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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 22.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 68

 

Chuzpe, die Jugendlichen in Schulungsmaßnahmen zu bringen, wo sie aber noch lange keine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz haben."

 

Ich frage mich, hat diese Fraktion, die Sozialdemokratische Fraktion, hier überhaupt noch eine wirtschaftspolitische Linie? (GR Godwin Schuster: Kollege Kopietz hat von den Lehrlingen bei der Stadt Wien gesprochen!) Der Kollege Oxonitsch hat in der Budgetdebatte wieder die gesunkene Jugendarbeitslosigkeit in Wien bejubelt. Lauter Jubelmeldungen über das, was in der Stadt passiert, aber der Hundstorfer (GR Harry Kopietz: Herr Hundstorfer! So viel Zeit muss sein!) als Gewerkschaftschef sagt wieder zu dem gleichen Thema in Richtung Bund im Wahlkampf – und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: „Die Jubelbotschaften vom Bund über die Jugendarbeitslosigkeit sind ein Schlag in das Gesicht der arbeitslosen Jugendlichen und ihrer Eltern." Das sagt der Hundstorfer zu den Jubelbotschaften. (GR Harry Kopietz: Herr Hundstorfer!) Na, jetzt wissen wir es. Sagt der Herr Hundstorfer, genau! (GR Harry Kopietz: Der Herr Abgeordnete Hundstorfer!)

 

Meine Damen und Herren von der SPÖ, aber auch von der ÖVP! Merken Sie denn nicht, dass die Menschen von diesen ganzen Schuldzuweisungen, von diesem Hickhack genug haben? Merken Sie nicht, dass die Menschen, vor allem die Betroffenen, die Arbeitslosen Ihr Hickhack ja nicht einmal mehr hören können? Ich meine daher: Hören Sie doch auf mit diesen permanenten Schuldzuweisungen! Ersparen Sie uns dieses Theater hier in Zukunft! Wir fordern Sie auf: Verhandeln Sie lieber ernsthaft über eine neue Bundesregierung und beginnen Sie vor allem rasch und ernsthaft zu arbeiten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – StR Dr Johannes Hahn: Das geschieht ja!)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau StRin Dr Vana hat sich gemeldet. – Bitte.

 

StRin Dr Monika Vana: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich wollte eigentlich an dieser Stelle mit den Versäumnissen der Arbeitsmarktpolitik der Wiener Stadtregierung beginnen, möchte aber jetzt doch einige Worte zur ÖVP und zum Herrn Kollegen Tschirf sagen, die diese Aktuelle Stunde „Rote Laterne am Wiener Arbeitsmarkt" beantragt haben. Sie sollten den Mund wirklich nicht zu voll nehmen. Das, was Sie hier abziehen, ist eine ganz schöne Show. Eine Partei, die seit 1989 den Wirtschafts- und Arbeitsminister in diesem Land stellt und ein Versäumnis nach dem anderen in der Arbeitsmarktpolitik des Bundes, die ja natürlich durchschlägt auf die Arbeitsmarktsituation in Wien, zu verantworten hat, die die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik zu verantworten hat – täglich werden 18 Frauen arbeitslos –, die sollte sich nicht hier herstellen und der SPÖ die Rote Laterne am Wiener Arbeitsmarkt zuschieben, denn diese Partei hat den Schwarzen Peter in der Arbeitsmarktpolitik. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPÖ.)

 

Dass Sie sich hier vom eigenen Arbeitsmarktservice, wo Sie selber drinnen sitzen, wo die Sozialpartner und weniger -partnerinnen drinnen sitzen, auch im AMS Wien, wie übrigens auch im Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, distanzieren, da muss man schon einmal sagen (StR Dr Johannes Hahn: Denken Sie daran, wie Sie abgestimmt haben über die Arbeitsplatzvermittlung!): Die Situation am Arbeitsmarkt in Wien und auch im Bundesschnitt hat die große Koalition aus SPÖ und ÖVP, die es seit Jahren in der Arbeitsmarktpolitik gibt, zu verantworten. Das Ergebnis, das wir am Arbeitsmarkt haben, ist Ihres. Sie sitzen im WAFF, Sie sitzen im AMS und sind verantwortlich für diesen Stillstand, der eigentlich ein Rückschritt ist, wie ein bekannter Sozialdemokrat ja auch einmal angemerkt hat. Also das, was Sie hier abziehen, ist mehr als populistisch.

 

Zur SPÖ: Ihre Versäumnisse in Wien in der Arbeitsmarktpolitik sind offensichtlich. 70 000 arbeitslos gemeldete Personen, 10 000 Jugendliche ohne Job, mehr als die Hälfte aller Frauen mit Kindern ohne existenzsicherndes Einkommen, steigende Einkommensunterschiede – übrigens über dem so genannten Bundesschnitt und dem so genannten EU-Schnitt –, da müssen Sie sich harte Kritik der Opposition sehr wohl gefallen lassen. Und nur weil die Arbeitslosigkeit statistisch in den letzten zwei, drei Monaten sinkt, ist das noch lange keine Entspannung am Wiener Arbeitsmarkt. Im Gegenteil! Der Wiener Arbeitsmarkt hat gravierende strukturelle Probleme, auf die gerade die Wiener Grünen seit Jahren hinweisen. Wir vermissen aber Ihre Antworten, zum Beispiel auf die steigende Zahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse, auf die steigende Zahl von Frauen, die nur mehr Teilzeitbeschäftigung finden, mangelnde Ausbildungsgarantie für Jugendliche und so weiter.

 

Sie lehnen seit Jahren – wie auch die ÖVP, die sich hier herausstellt und Innovation fordert – die grünen Konzepte ab, die in Teilbereichen massive Innovation bringen, wie zum Beispiel unser Vorschlag der Koppelung der Wirtschaftsförderung an Frauenförderpläne in Betrieben, um die wachsenden Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern zu schließen; zum Beispiel unser Vorschlag einer Wiener Arbeitslosenanwaltschaft, der eindeutig auch auf Wiener Ebene realisiert werden könnte, wo Sie sich nicht auf die Bundesebene ausreden müssen; zum Beispiel unser Vorschlag eines Wiener Lehrlingsfonds, in den Wiener Betriebe und auch die öffentliche Hand einzahlen – da braucht man nicht einmal das Rad neu zu erfinden, da braucht man nur ins Bundesland Vorarlberg zu schauen, wo das wunderbar funktioniert –; zum Beispiel unser auch gestern gefordertes Maßnahmenpaket gegen Einkommensunterschiede; zum Beispiel sogar die von Ihnen vor Jahren durchgeführte Aktion 8000 in der Arbeitsmarktpolitik, die sehr erfolgreich war, die es geschafft hat, innovative und nachhaltige Arbeitsplätze in jenen Bereichen zu schaffen, in denen es keine regulären Arbeitsplätze gibt, und Zukunftsbereiche wie Pflege, Gesundheit, Creative Industries, Wissenschaft und Forschung und so weiter.

 

Zu all diesen Bereichen gibt es die grünen Anträge. Wir hören immer nur: Nein, nein, nein! Geht nicht! Pingpong zwischen Wien und Bund und Bund und Wien, zwischen WAFF und AMS und AMS und WAFF. Wir

 

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