«  1  »

 

Gemeinderat, 44. Sitzung vom 29.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 95

 

ganz spannend in Ihrem Ressort. Demokratie im Planungsbereich heißt nicht, dass die Leute dort beliebig abstimmen und sagen, dass ihnen dieses oder jenes besser gefällt oder etwas anders nicht sein kann. Demokratie heißt, vorher offen zu legen, was die Bedingungen sind, was man dort qualitätsmäßig will, darüber zu diskutieren und vielleicht auch Anrainer und Volksvertreter, Gemeinderäte in die Jury zu setzen. Ich halte überhaupt nichts von der Strategie Politiker raus aus Jurys. Man sollte sich hinstellen und auch dazu stehen, weil letztlich verantwortet es der Gemeinderat. Das ist mir ein weiteres sehr wichtiges Thema.

 

Abschließend zwei Anträge, die nichts mit dieser Geschäftsgruppe zu tun haben, nur um mir eine Extrawortmeldung noch zu ersparen.

 

Ich möchte aber noch auf ein Instrument hinweisen, das richtigerweise von uns und auch vom VCÖ forciert wird und wo ich Ihnen eine politische Rutsche legen will. Das ist die, wie immer wir das nennen, City-Maut, Stau-Maut, Altinstrument auch gegen die Zersiedelung und das Instrument gegen diese riesigen Einkaufszentren.

 

Warum erzähle ich das heute noch einmal? Unter der Hand geben uns viele Planer Recht und haben uns bis vor einigen Wochen gesagt, theoretisch kann so etwas gehen, aber politisch ist man tot, wenn man so etwas einführt. Jetzt gab es einen Politiker, einen der Labour nahe stehenden Bürgermeister von London, der das gemacht und eine Größenordnung einer City-Maut verlangt hat, die ich mir in dieser Größenordnung nicht wirklich vorschlagen trauen würde. Das ist ein gewaltiger Preis, den man da zahlen muss. Und bei einer Wahl, wo Labour durchwegs verloren hat, wurde dieser Bürgermeister wieder bestätigt. Vielleicht gibt Ihnen das einmal Mut, sich ein bisschen etwas zu trauen. Wenn etwas sinnvoll ist, wenn man hinter einer Maßnahme steht, diese für vernünftig hält und sie auch kommuniziert, dann passiert es.

 

Ich sage jetzt nicht, Livingstone statt Häupl, aber vielleicht muss Häupl Livingstone werden. Das wäre einmal eine interessante Sache. Oslo, Stockholm, ganz viele Städte gehen diesen Weg und wissen, dass das etwas bringt, dass man eben bei der Inanspruchnahme knappen öffentlichen Raums diesen nicht einfach gratis zur Verfügung gestellt bekommt. Das halte ich für eine wichtige und interessante Maßnahme, die wir sehr ernsthaft ins Auge fassen sollen. So etwas führt man auch nicht von heute auf morgen ein. So etwas diskutiert man einmal, erklärt es der Bevölkerung, schafft die gesetzlichen Grundlagen und prüft das, weil es in jeder Stadt anders sein muss.

 

Darum nenne ich sie auch Stau-Maut und nicht City-Maut, denn City-Maut wäre innerhalb des Gürtels. Wenn es einen Bereich gibt, der das am wenigsten braucht, dann ist das der Bereich innerhalb des Gürtels, weil dort haben wir nicht die zentralen Verkehrsprobleme. Der Kollege Parzer wird wahrscheinlich in den Genuss der Stau-Maut kommen, alle, die im Süden leben und alle, die dann am Wochenende hinausfahren und auf der Südautobahn stauen, erst zwei Spuren, dann drei Spuren, dann vier Spuren, dann fünf Spuren, dann sechs Spuren und noch eine Umfahrung, was uns auch etwas kostet. Dort wird man bezahlen. Believe me, das kommt, vielleicht in drei Jahren, vielleicht in fünf Jahren, vielleicht in sieben Jahren, spätestens wenn Sie merken, dass in Ihren ganzen Tunnels über, zwischen, unter der Lobau oder durch die Lobau der Stau auch steht, werden Sie draufkommen, dass es ein interessantes Instrument ist. Trauen Sie sich ein bisschen etwas! In der Politik lohnt sich der Mut! Laden Sie einmal in den SPÖ-Klub den Herrn Livingstone ein, gehen Sie dann mit ihm zum Heurigen, trinken Sie dort einen guten Veltliner Biosprit mit ihm und er wird es Ihnen zu danken wissen und Ihnen zeigen, was politischer Mut ist. So viel zur Planung.

 

Zum Verkehr wird dann noch der Kollege Maresch einiges beitragen.

 

Ich möchte jetzt noch zwei Anträge einbringen, die nicht unmittelbar zum Ressort, aber zur gesamten Debatte gehören.

 

Der eine betrifft die politische Bildung ganz grundsätzlich. Ich wüsste auch nicht, wo der hingepasst hätte, vielleicht in die Generaldebatte.

 

Politiker aller Fraktionen, auch der Bürgermeister, haben sich zu Recht über die Wahlbeteiligung der EU-Wahl alarmiert gezeigt. Die war irgendwo bei 43 Prozent, in Wien nur bei 36 Prozent. De facto sind fast zwei Drittel der Wienerinnen und Wiener nicht wählen gegangen. (GR Robert Parzer: Seid froh!) Das hatte auch mit dem Niveau des Wahlkampfes zu tun. Jetzt teile ich keine Zäsuren an politische Parteien aus, sondern sage hier, das hat damit zu tun, ob man nur über Medien kommuniziert oder ob es die Möglichkeit gibt, auch in direkten Auseinandersetzungen mit jungen Leuten, aber auch mit anderen Interessierten in ein Gespräch zu kommen. Wir alle haben die Erfahrung; wenn man direkt bei Podiumsdiskussionen mit jungen Leuten redet, kann man Dinge vermitteln, die medial nicht vermittelt werden. Es gab das einmal und an sich haben wir sehr gute Erfahrungen damit gehabt, dass hier im Gemeinderatssaal, im Stadtsenatssitzungssaal Diskussionen mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien durchgeführt wurden.

 

Mein Antrag betreffend politische Bildung, den ich jetzt nicht ganz vorlese, heißt:

 

"Der Bürgermeister wird ersucht, Strukturen zu schaffen, die es ermöglichen, unmittelbare Diskussionen zwischen Politikern und Jugendlichen durchzuführen."

 

Ich glaube, dass dadurch das Verständnis für die oft schwierigen Bereiche, wie Politik eigentlich funktioniert und was die Politiker eigentlich machen, außer viel Geld zu verdienen, gesteigert wird. Es ist nicht so leicht vermittelbar, was Politik ist. Im Gespräch wird das möglich sein. Ich hoffe auf Zustimmung zu diesem Antrag, der nicht den Hauch einer Kritik an irgendeiner Partei hat.

 

Das Zweite ist ein aktuelles Thema. Da muss ich mich vehement Richtung Bund richten. Da geht es um ein Riesenzukunftsthema. Das ist die Zukunft des Ökostroms. Ich habe jetzt noch 1,40 Minuten, ich beeile mich. Anstatt vor dem Hintergrund offensichtlich teurer werdender fossiler Energieträger alles zu tun, dass

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular