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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 126

 

SPÖ.)

 

Die Bezirksbudgets wurden heute auch schon erwähnt. Wenn ich mir das anschaue, dann muss ich feststellen: Man gibt den Bezirken nicht wirklich gerne Geld, sondern man macht sie zu Bittstellern. Am liebsten ist es euch, wenn man auf den Knien gerutscht kommt und für ein Projekt um Geld bittet! Und das, meine Damen und Herren, im 21. Jahrhundert! Hin und wieder komme ich mir da vor, als würden wir unter der Feudalwirtschaft des vorvorletzten Jahrhunderts leben! – Danke, SPÖ Wien! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Auf dem Arbeitsmarkt hatte Wien vor 20 Jahren eine niedrigere Arbeitslosenrate, als es dem österreichischen Schnitt entsprach. Manche Damen und Herren hier werden sich vielleicht noch daran erinnern. Und es ist nicht gottgegeben, dass Wien unter allen Bundesländern seit Jahren die höchste Arbeitslosenrate aufweist, auch wenn die letzten Trends deutlich besser waren. Das liegt jedenfalls in der Verantwortung der SPÖ, auch wenn sie nichts davon wissen will!

 

Aufschlussreich ist auch der Vergleich mit anderen europäischen Städten. Wien rangiert EU-weit im letzten Drittel. (GR Franz Ekkamp: Was ist mit Köln? Dort beträgt die Arbeitslosenrate 11,3 Prozent! Dort regiert die CDU!) Herr Kollege! Darüber können wir auch noch einmal diskutieren. Jedenfalls sind aber die Arbeitslosenraten in Budapest, Bratislava oder Prag nur halb so hoch wie in Wien! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Leider ist Wien dank der SPÖ anders. (Zwischenruf von GR Franz Ekkamp.) Ja, das stimmt!

 

Eine Trendwende ist leider nicht absehbar. Innovation, Forschung und Entwicklung werden von der Stadtregierung vernachlässigt. Was nützt eine Forschungs- und Entwicklungsstrategie, wie sie 2007 erarbeitet wurde, wenn die konkreten Maßnahmen und die Umsetzung fehlen? (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das Forschungsinstitut Feri hat anhand der Parameter Wachstum, Beschäftigung et cetera die Top-10-Städte Europas der Zukunft gekürt. Das Ergebnis ist eigentlich nicht überraschend: München zählt ebenso zu den Top 10 wie Budapest und Prag. Wien belegt in dieser Rangliste den bescheidenen 35. Platz. – Und wir geben uns jedenfalls nicht zufrieden mit diesem Platz, sondern wir wollen Wien auf dem 1. Platz sehen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Es gibt jetzt eine interessante Broschüre der MA 5. Manche Auguren in diesem Hause behaupten, dass sie zumindest in einem Bezirk nur an die SPÖ-Mitglieder verschickt wurde. Das kann ich nicht nachvollziehen und verifizieren, aber das ist ganz interessant! (GRin Mag Waltraut Antonov: Wir haben es auch bekommen!) Das ist erfreulich! Sehr gut!

 

Blättern Sie sich das durch: „2008 in Zahlen“! – Erstaunlich ist nur, dass man in einem solchen Wirtschaftsprospekt das Donauinselfest bewirbt. Ich weiß auch, dass wir für das Stadtfest Geld bekommen, aber für das Donauinselfest gibt es doppelt so viel Geld. Und ich frage ich mich: Was hat das mit einer Wirtschaftsbroschüre zu tun?

 

Viel spannender sind aber andere darin angeführte Daten. – So ist etwa die Anzahl der Kinder von 2006 auf 2007 gestiegen. Trotzdem haben die Kinderkrippen und Kindergärten ein Minus zu verzeichnen. Das ist ganz interessant! Beim durchschnittlichen Jahresnettoeinkommen der unselbstständig Beschäftigen liegt Wien auf dem 4. Platz, sogar Eisenstadt liegt vor Wien. Das ist auch interessant zu sehen! Da können wir jetzt auch über das Niveau diskutieren!

 

Interessant sind auch die Informationen über die Breitbandverbindungen zum Internet. Die Stadt Wien hat sich immer gerühmt, wie viel in diesen Bereich investiert wurde und wie toll das Netz ist. Und wo liegen wir jetzt? – Wir liegen hinter den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland und dem Vereinigten Königreich nur auf Platz 6. Das ist auch interessant für eine Stadt, die sich eine Weltstadt nennen möchte! – Man kann sich da also interessante Dinge anschauen, wenn man die Broschüre, wie gesagt, zugeschickt bekommt.

 

In dieser Broschüre ist übrigens auch der Weinbau erwähnt, Herr Ekkamp. Man sieht arbeitende Menschen im Weinberg. Sie arbeiten für die Kulturlandschaft dieser Stadt.

 

Lassen Sie mich zum Abschluss noch zwei, drei Punkte anbringen, die mir wichtig sind. Wofür steht Wien eigentlich? Was ist unsere USP? Was sind die typischen Merkmale? Ist es die Kultur? Die Wirtschaft kann es wohl nicht sein, denn sonst wären wir dort überall auf Platz 1! Die Verwaltungsmodernisierung ist bis heute nicht weiter fortgeschritten. Die Vernetzung zwischen Stadt und Wirtschaft, also die Public Private Partnership, ist in Ansätzen vorhanden, aber bei Weitem nicht ausgereift, und Kooperationen über die Stadtgrenzen hinaus sind Mangelware. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Mit Pröll?!) Es muss nicht unbedingt Pröll sein! Ich denke jetzt aber beispielsweise an Gerasdorf, wo es bekanntlich einen SPÖ-Bürgermeister gibt, und wie wir alle wissen, wird es dort demnächst ein riesiges Einkaufszentrum geben. Da frage ich mich schon, warum man da nicht besser kooperieren kann! (Zwischenruf von GR Mag Thomas Reindl.) Man könnte ja zum Beispiel Regionalparlamente andenken, Herr Kollege Reindl, um für die Wirtschaftsregion etwas zu tun. Und es gäbe noch viele Beispiele. (Zwischenruf von GR Franz Ekkamp.)

 

Herr Kollege Ekkamp! Sie wissen: Stadtluft macht normalerweise frei, überhaupt wenn ich auf dem Nußberg stehe und auf die Stadt schaue. Das gebe ich zu! Ich meine aber, Wien ist heute ein bisschen einengend und stickig, und Freiheit und Fortschritt brauchen Platz, nicht Freunderlwirtschaft. Solche Überlegungen wünsche ich mir, und zwar vor allem von Ihnen! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu Wort gemeldet ist nun Frau GRin Mag Krotsch.

 

GRin Mag Nicole Krotsch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

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