 bei 13 Anträgen von der SPÖ, einmal ein bisschen ausführlicher und einmal ein bisschen knapper, warum das nicht möglich ist. Zuletzt haben wir das noch im Februar dieses Jahres gehört, genau drei Tage bevor der Herr Bgm Häupl seine Ankündigung getätigt hat. Dann hat sich schlagartig alles geändert. Das war genau am 27. Februar. Ich gebe ehrlich zu, ich war ziemlich erstaunt, wie man in drei Tagen komplett anderer Meinung sein kann und sich in drei Tagen alles ändern kann. Aber es ist einfach ein plötzliches Umdenken erfolgt und das ist ja auch nicht negativ.

 

Aber anzukündigen ist das eine und umzusetzen ist wirklich das andere. Es ist einfach schwieriger und es ist wirklich etwas viel Komplexeres. Und Gratiskindergarten ist nicht immer Gratiskindergarten. Dort, wo Gratiskindergarten draufsteht, ist nicht immer Gratiskindergarten drinnen. Ich möchte Herrn Bgm Häupl gerne noch einmal an seinen Brief erinnern, in dem er an alle Wienerinnen und Wiener - ich habe gleich drei Briefe bekommen - geschrieben hat, jedes Kind wird einen Gratiskindergartenplatz erhalten. Jetzt möchte ich den Herrn Bürgermeister fragen und ich hoffe, er hört zu oder Sie richten es ihm aus. Entweder Sie haben in Kauf genommen, dass Sie etwas ankündigen, wo sie schon im Vorhinein gewusst haben, das ist so nicht umsetzbar, oder Sie haben wirklich nicht gewusst, wie schwierig es ist, in einem so komplexen System mit 800 verschiedenen Vereinen innerhalb von ganz wenigen Monaten etwas Neues auszuhandeln. Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass Sie das nicht gewusst haben! Jedenfalls ist das, was wir heute beschließen, nicht das, was Sie, Herr Bürgermeister, in Ihren Briefen an alle Wienerinnen und Wiener versprochen haben! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Denn den Gratiskindergarten wird es ab Herbst 2009 nicht oder beziehungsweise zu 100 Prozent nur für die städtischen Kindergärten geben, also für weniger als 50 Prozent der Kinder. Sehr wohl, und da bin ich anderer Meinung als Sie, weiß ich, es gibt Einzelfälle, die man sich wirklich ganz genau anschauen muss und wo man sehr genau eruieren muss. Das sind jene, die vorher eine sehr große Ermäßigung bekommen haben. Da haben Sie vollkommen recht. Aber das Gros der Eltern wird weniger bezahlen. Trotzdem werden viele Eltern, und das ist kein Gratiskindergarten, zusätzliche Kosten haben, sei es für längere Öffnungszeiten, sei es, wie Sie es angesprochen haben, für bessere Qualität. Diese Kosten werden von Eltern weiter zu bezahlen sein. Daher haben wir keinen gebührenbefreiten Kindergarten, wir haben schon gar keinen Gratiskindergarten, wir haben einen gebührenreduzierten Kindergarten.

 

Unsere Fraktion wird trotzdem zustimmen, weil wir der Meinung sind, es ist zumindest der erste Schritt in die richtige Richtung und weil wir auch der Meinung sind, dass es wenig Sinn hat, dagegen zu sein, dass doch ein Großteil der Eltern, immerhin 20 000 bis 25 000, weniger zahlt als vorher. Dagegen zu sein, findet unsere Fraktion nicht sinnvoll, wiewohl wir wissen, dass das noch nicht das Ziel ist. Wir werden ganz genau hinschauen, wie das umgesetzt wird. Wir werden auch ganz genau verfolgen, wie mit den schwierigen Fällen umgegangen wird und werden uns dahintersetzen, dass alle Eltern geringe Kosten in den Kindergärten haben.

 

Sehr geehrter Herr Bgm Häupl, Sie haben versprochen, alle Wiener Kinder werden einen Gratiskindergartenplatz haben, aber wenn man sich die für jedermann im Internet verfügbaren Statistiken anschaut, dann war im Vorhinein klar, dass das für jedermann gar nicht möglich ist, auch nicht für jede Frau. Es gibt einfach nicht genügend Kindergartenplätze. Für die Null- bis Dreijährigen fehlen mehrere Tausend, 25 Prozent gibt es nur bei den Unter-Drei-Jährigen. Diese Plätze sind nicht aus dem Hut zu zaubern. Um das vorzubereiten, hätte es eine Vorlaufzeit gebraucht. Es gibt daher im Herbst nicht nur keine Gratisplätze für alle, für viele Kinder gibt es gar keine Plätze.

 

Dann ist da noch die Frage des Rechtsanspruches. Ohne rechtliche Absicherung dieses Schrittes haben die Eltern zwar jetzt vielleicht einen gebührenreduzierten, vielleicht einen gebührenfreien Platz, aber vielleicht auch gar keinen Platz. Aus unserer Sicht wäre die logische Vorgehensweise und der logische nächste Schritt, den gebührenfreien beziehungsweise gebührenreduzierten Kindergartenplatz rechtlich im Gesetz zu verankern. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Diese auf Beispiele bezogenen Kritikpunkte führen mich zu einer grundsätzlichen Feststellung. Herr Bgm Häupl, das, was wir jetzt alle kriegen, die Eltern, die Träger, die Organisationen, die Betreuerinnen, die Betreuer, die Pädagogen, ist nicht das, was Sie angekündigt haben, seien es die Kosten oder sei es die Verfügbarkeit. Dieser Unterschied zwischen dem, was man ankündigt und dem, was man dann tatsächlich umsetzt, hat etwas sehr Grundsätzliches an sich. Die Bürgerinnen und Bürger erkennen meiner Meinung nach früher oder später sehr wohl, ob das, was man ihnen verspricht, realistisch ist oder nicht. Ich bin der Meinung, man fügt der Politik, wenn man nicht hält, was man verspricht, wenn man nicht glaubwürdig ist, einen schweren Schaden zu. Ich glaube, in diesem Fall sollten wir daran interessiert sein, dass die Politik glaubwürdig ist! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Genau aus diesem Grund wäre es sinnvoller gewesen, wenn Sie bereits vor Jahren in der Frage der Gebührenbefreiung eingelenkt hätten. Es wäre genug Zeit gewesen, alles in Ruhe zu planen und es hätte einen bedarfsgerechten, gebührenbefreiten Kindergarten möglich gemacht. Stattdessen haben aber die verantwortlichen Dienststellen und die Träger in einigen Monaten das irgendwie hinzukriegen gehabt. So wird es im Herbst keinen Gratiskindergarten, keinen zum Teil gebührenfreien Kindergarten, aber immerhin einen für die meisten Eltern günstigeren, eben gebührenreduzierten Kindergarten geben. Leider werden wir aber auch weiterhin Wartelisten in den Kindergärten haben und viele Kinder werden gar keinen Kindergartenplatz haben!

 

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