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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 89

 

umfasst das voll. Der Tatbestand heißt nicht „Zwangsehe“, aber das wurde bereits berücksichtigt. Herr Klubobmann! Bevor du drüben anrufen lässt, darf ich dir sagen: Die ÖVP hat im Nationalrat alle diesbezüglichen Anträge der FPÖ gemeinsam mit der SPÖ immer abgelehnt oder vertagt, indem man gesagt hat, dass es das ohnedies schon gibt und ein neuer Titel nicht mehr Abschreckung oder Veränderung bringt. Deshalb werden wir auch diesen Antrag ablehnen, weil das, wie gesagt, ohnehin schon strafgesetzlich geregelt ist. – Das Problem an sich ist aber natürlich ernst, und wir nehmen es auch sehr ernst.

 

Ich glaube, ich habe keinen Antrag vergessen. Zu den spezifisch frauenpolitischen Anträgen wird Frau Kollegin Wehsely und zu den spezifisch jugendpolitischen Themen wird Kollege Baxant Stellung nehmen.

 

Deshalb kann ich langsam schließen: Wir müssen uns natürlich ernsthaft mit den neuen Formen der Jugendgewalt auseinandersetzen. – Wenn Präsident Jesionek sagt, dass es heute wirklich schon so ist, dass Leute auch auf Wehrlose hintreten, was es früher nicht gegeben hat, dann hat das natürlich Gewicht. Man muss allerdings hinzufügen: Wenn man Jesionek glaubt, dann muss man auch für seine Methoden eintreten, und Jesionek sieht sicherlich nicht in der Hinaufsetzung von Strafhöhen eine Lösung! Vielmehr muss man da wirklich viel umfassender an das Problem herangehen, denn es gibt neue Formen der Gewalt.

 

Ich habe vor Kurzem mit Vertretern von „Neustart“ gesprochen. Diese sagen, dass es grundsätzlich nicht mehr Gewalt als früher, aber andere Formen von Gewalt gibt, insbesondere die absolut sinnlose Gewalt. Diesem Phänomen gegenzusteuern, ist natürlich unsere Aufgabe, und das muss hier auch geschehen, auch wenn das ein internationales Phänomen ist. Letzteres hat Österreich und Wien erreicht, und wir alle müssen dafür sorgen, dass es zurückgedrängt wird.

 

Wir müssen mit einem Bündel von Maßnahmen dagegen arbeiten, und zwar vor allem mit strukturellen Maßnahmen. Wichtig dabei sind, wie ich wiederholen möchte, Arbeit, Bildung, Chancengleichheit, Partizipation, Prävention sowie – wenn schon Tathandlungen gesetzt wurden – Sozialtherapie, Antigewalttraining, außergerichtlicher Tatausgleich, Diversion, Forcierung gemeinnütziger Leistungen, Haftstrafen bei Jugendlichen nur bei schweren Fällen und konsequentes Vorgehen der Behörden. Konsequent muss aber auch die Gesellschaft insgesamt sein, und es ist durchaus auch die Zivilcourage jedes Einzelnen erforderlich.

 

Hinzufügen möchte ich: Es ist nicht möglich, die Jugendkriminalität ganz zu beseitigen. Das wird nie möglich sein. Anzustreben ist jedoch, dass diese so weit wie möglich zurückgedrängt wird. Wichtig ist vor allem, dass die Ursachen so weit als möglich beseitigt beziehungsweise bekämpft werden, damit Wien weiterhin eine der sichersten und lebenswertesten Städte dieser Welt bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Matiasek. Ich weise darauf hin, dass die Redezeit ab jetzt 20 Minuten beträgt. – Bitte.

 

GRin Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es ist traurig, dass es jedes Mal einen sehr tragischen Anlassfall geben muss, damit Themen vor allem im Bereich der Kriminalität und Kriminalitätsbekämpfung diskutiert werden. Ich glaube, darin sind sich im Prinzip alle einig. Leider verhält es sich aber so – und ich glaube, das wird auch in Zukunft so bleiben –, dass es immer wieder einen tragischen Auslöser oder mehrere tragische Anlassfälle geben muss, die wir alle sehr bedauern, damit ein bestimmtes Thema, das schon lange unter den Nägeln brennt, besprochen wird.

 

Ich meine, es ist gut, dass wir heute das Thema Jugendkriminalität ins Zentrum dieses Tagesordnungspunktes gerückt haben. Es ist richtig und wichtig, darüber zu sprechen, ich denke aber, dass man, wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut, vor allem von Seiten der Stadtregierung schon viel öfter, viel mehr und viel intensiver und nachhaltig auf diese Entwicklungen reagieren müssen hätte, die sich – wie schon erwähnt wurde – auf der ganzen Welt oder in sehr vielen Bereichen der Welt, aber auch hier bei uns in Wien abspielen.

 

Ich darf gleich auf meinen Vorredner Dr Stürzenbecher antworten. Er meint, es wäre der Jugendgerichtshof gewesen, der eine Ausweitung der Jugendkriminalität in großem Maß verhindert hätte. Herr Kollege Stürzenbecher! Sie sprechen einerseits von einer internationalen Entwicklung, auf der anderen Seite schieben Sie das Ansteigen der Jugendkriminalität in Wien darauf zurück, dass der Jugendgerichtshof in dieser Form nicht mehr existiert. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das war ein Faktor! Das ist aber nicht alles!)

 

Diese Argumentation ist nicht zulässig! Das widerspricht sich! Selbstverständlich muss man Jugendkriminalität separat für sich behandeln. Aber es ist mit Sicherheit nicht die Auflösung des Jugendgerichtshofs die Ursache dafür, dass wir die Entwicklungen, die sich in Wien in den letzten Jahren zeigen, vorfinden, nämlich insbesondere eine veränderte Kriminalität unter Jugendlichen. Es wurde schon angesprochen, dass es jetzt zu stark erhöhter Brutalität bei der Ausführung der einzelnen Taten kommt, und das hat natürlich unterschiedliche Ursachen.

 

Ich möchte zuerst aber auch noch auf den eigentlichen Akt betreffend die Subvention an die Wiener Frauenhäuser zu sprechen kommen. Ich stehe nicht an zu sagen, dass das eine wichtige Einrichtung in dieser Stadt ist. Es ist traurig, dass wir so viele Betreuungsplätze brauchen und ein so großer Betreuungsaufwand überhaupt notwendig ist. Das ist jedoch Tatsache, und ich konnte mich auch selbst davon überzeugen, dass in den Wiener Frauenhäusern sehr gut gearbeitet wird, weshalb ich dieser Institution meinen Dank und meine Wertschätzung ausspreche.

 

Das Ganze ist ja untrennbar miteinander verbunden, denn die negative Karriere eines späteren Täters beginnt

 

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