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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 106

 

Landeshauptmann-Stellvertreter nahelegen, dass er darauf achten soll, dass das ja immer der Fall ist! – Diese Fürsorglichkeit finde ich jedenfalls großartig!

 

Zum Zweiten: Ich darf Ihnen einfach so erzählen, dass der Bürgermeister und die Stadträte in dieser Stadt ungefähr 50 Einladungen pro Tag bekommen. Das hängt mit der Beliebtheit der Stadträte und des Bürgermeisters zusammen. Man sieht sie eben gerne, und deswegen bekommen sie auch so viele Einladungen. Man muss daher logischerweise in Kauf nehmen, dass der eine oder andere enttäuscht oder böse ist, wenn man einer Einladung nicht nachkommen kann.

 

Jedenfalls erfordert das aber ein gewisses Timemanagement. Im Hinblick darauf habe ich mich entschieden, dass bei dieser Grundsteinlegung, deren Wert ich gar nicht hoch genug einschätzen kann, die zuständige Stadträtin mich und die Stadt vertritt. Und ich bin mir sehr wohl der mit diesem Projekt verbundenen Investitionen bewusst, und ich habe im Vorfeld, neben der verantwortlichen Stadträtin, auch eine ganze Menge an Arbeit dafür mit geleistet.

 

Diese Entscheidung habe ich also getroffen und bin zu der Veranstaltung zur Enthüllung der Che Guevara Büste gegangen, und zwar nicht zuletzt vor dem Hintergrund dessen, dass dort die Botschafter nahezu aller lateinamerikanischen Länder anwesend waren und das sohin nicht irgendein zu vernachlässigender Event oder irgendeine Huldigung oder dergleichen war. Ich meine, dass man als Bürgermeister auch in einem solchen Rahmen auftreten sollte, und daher habe ich mich so entschieden, und es wurde damit mit Sicherheit den wirtschaftlichen Interessen dieser Stadt kein Abbruch getan, ganz im Gegenteil!

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn GR Hoch gestellt. – Bitte.

 

GR Alfred Hoch (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Ich bin jetzt etwas verwundert, wenn auch nicht überrascht über Ihre Antwort, in der Sie Ihre Entscheidung damit begründen, dass Sie eine Vielzahl von Einladungen pro Tag bekommen und Ihre Wahl eben letztlich auf die Enthüllung einer Büste eines Politikers gefallen ist, der von Anfang an der Errichtung einer kommunistischen Einparteidiktatur in Kuba beteiligt war, in der abweichende Stimmen rücksichtslos zum Schweigen gebracht wurden, und der auch Josef Stalin verehrt hat. Sie haben diese Veranstaltung einer Grundsteinlegung für ein – wie Sie sagen – enorm wichtiges Projekt für die ganze Südregion Wien vorgezogen, von dem nicht nur Favoriten, sondern auch Simmering oder Meidling profitieren werden. Im Hinblick darauf wundert es mich schon, dass Sie Ihr Nichterscheinen einfach nur mit einer Vielzahl von Einladungen, die Sie stets erhalten, begründen. Einige dort anwesende Investoren waren natürlich sehr enttäuscht, zumal Sie eindeutig auf der Einladung als jener ausgewiesen waren, der dort – unter Anführungszeichen – den Grundstein legen.

 

Daher meine Frage: Was muss passieren, damit Sie bei der Eröffnung dieser neuen Therme Oberlaa, die ungefähr 2010 stattfinden wird, anwesend sein werden?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister!

 

Bgm Dr Michael Häupl: Herr Gemeinderat! Die Eröffnung selbst muss passieren! Bei dieser Eröffnung werde ich selbstverständlich dabei sein. Ich werde Ihnen meine Anwesenheit bei der Eröffnung der Therme Oberlaa nicht ersparen. Ich sage jetzt schon, dass es mir eine Freude sein wird, dabei anwesend zu sein.

 

Ich bitte Sie aber, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich nicht nur gesagt habe, dass ich eine Vielzahl von Einladungen erhalte, sondern dass ich Ihnen auch gesagt habe, dass bei der Veranstaltung, für die ich mich entschieden habe, nahezu alle Botschafter der lateinamerikanischen Länder anwesend waren, und zwar völlig unabhängig von ihrer Gestion. Der Großteil der Länder Lateinamerikas sind heute demokratische Länder, die die Diktatur überwunden haben, wie etwa Chile oder auch Argentinien. Ich glaube, es kann da gar kein Missverständnis über meine demokratische Grundgesinnung und meine ablehnende Haltung gegenüber kommunistischen Diktaturen geben.

 

Vielmehr geht es dabei darum, wie man mit einem Mythos umgeht. In diesem Park haben auch Leute wie Simon Bolivar und andere ihre Denkmäler, und man muss eben den Mythos erkennen, der weit abgehoben ist von der Realität, und diesem entsprechend Rechnung tragen und damit umgehen. Das habe ich dort auch verbal unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, und das steht im Gegensatz zu den Zitaten, die mir später in dem einen oder anderen Medium unterschoben wurden. Aber das kennen Sie ja auch, auch Ihnen werden Zitate unterschoben, wie ich höre.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2. Zusatzfrage wird von GR Mahdalik gestellt.

 

GR Anton Mahdalik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Bei der Eröffnung haben Sie der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass jeder von uns ein bisschen Che Guevara im Herzen tragen sollte oder soll. – Diesen Gefallen kann ich Ihnen nicht tun! Ich habe zwar der Zeremonie beigewohnt, allerdings nicht in den Reihen der Jubelnden, sondern in den Reihen der Bürger, die sich über die offizielle Eröffnung durch den Bürgermeister der Stadt Wien betroffen gezeigt haben. Und Sie werden mir nicht böse sein, dass ich nicht ein bisschen Che Guevara im Herzen trage, denn ich möchte die Geisteshaltung, die mit 135 nachgewiesenen Morden, der Inhaftierung von Homosexuellen, der Errichtung von Arbeitslagern und Folterungen in Zusammenhang steht, weder in meinem Kopf noch in meinem Herzen tragen!

 

Im Hinblick auf die Medienberichterstattung über die Enthüllung der Che Guevara-Büste durch den Bürgermeister der Stadt Wien sind natürlich viele besorgte Bürger an mich herangetreten und haben gefragt, ob vielleicht demnächst auch Stalin, Pol Pot, Ho Chi Minh oder sonstige Massenmörder ein Denkmal im Donaupark bekommen, eventuell vielleicht auch Ulrike Meinhof, Andreas Baader und Gudrun Ensslin. – Ich habe gesagt,

 

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