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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 78

 

Wien ein längeres Zuwarten nicht mehr zugemutet werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und unser Beschlussantrag lautet nunmehr:

 

"1. Der Herr Bürgermeister wird aufgefordert, unter Einbindung des zuständigen Stadtrates für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke bis 2006 die versprochene Milliarde Euro aus Mitteln der Stadt für den Bereich der Versorgung älterer Menschen, wie zum Beispiel für die Modernisierung der Pflegeheime, für den Ausbau regionaler Pflegeeinheiten, für betreutes Wohnen, für die Verbesserung der Situation des Pflegepersonals zur Verfügung zu stellen.

 

2. Der Herr Bürgermeister wird aufgefordert, entsprechend der Tatsache, dass er für die Fehler und Versäumnisse im Wiener Geriatriebereich die volle Verantwortung übernimmt, bis zum Sommer 2004 bekannt zu geben, in welcher Art und Weise er diese Verantwortung umsetzt und wie er die allfällige Verantwortung von amtsführenden Stadträten und von Verantwortlichen des KAV handhaben wird und welche allfälligen disziplinarrechtlichen Konsequenzen er folgen lassen wird."

 

In formeller Hinsicht fordern wir eine sofortige Abstimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Ich eröffne die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt.

 

Zur Besprechung des Dringlichen Antrags hat sich Frau StRin Landauer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr, wobei ich aufmerksam mache, dass die Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist

 

StRin Karin Landauer (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke vielmals.

 

Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der Herr Bürgermeister war vorhin hinten. Ich habe mit großer Freude zur Kenntnis genommen, dass er hier ist, und wenn er auch nicht quasi direkt auf seinem Platz sitzt, aber er bestätigt vielleicht damit, das die Senioren- oder Altenbetreuung in Wien ihm doch ein wichtiges Anliegen ist.

 

Ich habe auch mit Freude festgestellt, dass der Herr Finanzstadtrat da ist, und die Frau Gesundheitsstadträtin ist bei diesen Themen ja ohnedies immer da.

 

Ich tue mir ziemlich schwer heute, weil ich eigentlich eine grenzenlose Wut im Bauch habe, wie wir hier in dieser Stadt mit pflegebedürftigen Menschen umgehen. Alle Zeiten wieder kommt es zu einem Skandal. Es ist immer das Personal, es ist eigentlich nie die Struktur, es sind nie die politischen Verantwortlichen, und hier in dieser Stadt seit 70 Jahren die Sozialdemokratie. Und allein, wenn ich mir vorstelle, ich bin seit 1987 in diesem Haus, wie viele Initiativen wir schon gesetzt haben, wo wir aufmerksam gemacht haben: Schichten Sie Budgetmittel um, verwenden wir mehr für den Bereich.

 

Jetzt weiß ich schon, Freiheitliche, denen braucht man nicht zuzuhorchen, die wissen nix, da braucht man auch nicht darauf einzugehen.

 

Was ich nur nicht verstehe, ist: Es gibt ja Experten. Ich muss immer an den Prof Rosenmayr denken, der vor zehn Jahren gesagt hat: 2010 wird es so viele benötigte Pflegeplätze geben; wenn wir jetzt nicht irgendwas tun, wird das eine Katastrophe. – Wir sind fast dort. Die Katastrophe ist da.

 

Und warum habe ich so eine grenzenlose Wut in mir? Ich war gestern dankenswerterweise auf Einladung der Pflegedirektorin im Pflegeheim Baumgarten. Sonne, Menschen für die es möglich war, waren im Park. Es hat mir wirklich wohlgetan, dort in dieser kleinen Einheit den Kinderbetreuungsplatz, den Kindergarten zu erleben, die Kinder, die diesen Menschen, diesen BewohnerInnen Fröhlichkeit bringen, einfach weil es so unmittelbar ist, ganz anders als in Lainz, wo ein Kindergarten bei der Einfahrt ist, und dann kommen lang, lang irgendwelche Häuser. Im Pflegeheim Baumgarten ist es ein bisschen so wie in Skandinavien, so ein Miteinander.

 

Und dann kommt man in die Einrichtung. Da gibt es rechts oder links sanierte Einrichtungen, wo die Zimmer nicht größer geworden sind, weil sie nicht größer sein können. Aber die Menschen dort haben wenigstens die Möglichkeit, einen Vorhang vorzuziehen, sie haben schöne Möbel, und vis-à-vis auf dem Gang, alt, Sechs-Bett-Zimmer, ein „herrlicher“ Duft. Also so was von deprimierend, wie dieser gestrige Nachmittag für mich persönlich war, aber für die Menschen, die dort wohnen, und für das Personal, das ist so eine Zumutung, unter solchen Umständen arbeiten und leben zu müssen. Und das, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie, das ist einzig und allein Ihr Versagen, Ihr Verschulden. Sie gehen unmenschlich mit den alten Menschen in dieser Stadt um! (Beifall bei der FPÖ und den GRinnen Ingrid Lakatha und Ingrid Korosec.)

 

Und wenn ich mir hier jetzt die Reihen anschau’: Es interessiert Sie überhaupt nicht. (GR Dr Herbert Madejski: Wir sind hier!) Sie stehen aber draußen und sagen der Bevölkerung: Diese Bundesregierung, die ist unmöglich, die hat kein soziales Gewissen. – Sie lassen hier in dieser Stadt die alten Menschen verkommen! Ich sage es ganz bewusst! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und das ist auch nicht zum Lächeln oder sonst was! Das ist purer Ernst!

 

Und wenn ich mir das alles anschau’, was es an Papier jetzt schon gibt, und die wunderschönen Worte des Bürgermeisters.

 

Und das heutige Papier, das ist ja überhaupt das Letzte. Da steht allen Ernstes drinnen: "Selbstbestimmung bis ins hohe Alter." Bitte, wo? Wo ist die Selbstbestimmung bis ins hohe Alter? In keiner Pflegeeinrichtung, weder im Geriatriezentrum Am Wienerwald noch in Baumgarten.

 

Jetzt gibt es die Supereinrichtungen, Geriatriezentrum Süd. Wunderbar. Nur, dort zahle ich dasselbe, wie ich in Baumgarten im Sechs-Bett-Zimmer zahle. Ich zahle dasselbe wie in Purkersdorf.

 

Ja, meine Damen und Herren, ich weiß schon, jetzt sagen Sie mir wieder, das zahlt eh fast niemand. Das stimmt ja schlicht und einfach nicht. Sie verlangen von den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern Pensionsauszug, Pflegegeld, was es sonst noch alles gibt. Sie

 

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