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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 96

 

haben mir zum Beispiel – das ist auch in der Kommission dementsprechend gekommen – gesagt, sie würden einen Schutzraum brauchen, um auszusagen. Sehr geehrte Damen und Herren, diesen Schutzraum haben sie nicht bei der Einvernahme durch Grün oder Schwarz. So viel Schutzraum gibt es nicht, dass er für die Patienten und Patientinnen ausreichen würde. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Sie brauchen niemandem etwas vorzuwerfen!)

 

Sehr geehrter Herr Margulies! Es gibt einen Berufsethos, ja, und das lautet, dass man eine Schweigepflicht hat über eine Geschichte und über entsprechende Krankheits- und Störungsbilder von Patienten, und dieses Berufsethos möchte ich weder brechen noch andere Kollegen und Kolleginnen. Und viele Patienten und deren Angehörige sind nicht darauf erpicht, in so einer Kommission in diesem Ausmaß auszusagen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Sie vernehmen nur die Leute, von denen Sie möchten, dass sie aussagen sollen!) Genau! (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Aber nicht die PatientInnen und die Angehörigen!) Möglicherweise um das Bild zu unterstreichen, welches Sie hier zeichnen. Möglicherweise. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Was soll denn das?)

 

Aber lassen Sie mich zurückkommen. Was ich noch möchte, ist, dass die Veränderungen in der Behandlungsweise von Patienten und Patientinnen immer wieder diskutiert werden. Es gibt weniger Betten, wir haben weniger stationäre Aufenthalte, was meiner Ansicht nach sehr notwendig ist, aber es gibt auch darüber eine unterschiedliche Auffassung. Ebenso diskutieren wir über geschlossene oder offene Psychiatrie. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal auf einer geschlossenen Psychiatrie war und gesehen hat, wie es dort funktioniert zum Teil. Das, denke ich mir, unterstreicht auch das Modell der offenen Psychiatrie, welches wir hier in Wien haben.

 

Ich möchte nicht dieses ewige Hickhack, aber die Missstände, die Sie beschreiben, zeichnen eben dieses Bild, von dem ich am Anfang gesprochen habe. Die schlimmsten Fälle, die wir haben, sind zum Teil, sage ich jetzt einmal, in der Forensik angesiedelt. In der Forensik ist es hauptsächlich so, dass die Menschen nach dem UbG untergebracht sind, zwangsweise untergebracht sind und nicht freiwillig. Immer wieder wird von dieser Seite und heute auch wieder von der grünen Seite behauptet, dass bei den beschränkenden Maßnahmen ein Einzelzimmer eine leichtere Maßnahme oder eine bessere Maßnahme wäre, dann wäre es eine menschenwürdigere Maßnahme. (GRin Dr Sigrid Pilz: Eben keine Einzelzimmer!)

 

Es ist eine beschränkende Maßnahme, und, sehr verehrte Damen und Herren, eine beschränkende Maßnahme ist beschränkend. Das ist auf der Psychiatrie der Fall. Wenn jemand zwangsmäßig auf der Psychiatrie untergebracht ist, dann ist es eine beschränkende Maßnahme, die beschränkend ist. Ich kann mich erinnern, wir sind vor einem Jahr hier gestanden, Frau Kollegin Pilz, da haben Sie die Bilder der Beschränkung mit den Gurten gezeigt. Das war eine Katastrophe. Jetzt haben Sie vielleicht ein bisschen dazugelernt, dass einige Experten gesagt haben, dass die Beschränkungen mit den Gurten notwendig sind. Und jetzt kommen Sie daher und sagen, nein, eine beschränkende Maßnahme sollten diese Zimmer sein.

 

Für mich zeichnet sich dieses Bild, und das möchte ich festhalten: Was von politischer Seite versucht wird, in einer Untersuchungskommission vorzuführen, ist, die Psychiatrie an sich schlechtzumachen. (GRin Karin Praniess-Kastner: Die Missstände aufzuzeigen, die Sie zu verantworten haben!) Und das ist Ihnen gelungen, das ganze Jahr lang in der Untersuchungskommission. Ich bin ja nur froh, dass das die Leute, die auf der Straße sind und die sich für Politik oder für Gesundheitspolitik interessieren, nicht so viel interessiert hat, dass Ihre Skandalisierung kein Gehör findet. Sondern – lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen – die Patienten und Patientinnen – das sind bis zu 2 Prozent der Bevölkerung, die stationär psychiatrisch betroffen sind – sind zufrieden. (GRin Ingrid Korosec: Wenn Sie ihnen die Aussage verweigern!) Diese sind zufrieden. Da können Sie nichts daherreden, Sie können nur sagen – und das ist das Interessante dabei –, dass Sie alles schlecht finden, was hier von Seiten der SPÖ gemacht wird. Sie unterstreichen nicht, was in dem Bericht von uns drinnen steht. Da steht zum Beispiel auch drinnen, dass wir für eine Entstigmatisierungskampagne nicht nur der Psychiatrie, sondern generell von psychischen Erkrankungen sind. Also das finde ich schon sehr interessant, die Oppositionsparteien sind nicht für eine Entstigmatisierung psychisch Erkrankter.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Zu hinterfragen ist auch Ihre Genauigkeit, die Sie bei der Untersuchungskommission angewandt haben, egal, ob es Aussagen der Kollegin Pilz waren oder jetzt hier am Podium Aussagen der Frau Kollegin Korosec. Sie haben hier behauptet, dass Sie nicht alle Unterlagen des KAV bekommen hätten. Sie haben alle Unterlagen bekommen. Alle angeforderten Unterlagen des KAV haben Sie bekommen. Tätigen Sie daher hier nicht unwahre Aussagen. (GRin Ingrid Korosec: Die letzten habe ich nicht bekommen!) Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des KAV haben dieses Jahr sehr viel Arbeit geleistet, um der Untersuchungskommission entsprechende Unterstützung zu gewähren. Und dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Noch ganz kurz, was das Unterbringungsgesetz betrifft und die wirklich herrschenden Zustände auf einer psychiatrischen Station. Immer wieder sind die baulichen Maßnahmen angesprochen worden. Ich war 2004 vor Ort, am Pavillon 10, auf der Akutpsychiatrie. Es ist schon richtig, dass das kein sanierter Pavillon war. Er wird jetzt saniert, und das ist auch notwendig, keine Frage. Das ist ja auch eine Kritik, die absolut angebracht war, und hier wird etwas verändert. Aber nicht nur diese, sondern viele Bereiche wurden verändert. Das ist auf der Forensik so. Da wird der Pavillon 23 umgebaut. (GRin Karin Praniess-Kastner: Aber erst auf Grund der Untersuchungskommission!)

 

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