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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 126

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Diesem Transparenzverständnis können wir uns nicht anschließen! Und das setzt sich auf vielen verschiedenen Ebenen der Kulturpolitik fort. Wenn es um ausgegliederte Betriebe wie etwa die Vereinigten Bühnen geht, dann müssen wir auf Grund eines Kontrollamtsberichtes feststellen – der wie immer ein exzellenter Bericht ist –, dass die Vereinigten Bühnen die Chuzpe haben, zwei verschiedene Budgets vorzulegen, eines dem Aufsichtsrat und eines dem Gemeinderatsausschuss. Und da verändert sich plötzlich ein Defizit in eine notwendige Aufwendung für eine Produktion!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Form der Intransparenz halten wir für mehr als problematisch! Da werden, zum Beispiel in der Szene Wien, über den Kopf von Menschen hinweg Entscheidungen getroffen, und parteinahe Freunde installiert, anstatt dass man qualifizierte Leute arbeiten lässt!

 

Auch dort, wo es einen veritablen Kulturskandal gegeben hat, nämlich beim International Theater, ist man so vorgegangen: Man hat versucht, an uns vorbei zu schwindeln, dass hier einiges im Argen liegt. Man hat einen Gemeinderatsantrag so formuliert, dass wir unmöglich wissen konnten, dass hier einiges im Argen liegt, und hat ihn ganz schnell, noch bevor der Kontrollamtsbericht vorlag, der das alles aufgedeckt hat, in den Gemeinderatsausschuss geschickt. Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist Irreführung, das ist Intransparenz, und das ist unserer Meinung nach einer Demokratie nicht würdig!

 

Warum gibt es also den Bericht erst wenige Stunden vor der Debatte? Warum lässt sich in diesem Bericht nicht nachvollziehen, wer eigentlich welche Entscheidungen getroffen hat? Sie wissen, dass wir seit einigen Jahren sehr akribisch verfolgen, wer in der Theaterreform bei den Subventionen der darstellenden Kunst welche Entscheidungen trifft. Und jedes Jahr müssen wir aufs Neue feststellen, dass der Kulturbericht es uns einigermaßen schwer macht, das nachzuvollziehen, was uns nur den Schluss übrig lässt, dass hier jemand etwas zu verbergen hat!

 

Statt auf Veränderungen in der Stadt zu reagieren, zum Beispiel bei der Frage des Interkulturellen, sind die Subventionen für das Interkulturelle in den letzten Jahren gleich geblieben. Das ist schade, das ist bedauerlich, und das entspricht auch nicht mehr dem, was sich in dieser Stadt entwickelt und tut. So sollten zum Beispiel die kleinen, wendigen Off-Theater genauso stark gefördert werden wie die großen Tanker, wo doch sogar der Kulturmonitor von IFES 2007 deutlich zeigt, dass die Leute mehr in Off- und Alternativtheater gehen als in die großen Landes- und Bundestheater. Das können Sie in der Studie nachlesen, die man von der Website des IFES downloaden kann. Sie bringt das überraschende Ergebnis, dass diese Ungleichbehandlung wohl nicht mit Publikumszuspruch zu argumentieren ist.

 

Ich komme jetzt noch zu einem Thema, das uns GRÜNEN besonders am Herzen liegt, nämlich zum Film: Der Film und die österreichische Filmwirtschaft haben in den letzten Monaten und Jahren große Erfolge gehabt, auch bei internationalen Festivals und vor allem auch beim Publikum. So gab es nicht zuletzt auch einen Oscar für Stefan Ruzowitzky für seinen Film „Die Fälscher“.

 

Es wurde in den letzten Monaten immer wieder darum debattiert, die Mittel für den Film zu erhöhen, denn diese sind genauso wie die Mittel für die vielen Kleinen bei einer Summe von etwa 8 Millionen EUR im Jahr eingefroren, und dadurch ist es natürlich jedes Jahr real weniger. Wir GRÜNEN treten seit Jahren für eine Erhöhung dieses Filmbudgets ein. Wir glauben, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, und bringen deshalb einen Antrag betreffend die Erhöhung der Subventionsmittel der Filmförderung ein:

 

„Der amtsführende Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge die Subventionsmittel für den Film um 54 Prozent erhöhen. Die hiezu nötigen Mittel sollen aus dem laufenden Kulturbudget für Entwicklung, Herstellung und Vertrieb österreichischer und in Wien hergestellter internationaler Filmproduktionen bereitgestellt werden.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrags.“

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Film braucht mehr Geld, die Kultur braucht mehr Geld, die Kleinen brauchen mehr Geld, nicht aber die Parteien. Es geht hier nicht um parteinahe Förderungen und Finanzierungen für Vereine, die im Dunstkreis von ÖVP, SPÖ und FPÖ arbeiten. Kultur sollte unabhängig davon stattfinden können! Dafür werden wir uns einsetzen. Und wir hoffen, dass auch die SPÖ spätestens nach ihrem nächsten großen Wahlmisserfolg eines Besseren belehrt wird! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort ist Herr GR Dr Wolf.

 

GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

230 Millionen EUR gab es für die Wiener Kultur. Das ist um 11 Prozent mehr als veranschlagt. Das ist gut, und das wird die Mehrheitsfraktion wieder zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Meine Damen und Herren! Im Schönreden sind Sie ja Weltmeister, und Sie werden das zum Anlass nehmen, sich in üblich provinzieller Art wieder selbst zu loben.

 

Ich will gar nicht darauf eingehen, was ein Budget wert ist, das locker um 11 Prozent überschritten wird. Entweder ist die Budgetplanung oder die Budgetabwicklung unseriös, es gibt keine andere Möglichkeit! Das sind wir hier aber ohnehin gewohnt, dass das Budget mit der Realität wenig zu tun hat. Budgetwahrheit, Budgetklarheit und Transparenz werden bekanntlich nicht gewahrt.

 

Das bringt mich zum Kulturbericht und auch zum Wissenschaftsbericht der Stadt Wien 2007. Diese wurden, wie schon gesagt, wenige Minuten vor Beginn der Debatte vorgelegt, und zwar offenbar mit der Absicht, dass nicht zu lange darüber diskutiert wird. Man kann sich das ersparen, weil das, was hier aufwändig dargestellt wird, ohnehin bekannt ist: Es gibt mehr Geld für die Wiener Kultur. Das ist gut. Aber wesentlich ist in diesem

 

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