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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 105 von 118

 

geben Sie mir doch recht?! (Zwischenrufe bei FPÖ und GRÜNEN.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einer humanistischen Gesellschaft gefordert ist ein politisches Gewissen, vor allem, was solche Fälle betrifft. Das vermissen wir.

 

Zum krönenden Abschluss - ich kann es nicht lassen, auch wenn es sich wiederholt: Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes wird jährlich mit 303 000 EUR gefördert. Ich mag jetzt nicht zum hundertsten Mal das Gerichtsurteil wiederholen, dass eben die letzte Instanz zu Recht erkannt hat, dass gewisse Wertungen straffrei bleiben, wie zum Beispiel „linke Wühlarbeit", „Sümpfe aus Lüge und Denunziation". Trotzdem bekommt das DÖW jährlich 303 000 EUR. Da werden ganz, ganz gezielt - eben mit Steuergeldern, weil Sie es so beschließen und so wollen - Andersdenkende diffamiert, kriminalisiert und ins rechte Eck gestellt. Das lehnen wir ab. Es kann nicht sein, dass die Kulturpolitik in Wien so verläuft. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend fordere ich Sie deswegen auf: Lassen Sie endlich diese verstaubte 68er-Ideologie links liegen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Kümmern Sie sich bitte endlich um die Anliegen und Bedürfnisse der Wiener. (Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Hören Sie bitte auf, ewiggestrig zu sein, und leben Sie bitte in der Gegenwart! (Beifall bei der FPÖ.) Denken Sie an die Zukunft! Kramen Sie nicht dauernd aus den Schubladen oder aus dem Mülleimer der Geschichte alte, längst vergangene Ideologien heraus, sondern denken Sie an die Gegenwart und an die Zukunft. Versuchen Sie, die Probleme der Bürger zu lösen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Wir fordern für die Kulturpolitik in Wien ein deutliches Bekenntnis zu Kunst und Kultur als Träger der österreichischen Identität ein. Wir fordern Kontrolle der Mittel ein. Wir fordern mehr Transparenz ein. Und wir lehnen diesen Rechnungsabschluss ab. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Das Wort hat Frau GRin Mag Ringler. - Bitte.

 

GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Irgendwann einmal wird die Rache des Archivs Herrn Gudenus heimholen: Irgendjemand wird sich die Mühe machen und nachschauen, ob er jedes Jahr Wort für Wort das Gleiche sagt oder nur die gleichen Geschichten erzählt. (GR Dr Herbert Madejski: Er hat noch nie gesprochen bei der Kultur, Frau Ringler ...!) Das kann ich definitiv ausschließen, weil ich bei den Kulturdebatten immer anwesend bin. Daher weiß ich, wann Herr Gudenus spricht. Er hat zum Beispiel schon öfters über das Amerlingbeisl gesprochen; wir haben gerade sehr besorgt festgestellt, dass er es diesmal nicht erwähnt hat. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: ... Jugendausschuss! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Reden wir über die wichtigen Dinge! (GR Dr Herbert Madejski: Von denen Sie glauben, es ist wichtig!) Reden wir nämlich über die Frage des Budgets und darüber, was dieser Rechnungsabschluss zeigt und was das letzte Jahr für die Kulturschaffenden in dieser Stadt gebracht hat.

 

Eine Erhöhung von Kulturgeldern ist ja grundsätzlich etwas Positives, etwas, was uns freut. Es freut uns, dass in den letzten Jahren das Kulturbudget immer weiter gestiegen ist. Aber wir ersparen Ihnen und uns nicht den Blick in die Details und schauen uns genau an, wohin diese Erhöhungen geflossen sind. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Jetzt wird es wichtig! Aufpassen!) Genau, Sie sollten gut zuhören! Vielleicht ist das ein Anstoß für die nächste Rede. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Die Bibliotheken, zum Beispiel, haben plus 37 Prozent, das ist erfreulich. Aber wenn unsere Recherchen korrekt sind, dann ist es deshalb so, weil es drei große Ankäufe gegeben hat - was auch erfreulich ist, was aber sagt: In dieser Post, in diesem Budgetansatz gibt es mehr Geld, aber nicht mehr Geld für laufende Arbeit, sondern für drei sicherlich wichtige Ankäufe.

 

In der Literatur gibt es plus 156 Prozent des Budgets. Wenn wir unseren detektivischen Spürsinn richtig eingesetzt haben, dann sind das genau die 1,5 Millionen EUR für den Umbau der Alten Schmiede. Das ist zwar auch erfreulich, sagt aber nur: Die Erhöhung ist in eine große, wichtige, wertvolle Institution gegangen, und nicht in die Breite der Literatur und des Literaturschaffens in dieser Stadt.

 

Der Tourismus hat durch die erhöhte Ortstaxe im letzten Jahr mehr Geld bekommen, auch einen ziemlich wesentlichen Betrag, und bei den Großveranstaltungen sind jetzt einige wesentliche Posten, unter anderem aus dem Mozartjahr, weggefallen. (GR Ernst Woller: Richtig gerechnet!) Dafür haben aber die Wiener Festwochen plus 770 000 EUR, das Donauinselfest plus 200 000 EUR und das ÖVP-Stadtfest plus 100 000 EUR. - Herr Woller sagt: „Richtig gerechnet.“ Das freut mich. Das wird auch meine Mitarbeiterin Daniela Pirk freuen, die sich da wirklich viel Mühe gemacht hat. Auf diesem Wege: Vielen Dank!

 

Was sagt das aber, wenn wir uns jetzt den letzten Posten anschauen, nämlich jenen der Alltagskultur? Da beginnt sich nämlich langsam ein roter Faden durchzuziehen. Die Alltagskultur: plus 82,3 Prozent, auch fein! Alltagskultur ist etwas, was wir GRÜNE sehr unterstützen, in den Bezirken, vor Ort, lokalbezogene Kultur. Aber wenn wir genauer hinschauen, dann fragen wir uns: wohin ist dieses Geld geflossen?, und stellen fest: in SPÖ-nahe Vereine! In den Verein Stadtimpuls, in Kunst am Grund - ein Verein, bei dem sogar ein hier anwesender Gemeinderat die Unterschrift für die Subvention geleistet hat -, ins Donaukanaltreiben und ins Wiener Volksbildungswerk.

 

Jetzt bin ich durchaus der Meinung, dass das Wiener Volksbildungswerk in den letzten Jahren, sagen wir einmal, Nachholbedarf gehabt hat. Und das Gute ist, dass man versucht, es neu auszurichten. Aber man kann festhalten: Die großen Erhöhungen in der Alltagskultur sind in die großen Vereine, die der SPÖ nahe

 

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