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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 93

 

Ausbildung in ein System zusammenzuführen, Kern- und Querschnittskompetenzen festzulegen und ein durchlässiges aufeinander abgestimmtes Modulsystem aufzubauen. Die Durchlässigkeit von Bildungsangeboten fördert die Mehrfachqualifikation und die berufliche Mobilität und daher auch den Wunsch und die Freude am Beruf. Eine Jobration einfach vorzuschreiben, ist sicherlich nicht der richtige Weg, denn Veränderungen müssen mit den Bediensteten und nicht von oben verordnet werden.

 

Die notwendige Professionalisierung darf aber auch nicht dazu führen, dass alle Betreuungsleistungen nur mehr durch professionelles Pflegepersonal erbracht werden. Wir haben uns in der Geriatriekommission auch darüber sehr oft unterhalten und sind zu dem Schluss gekommen, dass die unterschiedlichsten Berufsgruppen, von der Altenanimation angefangen bis zu den Seniorenberatern, den Heimhilfen, den Pflegehelferinnen, dem diplomierten Pflegepersonal und den Therapeutinnen, in die tägliche Arbeit mit den zu Betreuenden einbezogen werden sollen. Dadurch soll auch eine Interdisziplinarität zum Prinzip erhoben und die Zusammenarbeit aller Berufsgruppen gelebt werden. Dies soll Vorteile für die Klienten und Patienten bringen. Dabei ist es ganz wichtig, dass eine ausreichende Zahl an Personal vorhanden ist. Ich denke nicht, so wie Herr Staatssekretär Finz gemeint hat, man könne bei den Personalkosten oder bei den Kosten für die Alten sparen, sondern dass wir gerade dort investieren müssen.

 

Wenn die Ressourcen in der Stadt vorhanden sind, dann gibt es viele neue Alte, junge Alte, die über ein unschätzbares Kapital verfügen, nämlich über Zeit und über die Lust, sie sinnvoll zu nützen. Diese Ressource sollte die Gesellschaft auch nützen und die zahlreichen Sozialkontakte, die die alten Menschen, die älter werdenden Menschen aufbauen, auch für die Senioren einsetzen und diesen Menschen zu Gute kommen lassen. Die Senioren untereinander bilden bereits Netzwerke. Sie organisieren sich teilweise selbst. Sie brauchen nur Unterstützung von Organisationen und Vereinen. Diese Kooperationen und Koordinationen können wir besonders bei den Häusern des Kuratoriums der Wiener Pensionistenwohnhäuser sehen, aber auch bei vielen anderen Vereinen, wo Senioren-Computertreffs stattfinden, wo auf der anderen Seite auch in Pflegeheimen Seniorenchöre, wie im SMZ-Ost, gegründet werden und sich die Sitztanzgruppe zweimal in der Woche zur Bewegung findet. Aber es sollen auch diese Menschen die Möglichkeit haben, ob junge oder alte, in das Programm "Helfen Sie uns helfen", nämlich das Programm für ehrenamtliche Mitarbeiter, aufgenommen zu werden und so wieder neuen Wind in die Pflegeheime hineinzubringen. Interessierte werden vom KAV zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, um ihre persönliche Eignung festzustellen. In der Einführungsphase werden sie intensiv geschult. Außerdem stehen ihnen Mentoren zur Seite. Supervision, Weiterbildungsmaßnahmen, Jour-fixe-Termine zum Gedankenaustausch werden von den Koordinatoren angeboten. Für alle Patienten, die nicht mehr so leicht die Station verlassen können, stellen sie ein wichtiges Bindeglied zum Alltagsleben draußen dar.

 

Unser Ziel ist es, die Stadt so altenfreundlich wie möglich zu machen. Daher muss dieses Thema auch eine Querschnittsmaterie sein. Im Wohnbau gibt es bereits Pilotprojekte, Mehrgenerationenwohnhäuser mit Anbindung an Senioreneinrichtungen, die den älteren Menschen so viel Unabhängigkeit wie möglich, aber auch so viel Betreuung wie nötig bieten.

 

Wir haben uns in der Geriatriekommission auch über das betreute Wohnen unterhalten und sind zum Ziel gekommen, dass es nur heißen kann, dass die Menschen nach einem Unfall, nach einer Erst- oder Zweiterkrankung die Chance erhalten sollen, wieder rehabilitiert und remobilisiert zu werden.

 

Es freut mich, dass ich Ihnen heute noch ganz kurz von den Ergebnissen der Evaluation aus der Akutgeriatrie im Krankenhaus Lainz berichten darf. Frau Primaria Sommerecker und Herr Oberarzt Dr Frühwald haben dort in zweieinhalb Jahren die Akutgeriatrie aufgebaut. Die Erfolge, die bereits erzielt wurden, bestätigen eigentlich unsere Überlegungen, die wir auch in der Geriatriekommission getroffen haben. Es bedarf natürlich ausreichend Arzt- und Pflegepersonal sowie PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen und SozialarbeiterInnen, um die Menschen wieder zu remobilisieren. Durchschnittlich wurden in einem Jahr 350 PatientInnen aufgenommen. 96 Prozent davon wurden aus Akutspitälern überwiesen. Das Durchschnittsalter lag bei 85 Jahren - ich glaube, auch dessen sind wir uns viel zu wenig oft bewusst -, wobei 22 Prozent der PatientInnen unter 80 Jahre alt waren, hingegen 30 Prozent der PatientInnen über 90 alt Jahre waren.

 

Die Evaluierung zeigte ein sehr positives Ergebnis für die Betroffenen, aber auch ein Erfolgserlebnis für das dort arbeitende Team. Von diesen 350 PatientInnen konnten 74 Prozent wieder in ihre vorhergehende Wohnsituation zurück. Das waren vielfach die eigenen Wohnungen, aber auch die Appartements in den Pensionistenwohnhäusern. Nur ein Prozent der Bewohner musste zu einer weiteren Rehabilitation weitervermittelt werden. 10°Prozent der Bewohner mussten in privaten Pflegeeinrichtungen oder in Pflegeheimen der Stadt Wien untergebracht werden. Es ist wirklich eine großartige Leistung, dass diese Rehabilitation möglich war.

 

Leider geht das auch bei älteren Menschen nicht immer so schnell, dass das wirklich in 28 Tagen durchgeführt werden konnte. So mussten 29 Prozent der PatientInnen länger als vier Wochen auf der Station verbleiben, konnten aber dann nach einer verzögernden Rekonvaleszenz und einer durchschnittlich längeren Verweildauer von genau 44 Tagen wieder nach Hause entlassen werden.

 

Durch die Einbindung der Akutgeriatrie in die 7.°me-dizinische Abteilung des Geriatriezentrums Am Wienerwald konnten maximale Synergien genutzt werden, denn ein beträchtlicher Teil an Konsiliarversorgung wurde durch die Ärzte und Mitarbeiter des GZW abgedeckt und ersparte den Patienten und Patientinnen unnötige Transportbelastungen.

 

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