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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 98

 

versucht, dieses Thema zu aktualisieren und mit Ihnen gemeinsam, vor allem mit den Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, die Diskussion zu führen. Es war schon unter Zeiten Zilk-Mayr irrsinnig schwierig, diese Debatten zu führen, war ähnlich schwierig unter Edlinger und Häupl und ist es auch heute ebenso unter den geänderten Voraussetzungen mit einem Betrieb der Stadt Wien, mit den WIENER LINIEN, mit den dort in Führungsposition Tätigen und den Verantwortlichen in dieser Stadt, dem Stadtrat Rieder, und interessanter Weise jetzt, weil es auch die Geschäftsgruppe des Herrn Stadtrat Faymann betrifft, im Bereich Wohnbau, darüber zu diskutieren. Ich weiß schon, es ist zusammengezogen worden, deshalb jetzt heute die Debatte im Bereich Wohnbau.

 

Ich glaube, es wäre schön langsam an der Zeit, nach über zehn Jahren zu erkennen, dass nicht alles wirklich so toll gelaufen ist bei den vielen U-Bahnprojekten und bei den vielen U-Bahnbaulosen, die in Wien mittlerweile errichtet wurden, und dass es hier jetzt doch einiges an Firmen gegeben hat, die versucht haben, den Auftraggeber Stadt Wien oder den Auftraggeber WIENER LINIEN über den Tisch zu ziehen. Und es gibt auch einen Kritikpunkt von Seiten des Rechnungshofs, dass Firmen, die einmal bei Bauaufträgen auffällig geworden sind, und gegen welche Maßnahmen im Auftragnehmerkataster der Stadt Wien gesetzt wurden, nur allzu leicht wieder von diesem Bannstrahl, der sie getroffen hat, befreit wurden und sie wieder mit der eigentlich relativ einfachen Bemerkung "behebbarer Mangel" in den Auftragnehmerkataster gekommen sind, wieder bei Aufträgen für die Stadt Wien und für die WIENER LINIEN tätig sind, sich leider aber an dem Bild als solchem, dass nämlich zu viel, falsch, und durch Preisabsprachen ungerechtfertigte Preise verrechnet werden, nichts geändert hat.

 

Jetzt weiß ich schon, speziell auf den Kollegen Driemer hinschauend, dass natürlich die Luft im Baugewerbe ziemlich dünn geworden ist. Das ist auf der einen Seite darauf zurückzuführen, dass sich die Kommunen und die öffentliche Hand mit ihren Aufträgen sehr zurückhalten, dass vor allem das Baugewerbe die Sparmaßnahmen von der Bundesseite, aber auch auf der Länderseite, heftig zu spüren bekommen hat und dass es immer schwieriger wird, auch im sowohl nationalen, teilweise auch internationalen Wettbewerb zu bestehen. Dass man sich aber gerade von Seiten dieser großen Firmen den Wiener U-Bahnbau als Melkkuh der Nation ausgesucht hat, kann ich als Wiener Gemeinderat und als Wiener Mandatar nicht nachvollziehen, zumal man es diesen Firmen in Wien auch oft sehr, sehr leicht gemacht hat.

 

Ich erinnere nur an die langanhaltende Diskussion bezüglich des Gleisbaus, sei es jetzt beim U-Bahnbau oder auch beim Straßenbahnbau gewesen, sei es bei Baulosen, die massenhaft zu Reihungstürzen geführt hätten, hätte man nur richtig ausgeschrieben und hätte man tatsächlich bewertet, nach dem, was gebaut wurde und nicht danach, was ausgeschrieben und angeboten wurde, und dass es da von Seiten der Stadt einen sehr saloppen Umgang mit den Firmen, mit den betroffenen Firmen, gegeben hat. Sei es auf der einen Seite durch Verflechtungen wirtschaftlicher Natur, durch Interessen von Hausbanken und Betrieben, die der sozialdemokratischen Fraktion durchaus nahe stehen, aber auch auf Grund der Androhung von Firmen, dass hier Arbeitsplätze in Gefahr seien. Und offensichtlich steht das Thema Arbeitsplatz noch immer über dem Thema Korruptionsbekämpfung.

 

Das finde ich schlecht, das finde ich falsch, denn schlussendlich geht es um unser aller Geld und das Geld der Wienerinnen und Wiener, das wir zwangsläufig treuhändig verwalten, und wo wir eigentlich der Meinung sind, dass hier mit diesen Geldern auch sorgsam umzugehen ist. Was mich besonders stört ist, dass unzählige Berichte des Kontrollamtes, sei es jetzt zum U-Bahnbau, aber auch zu allen anderen bauwirtschaftlichen Prüfungen, zwar immer wieder zu Kritik, zu zähneknirschendem Eingestehen, dass es Fehler gegeben hat, geführt haben, sich aber über Jahre und Jahrzehnte leider nichts geändert hat.

 

Wir haben es im letzten Kontrollausschuss wieder so gehabt, dass wir darauf hingewiesen worden sind “nun, es ist ja jetzt alles umstrukturiert worden“. Ich habe schon etliche Umstrukturierungen hier im Hause miterlebt. Ich erinnere nur an die Ausgliederung und Privatisierung oder an die Betriebwerdung der WIENER LINIEN, wo uns damals gesagt wurde, “jetzt werde alles anders, denn jetzt sind die Spielregeln ganz anders“.

 

Aber die Spielregeln haben sich nur für uns hier herinnen verändert, wir hören und sehen von dem Ganzen nichts mehr. Die Spielregeln für die Firmen draußen haben sich offensichtlich überhaupt nicht verändert, es wird weiterhin überhöht angeboten, es wird weiterhin falsch abgerechnet, es gibt weiterhin offensichtlich die Preisabsprachen und wir haben weiterhin offensichtlich kein adäquates Mittel zur Hand, um diesem Treiben ein Ende zu setzen.

 

So gesehen bin ich dem Rechnungshof, aber auch dem Kontrollamt zum wiederholten Male dankbar, in welcher hartnäckigen Konsequenz sie immer wieder auf die mangelhaften Ausschreibungen und Abrechnungen hinweisen, es in Berichte fassen und uns vorlegen. Nur beginne ich langsam zu zweifeln, ob ein Großteil der hier herinnen tätigen Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und ein Großteil der Wiener Stadtregierung wirklich die richtigen Adressaten sind, und diese Berichte auch ernst nehmen. (GR Dr Herbert Madejski: Nicht alle!) Ich habe auch gesagt, ein Großteil. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass irgendwann einmal steter Tropfen auch diesen Stein höhlt und hoffe so, dass einmal die Berichte des Rechnungshofes und des Kontrollamtes nicht nur hier herinnen zur Kenntnis genommen, sondern auch Konsequenzen gezogen werden.

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr Dr Tschirf gemeldet, ich erteile ihm das Wort.

 

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident des Rechnungshofs!

 

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