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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 64

 

einer der zwei klassischen Subventionsausschüsse, und daher habe ich, so glaube ich, diesbezüglich eine gewisse Erfahrung. Aber seit diese Institution - damit meine ich "Public Netbase" - existiert, kommt es zu einem Auseinanderklaffen der Einreichung - sprich dessen, wie sich diese Organisation in ihrer Bedeutung offensichtlich selbst sieht und hier um eine Subvention in Höhe von 820 000 EUR ansucht - und dem, was sie dann von der Kulturabteilung der Stadt Wien erhält, nämlich 218 000 EUR. Das zeigt, dass zwischen dem, wie die Organisation selbst ihren Stellenwert einschätzt, und dessen Einschätzung durch die MA 7 mehr als eine Diskrepanz besteht: Da geht es um das Vierfache!

 

Da gibt es nur zwei Möglichkeiten - und es ist dies ja nicht das erste Mal, dass das passiert, sondern bereits das dritte, vierte oder fünfte Mal -: Da müssen doch endlich einmal der Stadtrat und die Beamten mit "Public Netbase" über die Frage reden, welche Aufgabe denn diese Institution in der Stadt eigentlich hat - außer Vorfeldorganisation der Sozialdemokraten und der GRÜNEN gegen die Regierung zu sein. (Ironische Heiterkeit des GR Günter Kenesei.) Da muss es ja noch irgendeinen anderen Zweck geben! - Aber selbst wenn der primäre Zweck dieser Organisation darin besteht, Vorfeldorganisation gegen die Bundesregierung zu sein, muss das ja auch budgetiert werden! Da gibt es also dann Budgets für Vorfeldorganisationen, die zur Diffamierung der Bundesregierung da sind - kein Problem, aber die müssen zumindest ordnungsgemäß budgetiert sein. Es kann ja nicht so sein, dass eine solche Organisation viermal so viel verlangt, wie sie dann tatsächlich bekommt.

 

Daher gibt es damit schon einmal einen formalen Grund, das abzulehnen. Ich halte das auch wirklich für untragbar und in der Verantwortung eines Stadtrates, aber auch eines Gemeinderates, der das hier mit Mehrheit beschließen wird, für unzumutbar, weil das ganze Budget, das "Public Netbase" hiermit einreicht, ja nicht nachvollziehbar ist! Denn wenn ein Budget in einer Höhe von 820 000 EUR eingereicht wird, dieses aber nur mit 218 000 EUR bedeckt ist - denn die Gefahr, dass dieses Projekt von der Bundesregierung gefördert wird, hält sich in sehr engen Grenzen, wenngleich das hier beantragt wird -, dann weiß ich als Gemeinderat ja überhaupt nicht, welche Teile dieses eingereichten Budgets tatsächlich realisiert werden und welche nur im virtuellen Raum oder in der Phantasie der Bewerber stattfinden.

 

Dass dieser Phantasie der Bewerber beziehungsweise der Betreiber keine Grenzen gesetzt sind, zeigt sich etwa an folgendem konkreten Beispiel, auf das "Public Netbase" besonders stolz ist: Man hat nämlich eine der stärksten Markenartikelfirmen der Welt, die Firma Nike, einmal zu einem kleinen Match herausgefordert, und zwar mit der großartigen Idee, den Karlsplatz in "Nikeplatz" umzubenennen und das auch durch die Aufstellung eines entsprechenden Logos zu dokumentieren. - Nicht ganz überraschenderweise hat die Firma Nike darauf mit einer Klage reagiert.

 

Jetzt kann man sagen: Okay, wenn irgendein Privater, eine Institution, ein Verein ein Interesse daran hat, sich eine rechtliche Auseinandersetzung mit einem Weltkonzern zu liefern - überhaupt kein Problem. Ich frage mich nur: Wer trägt die Rechtskosten, die dort angefallen sind, und wer unterstützt eine derartige rechtliche Auseinandersetzung?

 

Jetzt kann man sagen - und "Public Netbase" argumentiert das ja so -, das sei ein künstlerisches Projekt gewesen.

 

Okay, Phantasie habe ich auch genug. Stellen Sie sich vor, es begründet sich in der Stadt eine Kulturinitiative, die sagt: Wir haben eine tolle Idee, wir wollen den Rathausplatz - temporär, nicht dauerhaft - in "Dr Andreas Mailath-Pokorny-Platz" umbenennen. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das würde ich nicht wollen! – GR Heinz Hufnagl: Der Stephansplatz wäre viel schöner! Der Stephansplatz wäre viel besser geeignet!) - Sie wollen das nicht? – Was bleibt Ihnen anderes übrig? Sie können es aber nicht verhindern. – Es wird dort jetzt also ein großes Foto von Ihnen aufgestellt und eine Tafel mit der Aufschrift: "Dr Andreas Mailath-Pokorny-Platz - in Würdigung der großen Leistungen des Kulturstadtrates". (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Da hast du schon Recht!)

 

Was müssen Sie jetzt machen? - Sie haben nur eine einzige Möglichkeit, sich zu wehren: Sie schalten einen Rechtsanwalt ein und sagen: Bitte ich möchte, dass dieses Bild dort wegkommt und dass dieser Platz nicht "Dr Andreas Mailath-Pokorny-Platz" heißt, denn sonst bekomme ich erstens von meinem Bürgermeister, dem das vielleicht nicht passt, eine aufs Dach und zweitens ist es mir eigentlich unangenehm, denn das ist immerhin mein Name, meine Geschichte und mein Foto. - Sie schalten also einen Rechtsanwalt ein, und dieser Rechtsanwalt wird dann diese Initiative klagen.

 

Ich bezweifle, dass diese Initiative, wenn sie für dieses "geniale" Projekt bei der MA 7 um Förderung ansucht, dafür eine Unterstützung erhalten wird.

 

Jetzt erklären Sie mir aber den Unterschied zwischen einer privaten Initiative, die dasselbe Spiel mit einem internationalen Konzern, nämlich Nike, macht, und einer anderen privaten Initiative, die das Spiel mit Ihnen macht! - Das zeigt nur, wie skurril dort vorgegangen wird und wie unter dem Deckmantel der Kultur Steuergelder verprasst werden. Ich kann mir nicht vorstellen, sehr geehrte Damen und Herren, dass das ein unterstützenswertes Projekt ist! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wie mir überhaupt das Konzept zu den Neuen Medien nicht unterstützenswert erscheint - und damit erlaube ich mir, auch das Thema "Neue Medien" und damit den nächsten Tagesordnungspunkt anzusprechen, wo es darum geht, dass Sie, Herr Stadtrat, sich einen Rahmenbetrag von 72 000 EUR holen, ohne uns genau zu sagen, worum es sich dabei handelt oder wie Sie dieses Geld ausgeben werden. Das sagen Sie uns dann immer ein Jahr nachher!

 

Ich glaube also, dass diese zwei Projekte - auf der einen Seite "Public Netbase" und auf der anderen Seite ein Rahmenbetrag von 72 000 EUR, den Sie, Herr Stadtrat, quasi vergeben können, wie Sie wollen - als

 

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