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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 64

 

Mit zehn Musikschülern pro 1 000 Erwachsene unter 30 ist Wien diesbezüglich ein trauriges Schlusslicht. Auf diese beklagenswerte Situation weist die ÖVP schon seit langem hin. Das ist nicht nur deshalb so bedauernswert, weil relativ wenig Nachwuchs für Spitzenmusiker aus Österreich - im Speziellen aus Wien - kommt, sondern weil es aufgrund der leichten Erreichbarkeit einfach wäre, die Musikschüleranzahl zu erhöhen. Die musikalische Früherziehung ist einfach der Schlüssel zu einer musikalischen Zukunft Österreichs. Wir müssen daher besonders in Kindergärten und im Volksschulalter mit Musikerziehung beginnen, denn wer vor seinem 14. Lebensjahr ein Instrument nicht erlernt, wird es nachher wahrscheinlich nicht mehr erlernen - von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen.

 

Es ist auch zu erwähnen, dass die Musikschulen ja nicht nur zur Förderung Hochbegabter dienen sollten, sondern vor allem auch die Ergänzung von schulischer Bildung und Erziehung darstellen und auch für interessierte Laien, insbesondere Erwachsene, die vielleicht das Spielen eines Instruments wieder auffrischen beziehungsweise ein solches neu zu spielen beginnen wollen, da sein sollten.

 

Wir halten die geplante Erhöhung des Schulgeldes um 10 Prozent, von derzeit 180 auf 198 EUR, für nicht sinnvoll. Das ist sicher kein positives Zeichen für Musikbegeisterte und trägt in keiner Weise zu einer fördernden Stimmung auf diesem Gebiet bei. Ganz abgesehen davon bedeutet die Erhöhung Zusatzkosten für Eltern, die man ihnen eigentlich nicht zumuten kann.

 

Nun kurz zum Musikschulkonzept der ÖVP Wien: Es sieht vor, die Schülerzahl von 4 000 auf 8 900 zu erhöhen. Die Nachfrage an Ausbildungsplätzen ist enorm. Es gibt momentan rund 600 Anmeldungen, wo die Aufnahmsprüfung bereits bestanden ist und wo kein Platz vorhanden ist. Die Notwendigkeit der Errichtung und Erweiterung mit dem Ziel, ein ausreichendes flächendeckendes Angebot zu schaffen, ist evident.

 

Der Vorschlag sieht auf der einen Seite die Neuerrichtung von Musikschulen in diversen Bezirken vor, von denen ich zum Beispiel den 1., 4., 6., 7., 8., 13., 14. und 18. Bezirk erwähne, darüber hinaus Zweigstellengründungen in größeren Bezirken und den Ausbau von bestehenden Musikschulen. Die Kosten würden sich auf rund 38 Millionen EUR belaufen, die jährlichen Zusatzkosten auf rund 4,6 Millionen EUR.

 

Weil von der SPÖ so gerne argumentiert wird, dass es ja auch ausreichend geförderte Privatvereine gibt, sind dazu zwei Punkte anzumerken:

 

Erstens: Eine alternative Musikausbildung an Volkshochschulen ist auch nicht gerade günstig. Ich habe hier für Sie ein paar Zahlen zum Vergleich: Ein Semester Klavier-Einzelunterricht an der VHS Rudolfsheim kostet 214 EUR, Gesang an der VHS Alsergrund 213 EUR - und das übrigens jeweils nur für 30 Minuten. Es gibt vereinzelt auch Gruppenkurse, zum Beispiel an der VHS Favoriten: Klavierunterricht in der Gruppe um 246 EUR pro Semester. Gruppenunterricht ist allerdings, wie allgemein bekannt, nicht gerade ideal für die Musikausbildung, außer in einigen speziellen Fällen.

 

Der zweite Punkt ist, dass die Qualität ein wesentlicher Faktor ist, und man muss sagen, dass die Qualität der Musikhochschulen eine sehr gute und sehr hohe ist - es gibt nur leider zu wenige davon.

 

Und noch eines zu den privaten Musikschulen: Es gibt eine in Hietzing und eine sehr kleine in Penzing. Die Kosten dort betragen pro Monat über 70 EUR. Und für das letzte Semester hat es auch an diesen privaten Musikschulen zum Beispiel keinen Platz mehr für Gitarrenausbildung gegeben, und für das kommende Semester ist es, trotz Voranmeldung, auch nicht sicher.

 

Es kann ja wohl nicht sein, wenn ein Kind an einer Instrumentenausbildung interessiert ist, dass es in dieser Stadt nicht möglich ist, eine zu bekommen, ohne dass man eine kilometerlange Reise in andere Bezirke unternehmen muss (GRin Mag Sonja Wehsely: Aber die U-Bahn gibt's schon länger!), um dann dort vielleicht auch keinen Platz zu bekommen. Das ist sowohl für die Kinder als auch für die Mütter unzumutbar und für berufstätige Frauen auch gar nicht möglich.

 

In diesem Sinne möchte ich anregen, dass die Schulen selbst und die privaten Musikschulen an den Volksschulen unterrichten – das machen die Musikschulen auch zum größten Teil selbst. Das halte ich für eine recht gute Idee, zumindest für die Kinder, und zwar aus folgenden Gründen:

 

Erstens hat das Kind eine vertraute Umgebung und nicht die Hemmschwelle, eine weitere Schule besuchen zu müssen.

 

Zweitens kennt es bereits seinen Schulweg und die Gefahren auf dem Weg dorthin, was vor allem bei Volksschulkindern ein wesentlicher Faktor ist. Das entlastet wieder in hohem Ausmaß die Nerven der zugehörigen Mütter, die aufgrund der absolut mangelnden Nachmittagsbetreuung in Wien permanent gezwungen sind, sich mit dem Nachmittagsprogramm ihrer Kinder auseinander zu setzen, was für berufstätige Frauen sowieso unzumutbar ist.

 

Und weil ich schon bei diesem Thema bin, möchte ich gerne einen kleinen Ausflug zum Thema Gleichstellung berufstätiger Frauen und deren Selbstbewusstsein machen. Man hört ja permanent, dass das Selbstbewusstsein der Frauen gesteigert werden muss. Ich sage Ihnen: Es steigert sich ganz von selbst, wenn der Druck und das schlechte Gewissen wegfällt, wenn man sich sicher sein kann, dass die Kinder am Nachmittag optimal betreut sind - mit einem gemischten Programm aus Sport, Musik, Freizeitgestaltung und Lernen. Das täte berufstätigen Frauen gut und würde gleichzeitig kinderlosen Karrierefrauen die Entscheidung für ein Kind erleichtern, was für unsere Geburtenrate sicherlich kein Nachteil wäre.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich mich heute beim Herrn Bürgermeister für die absolut gelungene Wahl des Termins dieser Gemeinderatssitzung bedanken, denn alle hier sitzenden berufstätigen Mütter – und natürlich auch Väter – sind nicht in der Lage, bei ihren Kindern bei der Zeugnisverteilung dabei zu sein. Und

 

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