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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 16.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 35

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zu einem weiteren wichtigen Punkt, nämlich zum Vergabeskandal im Zusammenhang mit der Sozialcard. Er rundet den unguten Eindruck von Ihrem Ressort ab. Denn bei dieser Ausschreibung mit einem Auftragswert von 100 Millionen S ist es zu groben Unzulänglichkeiten gekommen. Hier wurden offensichtlich sämtliche Ausschreibungsrichtlinien umgangen, um einen bestimmten Anbieter zu bevorzugen. Die Mitarbeiterin der MA 12, die mit dieser Ausschreibung beauftragt war, schreibt in Ihrem Situationsbericht:

 

"Ich wurde bereits kurz nach seinem Antritt vom Abteilungsleiter beauftragt, eine in seiner Projektkonzeption vordringliche Ausschreibung für eine multifunktionale Chipkarte durchzuführen. Leider war seinerseits keine Unterstützung der zuständigen Fachabteilung vorgesehen, und auch die restliche Unterstützung seitens des Abteilungsleiter-Stellvertreters reduzierte sich auf grammatikalische Ausdrucksweisen und Orthographie. Die Ausschreibung erwies sich bald als kritisch und bereitete mir Unbehagen", schreibt die Mitarbeiterin. Trotz ihrer Bedenken wurde diese Mitarbeiterin angewiesen, die Ausschreibung so zu gestalten, dass eine bestimmte französische Firma den Zuschlag erhielt. Mit dieser waren im Vorfeld monatelang die Ausschreibungskriterien besprochen worden, sogar der Ausschreibungstext wurde gemeinsam formuliert.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Die angesprochene Mitarbeiterin wurde in der Folge so gemobbt, dass sie einen Herzinfarkt erlitt. Nicht nur im "profil", sondern auch im "Standard" wurden diese aufklärungswürdigen Vorgänge berichtet. "Übrig bleibt," so der "Standard" - und das ist auch meine Meinung -, "die Verantwortung für diesen Vorgang zu klären." (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Vergabekontrollsenat hat jedenfalls den Zuschlag für nichtig erklärt, woraufhin ihm die MA 12 Denkunmöglichkeit und Willkür der Entscheidung vorgeworfen hat. Da hier der Verdacht des mehrfachen Amtsmissbrauches nahe liegt, habe ich in einem Schreiben vom 31. Oktober 2003 auch den Magistratsdirektor um Untersuchung der Vorgänge ersucht.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Den Medien war zu entnehmen, dass die StRin Laska der heutigen Sondersitzung gelassen entgegensieht. Es scheint dieselbe nachlässige Gelassenheit zu sein, mit der sie ihr Ressort führt, die Gelassenheit, die zu diesen unglaublichen Missständen geführt hat. Wir fragen uns nur: Wo bleibt die Demut vor den Wählern? Oder sind Hilfe Suchende oder Behinderte oder Mitarbeiter der Stadt Wien keine Wähler?

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Es zeichnet Sie persönlich aus, dass Sie hinter Ihren Stadträten stehen. Wichtig wäre aber auch, dass Sie im Interesse der Wiener Bevölkerung diese permanente Schwachstelle in Ihrem Regierungsteam erkennen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Die vielen, die unter der willkürlichen Amtsführung der Frau Stadträtin gelitten haben, vertrauen ihr schon lange nicht mehr. Unbestritten ist, dass Frau StRin Laska im Sozialbereich einen riesigen Scherbenhaufen hinterlassen hat. Uns Freiheitlichen ist bewusst, dass man mit dem Instrument des Misstrauensantrags sehr behutsam umgehen muss, aber die Amtszeit der StRin Grete Laska ist geprägt von Willkür, Chaos, von Freunderlwirtschaft und von Verschwendung von Steuergeldern.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen bringen daher heute einen Misstrauensantrag ein. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Wir gehen nun weiter in der Debatte. Als Nächste spricht Frau GRin Jerusalem. - Bitte schön.

 

GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Wir haben heute Gelegenheit, noch einmal eine zusammenfassende Darstellung aller Highlights der Laska-Krise Revue passieren zu lassen. Ich möchte gerne in zehn Punkten begründen, warum die GRÜNEN der Meinung sind, dass es eine Krise tatsächlich gibt.

 

Ein Misstrauensantrag ist natürlich ein schweres Geschütz, sehr ernst zu nehmen, sorgsam zu prüfen - und, wie ich dann am Ende meiner Rede auch hinzufügen möchte, es geht auch darum, wer diesen Misstrauensantrag stellt und wem man da eine Zustimmung gibt.

 

Was geht nun tatsächlich alles auf das Konto von StRin Laska? - Ich möchte es im Folgenden kurz zusammenfassen.

 

Erstens einmal: Sie hat das uns allen bekannte Paket der Grausamkeiten geschnürt: in Auftrag gegeben, geschnürt, in den Raum gestellt, es sei durchaus möglich, dass ein derartiger Sozialabbau auch in Wien stattfindet. Ich muss jetzt nicht wiederholen, was alles drinnen gestanden ist, wir wissen es alle: Minus 10 Prozent im Schnitt bei den behinderten Menschen und jenen Maßnahmen, die diese brauchen, um selbstständig zu sein - und das im Jahr der Behinderten! -; minus 20 Prozent bei der Sozialhilfe, die schon jetzt, ohne Kürzung, keineswegs existenzsichernd ist. Sozialabbau à la Wien, Sozialabbau à la SPÖ!

 

Warum aber sollen wir uns jetzt noch damit befassen, wo doch der Bürgermeister diese heiße Kartoffel sofort fallen hat lassen und dafür gesorgt hat, dass das Papier vom Schreibtisch in den Müll gewandert ist und in geschreddeter Form wieder zum Vorschein gekommen ist? - Ich meine, man muss sich deshalb damit befassen, weil es sehr viel aussagt über die Politik der SPÖ Wien, die nämlich dann, wenn die finanziellen Mittel knapp werden, wenn es heißt, es müsse gespart werden, wenn die Ressourcen knapp werden, dasselbe tut wie Schwarz und Blau im Bund, nämlich kürzen im Sozialbereich. Und dazu sagen wir entschieden: Nein! (Beifall bei den GRÜNEN. – GRin Mag Sonja Wehsely: ... gesagt, es findet nicht statt!)

 

Damit - und das ist der zweite Punkt am Konto der Stadträtin - hat Wien nämlich kein Gegenmodell zum Bund gemacht, wie das ursprünglich versprochen war, sondern ist eine schlechte Kopie der Bundespolitik, ein

 

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