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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 01.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 72

 

reichen. Es hätte gereicht, wenn in der ÖVP in der letzten Regierung mindestens drei Minister oder Ministerinnen zurückgetreten wären und es hätte gereicht, wenn in den vergangenen fünf Jahren auch in Wien zumindest zwei verantwortliche Stadträte und Stadträtinnen den Hut genommen hätten.

 

Gut, es ist ein Vorrecht der Opposition, Sachen zu fordern, aber bei der politischen Kultur, die vom Kollegen Neuhuber eingefordert wurde, würde ich mir wünschen, dass die ÖVP sie selbst lebt. Ich meine, ich kann mich noch erinnern, wie der Minister Grasser mit Händen und Füßen gestützt wurde. Es war vollkommen egal, was alles nachgewiesen worden war, wie in der Eurofighter-Debatte agiert wurde. Entschuldigung, in jedem anderen Land außer Italien wären in der vergangenen Regierung mindestens drei Leute gegangen! In Italien sind wir das gewohnt und mittlerweile in Österreich auch.

 

Aber jetzt kommen wir zurück und bringen die Sache tatsächlich auf den Punkt. Wir haben einen mehr oder weniger schönen Prater-Vorplatz. Wie gesagt, darüber haben wir tatsächlich in der Sondersitzung schon genug gesprochen und um das geht es jetzt überhaupt nicht. Was wir tatsächlich haben, ist eine immense Kostenüberschreitung und eine Auftragsvergabe, bei der es in Wirklichkeit zuvor keine Ausschreibung gegeben hat, sondern es war eine relativ freihändige Auftragsvergabe. Wir haben ein Konkursverfahren und niemand ist verantwortlich und schon gar niemand ist politisch verantwortlich. Okay, wenn man diese Kultur einreißen lassen möchte, ist das ja in Ordnung. Es ist nicht die grüne Kultur. Es ist im Normalfall, wie gesagt, wenn die SPÖ in Opposition ist, auch nicht die politische Kultur der SPÖ, sondern sie ist es immer nur dann, wenn die SPÖ in der Regierung ist.

 

Frau Kollegin Laska, ich nehme jetzt einmal alles so, wie Sie es sagen. Ich unterstelle Ihnen ganz bewusst in dem konkreten Fall und auch in vielen anderen Geschichten nichts. Es gibt keine Freunderlwirtschaft, lassen wir das weg. Es wird alles kontrolliert und ich unterstelle nicht, wie es, glaube ich, ebenfalls der Kollege Neuhuber gesagt hat, dass Sie ein Konzept haben, mit Steuergeldern sorglos umzugehen. Denn hätten Sie ein Konzept, dann könnte man das ja ändern! Das Problem ist, es passiert! Es passiert in unglaublich vielen Bereichen in dieser Stadt! Und das als Vorbemerkung nehmend, möchte ich auf Ihren Zwischenruf, den Sie meiner Kollegin Gretner gegeben haben, tatsächlich antworten. Sie haben gefragt: Sind Sie offensichtlich nicht in der Lage oder sind Sie tatsächlich nicht in der Lage, Ihre Schwierigkeiten und diese Art des Politikmachens und in dem Fall ganz konkret die Abwicklung des Riesenradvorplatzes zu bewältigen? Angesichts einiger Punkte komme ich am Ende meiner Rede auch zu dieser Antwort.

 

Im Jahr 2003 hatten wir im Sozialbereich eine gänzlich falsche Budgetierung, die dazu geführt hat, dass in Wirklichkeit Kürzungen im Sozialbereich geplant waren. Erst als die GRÜNEN aufgedeckt haben, was da passieren soll, sind Finanzmittel nachgeschossen worden und der Sozialbereich wurde ausgegliedert und von der StRin Laska zunächst einmal zur StRin Pittermann geschoben.

 

In den Jahren danach haben Sie die Schulsanierung verschlafen, bis den Menschen fast sprichwörtlich die Ziegeldecken auf den Kopf gefallen sind. Bei der EURO 2008 hat man mit dem Hanappi-Stadion einen Riesenbock geschossen. Die Ankündigung der Gesamtschule ist bis heute nicht wirklich umgesetzt und beim Riesenradvorplatz haben wir wieder ein finanzielles Desaster.

 

Liebe Grete Laska! Es tut mir leid, ich unterstelle nichts Böses, aber ich bin nicht der Meinung, dass es offensichtlich so ist, dass Sie nicht in der Lage sind, den einen oder anderen Punkt, für den Sie Verantwortung tragen, umzusetzen, sondern ich bin tatsächlich der Meinung, dass Sie tatsächlich nicht in der Lage sind, ihn weiter umzusetzen. Und in diesem Sinne stellen wir den Misstrauensantrag und hoffen, einer politischen Kultur folgend, dass für politische Fehler auch Verantwortung übernommen wird und dieser Antrag auch durchgeht. - Ich danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Der nächste Debattenbeitrag kommt von Herrn Dr Aigner. Ich bitte ihn zum Rednerpult.

 

GR Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die Tatsache, dass in zwei aufeinanderfolgenden Gemeinderatssitzungen ein Misstrauensantrag gegen dieselbe Stadträtin eingebracht wird, ist etwas, was nicht alltäglich ist und die Opposition hat es sich diesbezüglich auch nicht leicht gemacht, zu diesem schärfsten Instrument zu greifen. Allein das Ausmaß des Debakels und die Art und Weise, wie darauf nicht reagiert wird, macht es erforderlich, diesen Misstrauensantrag abermals einzubringen (Beifall bei der ÖVP.), wobei uns genau bewusst ist, dass es hier nicht nur um die Frau Vizebürgermeisterin geht. Es ist ein Problem des Herrn Bürgermeisters und der gesamten Stadtregierung. Wir haben es schon notiert, dass zur Verteidigung der Frau Vizebürgermeisterin keine anderen Stadträte ausgerückt sind und dass es der Herr Bürgermeister gar nicht der Mühe wert findet, hier im Gemeinderat dabei zu sein und auch selbst das Wort zu ergreifen und zu erklären, wo die vielen Millionen hingegangen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Ich habe mich schon gefreut, als mich vor zwei, drei Wochen an einem Samstag am Nachmittag der Herr Bürgermeister persönlich angerufen hat. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ach so? Wieso denn?) Als Gemeinderat ist das ja nicht etwas Alltägliches, dass man auf einmal den Herrn Bürgermeister am Telefon hat. Es war kein wirklicher Dialog, es war ein bissel ein Monolog, aber immerhin, die Stimme des Herrn Bürgermeisters hat etwas Angenehmes. Aber viel besser, als dass der Herr Bürgermeister Gemeinderäte auch zu Hause anruft, wäre es, er würde uns im Gemeinderat zuhören und Rede und Antwort stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Problematik der Firmengeflechte ist ja schon

 

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