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Gemeinderat, 41. Sitzung vom 26.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 87

 

Personalanwalt, der auch eine entsprechende rechtliche Absicherung hat, der auch wirklich dafür einstehen kann, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, der weisungsfrei ist, der tatsächlich als Anwalt hier auch das Recht hat, das eine oder andere einzusehen. Das sind ja alles Dinge, die zum Beispiel der Pflegeanwalt nicht hat. Der lebt an sich im luftleeren Raum. Das hat er auch selbst als einen Mangel seiner Tätigkeit festgestellt. Und dass er seine Aufgabe vor allem darin sieht, die Fehler an die Presse zu bringen und dort aufzuzeigen, das ist zwar recht nett und gut, aber bringt meiner Ansicht nach dem Personal eher nur Nachteile als einen Vorteil. Wir haben ja vielfach davon gesprochen, dass es notwendig ist, das Berufsbild des Pflegepersonals zu verbessern, anzuheben. Das geht aber nur mit einer langfristigen Strategie und auf keinen Fall dadurch, indem man noch mehr verunsichert, als es jetzt der Fall ist, dass ständig Kontrollen sind, dass hier mehr oder weniger Leute ohne Kompetenz Dinge verlangen können, Einsicht nehmen können, was ihnen nicht zusteht.

 

Ich muss das immer wieder festhalten, wenn ich das mit meinem Betrieb vergleiche. Ich könnte mir vorstellen, der Pflegeanwalt ist genauso ähnlich, wie wenn zum Beispiel die Wirtschaftskammer oder bei mir die Apothekerkammer jemanden beauftragt und sagt: Sie gehen jetzt in die Apotheke und schauen sich an, was da los ist. Ohne rechtliche Absicherung, ohne irgendeine, wie soll ich sagen, weitere Möglichkeit, etwas umzusetzen.

 

Das ist also das Problem. Das, was der jetzige Pflegeanwalt bringt, das haben wir schon längst gebracht und wurde hier nicht zur Kenntnis genommen. Da würde ich mich auch wehren, und auch mein Personal wäre nicht so glücklich, weil das, was wir haben wollen, dass er wertfrei ohne Angst seine Anliegen weitergeben kann an eine Stelle, wo sie wirklich entsprechend behandelt werden, ist hier nicht der Fall.

 

Im Zuge des Durchblätterns diverser Aktenstücke, um hier beim Personal zu bleiben, ist mir auch noch etwas anderes in die Hand gefallen, und zwar von der Pflegedirektion Ybbs, Vorgangsweise bei Abwesenheit infolge von Krankenstand. Als ich das gelesen habe, habe ich mir gedacht: Das kann nicht wahr sein, dass es das gibt, denn wenn ich das in meinem Betrieb mache, meine Damen und Herren, ich glaube, da kriege ich sofort eine Anzeige irgendwo. Da steht zum Beispiel: "Um die Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten, wurde in Absprache schrittweise folgende Vorgangsweise festgelegt." Und dann kommt es: "Gesundheitsorientierung: Keine Anordnung mehr von Mehrdienstleistungen nach Krankenständen." Bitte, wenn ich zum Beispiel jemandem sage, jetzt waren Sie vierzehn Tage krank, ab sofort gibt es keine Überstunden mehr, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass das geht. Denn wenn er krank ist, hat er entsprechende Beweise und Belege, und dann ist er wieder gesund geschrieben und kann wieder normal arbeiten. Dann: "Einstellung der Nebenbeschäftigung. Kein Nachtdienst im Zeitraum von drei Monaten", und lauter solche Dinge. Ich zeige das nur auf, dass hier noch sehr viel zu tun ist, und wenn wir jetzt hergehen und sagen, wir wollen das also alles neu machen, ist ein sehr wichtiger und extremer Punkt hier das Personal, denn wenn wir die Arbeitsbedingungen nicht ändern, dürfen wir uns nicht wundern, wenn es nach wie vor kein Personal gibt und wir nach wie vor die großen Probleme haben. (Beifall bei der FPÖ. – GR Mag Helmut Kowarik nimmt den Aktenstoß und den Ordner wieder mit.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Ein bisschen Zeit für den Transport geben wir noch dem Kollegen Blind. (GR Kurth-Bodo Blind holt die zwei Aktenordner von vorne und trägt sie in die Bankreihen zurück.)

 

Frau Mag Schmalenberg hat sich gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

GR Mag Heidrun Schmalenberg (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wenn wir über die Pflege und Betreuung in Wien sprechen, dann sprechen wir über alte Menschen, wir sprechen über Männer, die im Krieg Schreckliches erlebt haben, und über Frauen, die schlimme Zeiten durchmachen mussten, über Frauen, die nicht zu Unrecht auch als Trümmerfrauen bezeichnet werden. Genauso wie wir Freiheitlichen gegen die pauschale Diffamierung der Kriegsgeneration sind, genauso sind wir auch gegen jede Art von Diskriminierung alter Menschen.

 

Wir sind verpflichtet, dieser Generation im Alter die bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen, und nicht nur deshalb, weil sie diese Stadt nach dem Krieg wieder aufgebaut haben, sondern auch, weil wir Junge diesen Menschen unsere Existenz verdanken und all das, was diese Stadt so lebenswert macht. Es ist daher unser Anliegen, dass die Altenversorgung dem entspricht, was sich diese Menschen verdient haben.

 

Der Kontrollamtsbericht, der hier vorliegt und den wir heute diskutieren, zeigt auf, dass die Pflege und Betreuung der alten Menschen in weiten Bereichen nicht dem entspricht, was wir uns wünschen. Jeder von uns kommt schließlich einmal früher oder später in diese Situation. Wenn wir einen Blick in das Geriatriezentrum Am Wienerwald oder ins Pflegeheim Baumgarten werfen, dann weiß jeder von uns, jeder einzelne so wie wir hier sitzen, dass er nicht in diese Situation kommen will.

 

Als ich 1996 in den Gemeinderat kam, wurde ich Mitglied des Gesundheitsausschusses, Mitglied der gemeinderätlichen Geriatriekommission und auch Mitglied der gemeinderätlichen Gesundheitskommission und all dieser Einrichtungen, von denen mein Vorredner, der Herr GR Kowarik, gesprochen hat. Der damalige Gesundheitsstadtrat Dr Rieder und die SPÖ-Fraktion wurden nicht müde zu betonen, wie sehr sich die Situation in den Wiener Pflegeheimen schon seit dem ersten Pflegeskandal in Lainz verbessert hat und mit welchem Ehrgeiz das Programm "Hilfe im hohen Alter" umgesetzt wird. Wir besuchten Einrichtungen, und es wurde uns überall berichtet, dass man sehr zufrieden ist.

 

Aber leider, nach sehr kurzer Zeit mussten wir feststellen, dass die geplanten Reformen stecken geblieben sind, dass das Programm "Hilfe im hohen Alter" zu einer

 

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