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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 93

 

Experten zum Beispiel, die sich mit freiheitsbeschränkenden Maßnahmen beschäftigen, und da meine ich jetzt nicht mich selbst als Zeugin, sondern ganz unverdächtige vom Verein für Sachwalterschaft, gesagt, dass Grenzüberschreitungen, Grenzverletzungen gegenüber den Bewohnern und Bewohnerinnen an der Tagesordnung sind. Nichts davon steht in Ihrem Bericht. Sie waren damit beschäftigt, Ihre eigene Rolle darin zu verstehen, die Dinge abzuwehren und nichts zu lernen.

 

Das und nicht der pure Oppositionsgeist hat uns dazu veranlasst – und so was ist sicher selten, auch in diesem Haus –, dass die drei Oppositionsparteien sich miteinander zu einem Bericht zusammenfinden. Es hat aber Not getan, es hat Not getan gegen diese Ignoranz und Arroganz des Nicht-wissen-Wollens, des Nicht-hinschauen-Wollens und des Verleugnen-Wollens. (Beifall bei den GRÜNEN, bei der FPÖ und bei der ÖVP.)

 

Und wenn Sie jetzt meinen, es ist damit erledigt, dass Sie diese Untersuchungskommission auf irgendeine missglückte Weise mit einem undemokratischen Akt zu Ende bringen können und dass Sie es damit ausgesetzt und ausgestanden haben, so werden Sie sich wundern. Es wird sich, und das prophezeie ich Ihnen, wenn sich nichts verändert an den Verhältnissen, demnächst wieder ein Pflegeheimskandal ereignen. Denn die Verhältnisse sind so, dass dort was passieren muss. Und wenn Sie sich nicht aufmachen und einen Ruck geben, einen Ruck geben, die Dinge substanziell zu verändern, dann werden wir Ihnen wie ein Stachel im Fleisch auf den Fersen bleiben.

 

Und Sie können sicher sein: Die Oppositionsparteien werden diesmal nicht höflich zuschauen, ob Sie wieder nur 20 Prozent der großen Entwürfe, die Sie machen wollen, auch umsetzen. Und Sie können sicher sein: Wir schauen auf die alten Menschen, weil Sie es nicht tun, und das ist eine Schande für die Stadt. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN, bei der FPÖ und bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Zu Wort gemeldet ist die Frau GRin Lakatha.

 

GRin Ingrid Lakatha (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Also ich muss meine Bewunderung meiner Vorrednerin, der Frau Kollegin Pilz, aussprechen, denn nach diesem vulkanartigen Feuerwerk von Herrn GR Wagner haben Sie, muss ich sagen, sehr viel Selbstbeherrschung und Großmut bewiesen, um nicht genauso zurückzuschießen. Also danke schön.

 

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wie ich den Bericht der sozialdemokratischen Fraktion gelesen habe, war ich auch der Überzeugung, ich war bei anderen Ausschusssitzungen. So ein weicher, beschönigender Bericht, der ist mir ja noch gar nicht vorgekommen.

 

Auffallend war, dass festgestellt wurde, dass in Lainz kein Skandal vorgekommen ist. Wir sind anderer Meinung. Wenn von der Opposition so etwas gesagt wird, da halten Sie ja nicht viel davon, die schreien Sie einfach nieder, da sagen Sie, das ist kein Skandal. Aber was sagen Sie zu den Medienberichten, die Monate hindurch über den Lainz-Skandal berichtet haben, und zwar nicht in einem Sommerloch, sondern im Winter, weil es ein Skandal war und weil sie mit Hilfe der Opposition für die Menschen hier in Wien etwas machen wollten?

 

Und glauben Sie denn wirklich, dass wenn es kein Skandal wäre, der Herr Bürgermeister sich entschlossen hätte, eine umfassende Geriatriereform in Aussicht zu stellen? Na, ich glaube das wirklich nicht. Das wäre alles weitergeplätschert wie bisher. (Beifall bei der ÖVP und der StRin Karin Landauer.)

 

Es ist schade, dass es solcher Anlässe bedarf, dass eine Änderung eintritt. Ich muss sagen: Der SPÖ-Bericht klingt so wie eine kleine Erzählung vorm Christbaum. Kein Skandal, alles ist nicht so arg, es ist nicht viel passiert, ein paar Pflegemängel, die Pflegedokumentation ist nicht ganz in Ordnung, das Beschwerdemanagement hat nicht ganz funktioniert, zu wenig Personal, aber das ist ja wienspezifisch. Dass es aber gerade in Lainz so viel Krankenstandstage gibt, weil das Personal derart überfordert ist, darüber haben Sie in Ihrem Bericht nicht geschrieben. Und wer ist schuld? Natürlich, schuld ist der KAV. Ist ja ganz einfach. Und die Herren in dem Fall haben das alles wieder weiter auf eine untere Ebene hinuntergedrückt, denn sie waren ja auch nicht schuld.

 

Und das, was mich am allermeisten überrascht, ist dass Sie den Mut haben festzustellen, dass keine politische Verantwortung vorliegt. Was heißt politische Verantwortung? Ein Stadtrat oder der Bürgermeister hat sich um sein Ressort zu kümmern und muss sich informieren. Und Sie formulieren das so: "Die Politiker wussten von diesen Vorfällen nichts und konnten nichts unternehmen, und erst nachher, wenn es was war, konnten sie was unternehmen."

 

Ich muss sagen, liebe Kollegen von der Sozialdemokratie: Verantwortung bei einem Politiker definieren Sie mit Nichtwissen, kein Interesse und Nichtstun. Also ich muss sagen, das ist eine einfache Auslegung, der wir alle, die Oppositionsparteien, auf jeden Fall widersprechen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Ich weiß zwar nicht, wer diesen Bericht verfasst hat, aber ich glaube, der Herr Kollege Deutsch wird sehr intensiv mitgearbeitet haben. Augenscheinlich haben Sie dem Herrn Bürgermeister nicht zugegeben, dass er gesagt hat, er ist verantwortlich, er übernimmt jetzt die Verantwortung, und auch die früheren Stadträte, Primaria Pittermann und StR Rieder, sind ihrer Verantwortung nicht zu entbinden. Also von einer politischen Verantwortung war sehr wohl die Rede.

 

Wir konnten dann daher diesem schönen Bericht, der ja alles eigentlich verniedlicht, nicht zustimmen, und es kam wirklich innerhalb von 25 Stunden zu einem Minderheitenbericht, und das war eine ausgezeichnete Leistung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der Minderheitenbericht unterscheidet sich von dem Bericht der Sozialdemokratie durch kritische und objektive und sachliche Darstellung des Sachverhaltes. Ich würde Ihnen empfehlen, liebe Sozialdemokraten: Nehmen Sie sich ein Beispiel an diesem Minderheitenbericht, an den Vorschlägen, die hier vorkommen, und helfen Sie

 

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