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Gemeinderat, 31. Sitzung vom 29.02.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 95

 

Demokratieverständnis hinterfragen lassen.

 

Zum konkreten Fall: Buch und Stück - die ich im Unterschied von den meisten, die darüber reden, mit meinen Kindern gesehen und gelesen habe - sind eine reizende, bunt gestaltete, sehr einfache Liebesgeschichte, die allen, die ihrer teilhaftig werden, gut gefällt. In Programmankündigungen des Dschungel-Theaterhauses für junges Publikum ist ausdrücklich darauf hingewiesen, worum es sich bei diesem Stück handelt. Es wird also weder jemand gezwungen, dort hinzugehen, noch kann man über den Inhalt überrascht werden. Darüber hinaus werden auch begleitende Veranstaltungen angeboten.

 

Wenn Sie Prof Max Friedrich zitieren, der – wörtlich - nichts von einer solchen Form von Theaterkultur hält, dann halte ich dem nur den Kinderpsychiater Prof Dr Ernst Berger, Leiter der Abteilung für Jugendpsychiatrie des Psychosozialen Dienstes der Stadt Wien entgegen, der gesagt hat, dass das Stück sehr wohl für Kinder ab sechs Jahren geeignet sei. Der Unterschied zwischen den beiden: Prof Berger hat das Stück auch tatsächlich gesehen.

 

Wenn Sie mich fragen, warum dieses Stück von der Stadt Wien subventioniert wird, dann sage ich Ihnen ganz einfach: Weil es eine hervorragende, qualitativ hoch stehende Theaterproduktion ist, die sehr gut bei den Kindern ankommt. Und diese Einschätzung kann ich aus eigener Wahrnehmung bestätigen.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke, Herr Stadtrat. - Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn GR DDr Schock gestellt. - Bitte schön.

 

GR DDr Eduard Schock (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Stadtrat! Sie haben einmal zu diesem Thema in der Presse gemeint, Ideologie hat in einem Kindertheater nichts verloren. – Und das ist es eigentlich genau, was viele Eltern, die Kinder haben, aufregt: Dass hier in einem hoch subventionierten Kindertheater - und das ist ja eben der Punkt - eigentlich Parteiideologie transportiert wird und dass hier auch die Homosexualität verherrlicht wird. Denn, Herr Stadtrat, was ist es denn anderes als das? Wenn hier ein Theaterstück gezeigt wird, und als Happyend am Schluss wird dann die gleichgeschlechtliche Beziehung von Mann zu Mann als beste, erstrebenswerte Lösung den Kindern angeboten, dann ist das ja genau Parteiideologie. Und wir meinen eben, dass Ideologie in einem solchen Kindertheater ganz sicher nichts verloren hat.

 

Aber jetzt noch einmal zur Frage: Sie haben ja die einschlägigen Experten zitiert, und da gibt es unterschiedliche Fachmeinungen. Der sehr renommierte Kinderpsychiater Max Friedrich hat, wie Sie bereits festgestellt haben, eben dieses Theater kritisiert und hat gemeint, in diesem Alter ist es auf Grund der Entwicklung absolut verfrüht, auf dieses Thema einzugehen. - Wenn ich mich an die Zeit, als ich sechs Jahre alt war, zurück erinnere, dann habe ich mich damals für meine Spielsachen interessiert und habe langsam angefangen, Fußball zu spielen. Möglicherweise waren Sie frühreifer als ich, aber ich frage Sie noch einmal: Glauben Sie wirklich, dass ein solcher Inhalt für Kinder mit sechs Jahren geeignet ist?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Herr Gemeinderat, zwei Antworten: Nummer 1: Sie teilen mit Prof Friedrich das Schicksal, dass Sie über etwas sprechen, was Sie nicht gesehen haben. Also woher Sie sich ein Urteil anmaßen über etwas, was Sie nicht kennen, bleibt mir schleierhaft. Ich halte es auch für ein bisschen merkwürdig, dass man über das spricht. Und daher halte ich das, was Sie tun, für Ideologie - und nicht die Tatsache, dass Homosexualität in einem Kindertheaterstück thematisiert wird.

 

Noch einmal: Hätten Sie es gesehen, dann würden Sie sicher nicht über ideologische, parteipolitische oder sonstige Inhalte eines Stücks sprechen, die dieses einfach nicht hat. - Aber das gehört ein bisschen zu Ihrem Stil und dem Ihrer Partei, über Dinge zu reden, die Sie weder kennen noch davon eine Ahnung haben. (Beifall von Gemeinderäten und Gemeinderätinnen der SPÖ sowie von GRin Mag Alev Korun.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn GR Schreuder gestellt. - Ich bitte darum.

 

GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Erlauben Sie mir nur kurz eine kleine Anmerkung: Kollege Schock scheint übersehen zu haben, dass es in diesem Stück, auch wenn man von der Homosexualität spricht, nicht um Sexualität, sondern um Liebe geht. Und wenn es um die Liebe geht, ist es allen Menschen immerhin zumutbar, sich auch an die verschiedenen Liebesformen, die es so gibt, zu gewöhnen. Denn das, was Sie tun, Herr Dr Schock, das bedeutet, es zu verstecken, es nicht öffentlich zu machen - und das bedeutet, Jugendliche, wenn es dann so weit ist, wirklich in eine Krise zu stürzen. Sie gefährden die Jugendlichen - und nicht ein Kindertheaterstück.

 

Nun zur Frage: Kulturpolitik ist ja auch immer Gesellschaftspolitik. Kultur hat auch die Aufgabe, Themen anzugreifen, Themen zu kommunizieren in einer interessanten, spannenden Form und in einer Auseinandersetzung. Lesben, Schwule und Transgender sind natürlich auch ein Teil der Gesellschaft und ein Teil der Wiener Kultur. Wir haben „Identities“ – das ist mittlerweile das zweitgrößte Filmfestival Wiens -, es gibt die „Qwien“, und es gibt den Plan, am Morzinplatz den „Rosa Platz" zu entwickeln, ein Mahnmal gegen die Verfolgung von Lesben, Schwulen und Transgendern während der NS-Zeit. Ich habe ein bisschen gehofft, dass dieser Platz im Gedenkjahr eröffnet werden würde. Meine Frage: Wann wird es denn so weit sein?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Herr Gemeinderat!

 

Diese Hoffnung habe ich geteilt und teile ich mit Ihnen. Die Schwierigkeiten in der technischen Umsetzung des geplanten Denkmals und jenes Entwurfs, der in der Ausschreibung gewonnen hat, sind größer, als wir sie

 

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