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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 01.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 64

 

eine Einbahn ist!)

 

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Der Kollege Schieder hat jetzt behauptet, dass die ÖVP gegen den Hochwasserschutz gewesen ist. Das ist natürlich unrichtig, das ist vor allem für jene, die sich historisch mit der Aufarbeitung dieser Protokolle befassen. Es hat unterschiedliche Meinungen über die Ausgestaltung der Donauinsel gegeben, aber nicht über die Frage des Hochwasserschutzes. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau GRin Puller. Ich erteile es ihr.

 

GRin Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es ist Zeit für einen Themenwechsel, deshalb möchte ich hier meine ersten zwei Anträge in Form einer Resolution einbringen. Wie meistens fehlt es an Geld, sonst wären diese Anträge wohl schon realisiert worden.

 

Einer sieht in formeller Hinsicht die Zuweisung an die Gemeinderatsausschüsse für Stadtentwicklung und Verkehr und für Finanzen und Wirtschaftspolitik vor, bei dem anderen beantrage ich in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung. Es ist nicht so, dass ich mir jetzt meine erste Abfuhr einheimsen möchte, aber da ich aus Informationsquellen weiß, dass zurzeit über eine Fahrplanänderung für die Schnellbahnverbindungen im Großraum Wien diskutiert wird, halte ich es für sinnvoll, es sofort abstimmen zu lassen.

 

Beide Anträge gehen vom Verkehrsdienstevertrag 2004 aus, in dem wunderbare Zielvorstellungen formuliert sind, und zwar ausgehend von dem Masterplan Verkehr Wien 2003, der von einem klaren Bekenntnis geprägt ist, dass die oberste Priorität der Ausbau und die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs sei. Tatsache ist jedoch ein Schnellbahnchaos und lange Intervalle. Wo kein Angebot ist, fehlen auch Fahrgäste. Genau dort beißt sich die Katze in den Schwanz. Lange Intervalle sind der Grund dafür, dass viele öffentliche Verkehrsmittel gemieden werden. Lange Wartezeiten, geringes Fahrgastaufkommen, das öffentliche Verkehrsmittel rentiert sich nicht mehr und wird eingespart. Mit so einer Politik für den öffentlichen Verkehr wird man nie eine Veränderung der Verkehrsmittelwahl zwischen dem öffentlichen Verkehr und dem motorisierten Individualverkehr erzielen können.

 

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diesem Antrag zuzustimmen und damit auch ein Wahlversprechen einzulösen, das gerade von den Sozialdemokraten als Hauptthema verwendet wurde und das heißt Lebensqualität. Kürzere Intervalle der S45 bedeuten Lebensqualität für die Wiener Bevölkerung, auch wenn für die Jahre 2004 bis 2007 eine jährliche Ausgleichszahlung in der Höhe von 4,3 Millionen EUR, wohlgemerkt inklusive Bundesförderung, gewährt wurde. Es reicht nicht, denn wie wir aus den Zeitungen wissen, sind die ÖBB ein Sanierungsfall.

 

Noch ein paar kurze Worte, ich bin noch nicht fertig. Ich möchte keine Horoskope vorlesen, keine Angst, aber ich möchte meine Verwunderung zur FPÖ ausdrücken, die jetzt auf der sozialen Schiene betreffend Heizkostenzuschuss fährt. Wie lässt sich das vereinbaren mit der unsozialen Wahlwerbung, die Sie vor der Wahl gehandhabt und beinhart durchgezogen haben?

 

Ich will jetzt auch niemandem das Leben erklären. Wie jeder weiß, gibt es mehrere Sichtweisen im Leben, aus denen heraus dann individuelle Standpunkte vertreten werden können. Diese Sichtweisen kennt man am besten, wenn man sie auch lebt.

 

Die erste Sichtweise, die ich bis vor drei Wochen durchlebt habe, ist die der Fahrerin. Ich kam quasi vom Fahrerplatz in den Gemeinderat. Ich war 40 Stunden als Fahrerin am Bahnhof Favoriten tätig und fahre in den weiteren Monaten auch als Gemeinderätin regelmäßig zweimal im Monat, um eben den Blickwinkel einer Arbeitnehmerin nicht zu verlieren, was gerade in einem Dienstleistungsbetrieb sehr wichtig ist – auch für die Politik.

 

Hinter den Kulissen schaut es so aus, dass auf Grund der neuen Dienst- und Betriebsvorschriften, denen auch die Gewerkschaften zugestimmt haben und die im Gemeinderat vor eineinhalb Jahren hier beschlossen wurden, zu massiven Verschlechterungen bezüglich der Arbeitsbedingungen im Fahrdienst gekommen ist. Die Fahrzeiten sind bis zum Limit zusammengeschnitten. Daraus ergeben sich ein hohes Fahrgastaufkommen und in den Spitzenzeiten Verspätungen, die wieder zu Lasten der Fahrgäste gehen. Das Personal in den Revisionswerkstätten kommt mit den Reparaturarbeiten nicht mehr nach, auch weil es an Ersatzteilen fehlt. Durch die Kostenrechnung mittels SAP ist es einfach nicht mehr möglich, irgendwelche Ersatzteile herbeizuschaffen oder es dauert irrsinnig lange. Fakt ist, die Züge fahren am Limit und fahren auch am Sicherheitslimit.

 

Ich weiß vom Bahnhof Favoriten, dass die Hälfte der Niederflurwagen in der Hauptwerkstätte in Simmering zur Reparatur stehen, weil die Firma Siemens nur zwei Jahre Garantie für die Züge gewährt. Da ist es genauso, wie wenn man eine Waschmaschine kauft: Die Garantie ist ausgelaufen, das Ding geht kaputt, und jeder, der sich ein bisserl auskennt, weiß, dass die Niederflurwagen durch ihre Elektronik sehr anfällig sind.

 

Mein zweiter Blickwinkel ist der als Fahrgast und als Teil der Bevölkerung. Da kann ich hier und jetzt sagen, die WiLi funktionieren, aber nicht in den Stoßzeiten beziehungsweise Spitzenzeiten. Ich bin als Fahrgast ziemlich angefressen. Es gibt kein Limit. Die siebeneinhalb Minutengrenze kann man erwarten, aber seit 18.11., seit ich täglich hier ins Rathaus fahre, habe ich immer wieder Störungen und lange Wartezeiten erlebt, oder es war so, dass ich einfach nicht hineingekommen bin in überfüllte U-Bahn-Züge.

 

Das dritte Sichtfeld: Jetzt als eine der hundert GemeinderätInnen und Landtagsabgeordneten sehe ich, es fehlt das Geld. Es geht immer ums Geld, wie in Familien, wie überall. Die WiLi haben kein Geld, die Stadt Wien hat kein Geld, der Bund hat kein Geld. Man schiebt es hin

 

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