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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 98

 

Wegekostenrichtlinie massiv beteiligen und zumindest versuchen - dies fällt uns ja schwer -, österreichweit eine gemeinsame Sprachregelung zu verwenden und auch bei den Aktivitäten in anderen Mitgliedstaaten und bei der Europäischen Kommission gemeinsam aufzutreten.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. - Somit ist die 2. Anfrage beantwortet.

 

Wir kommen zur 3. Anfrage (FSP/05610/2003/0001-KGR/GM). Sie wurde von Herrn GR Mag Christoph Chorherr an den Bürgermeister gerichtet: Welche Auswirkungen hat die aktuelle VwGH-Entscheidung hinsichtlich der Trassenverordnung betreffend S 1 (B 301) auf Wien?

 

Herr Bürgermeister, bitte.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Klubobmann!

 

Gestatten Sie mir drei kurze Bemerkungen zu Ihrer Anfrage.

 

Erstens: Der Verwaltungsgerichtshof hat mit der von Ihnen angesprochenen Entscheidung einen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie aufgehoben. Dieser Bescheid hat ein Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz 1971 betroffen, bei dem in erster Instanz der Landeshauptmann von Niederösterreich entschieden hat.

 

Zweite Bemerkung: Die Trassenverordnung ist eine Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie und in einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof auf ihre Gesetzmäßigkeit hin überprüft worden. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass Gesetzeskonformität vorliegt. Wien war in dem Verfahren weder Antragsteller noch Partei, noch hat es sonst irgendetwas damit zu tun gehabt.

 

Ich gestatte mir daher die dritte Bemerkung, dass ich die Zulassung dieser Frage gemäß der Stadtverfassung und der Geschäftsordnung eigentlich nur unter dem Auspiz der Weihnachtsamnestie erkennen kann, aber jedenfalls nicht vor dem Hintergrund der Rechtskonformität. Ich nehme jedoch auch das zur Kenntnis.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich danke schön. - Die erste Zusatzfrage: Herr Mag Chorherr.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Ja, ich danke für die weihnachtliche Güte! (Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPÖ.) Die erste Phase war von der Demut geprägt, die zweite ist von Güte geprägt, okay.

 

Es geht aber in der Tat um Rechtskonformität. Weil ja die Stadt Wien - durchaus auch in Ihrer Person, Herr Bürgermeister - ein vehementer Vertreter der ehemaligen B 301 und jetzigen S 1 ist, ist schon die Frage zu stellen, auch die politische Frage, inwieweit bei Straßenbau Höchstgerichtsurteile Konsequenzen haben. In anderen Fragen, die der Sozialdemokratie nahe gehen, hat sich die Sozialdemokratie sehr wohl dazu geäußert.

 

Tatsache ist, dass bei einem Enteignungsakt für die B 301 von dem enteigneten Landwirt die Rechtskonformität bestritten wurde und jetzt festgestellt worden ist - immerhin vom Verwaltungsgerichtshof! -, dass das UVP-Verfahren falsch abgewickelt wurde, nämlich nach österreichischem Recht und nicht nach EU-Recht. Ich verweise auf andere Länder, in denen daraufhin ein Baustopp verhängt wurde. Ich verweise auf den Ausbau des Flughafens in Basel, dort wurde nach einem ähnlichen Höchstgerichtsakt ein Baustopp verhängt. (Zwischenruf des GR Heinz Hufnagl.) Ich verweise auch auf eine Autobahn-Karlsruhe-Verlängerung, dort wurde ebenfalls ein Baustopp verhängt.

 

Immerhin geht es hier nicht nur um eine Weihnachtsamnestie, um Güte oder etwas Ähnliches. Ich weiß schon, dass jetzt nicht Sie das zu veranlassen haben, aber es wäre interessant, eine Position zu hören. (Rufe und Gegenrufe zwischen GR Mag Rüdiger Maresch und GR Heinz Hufnagl.)

 

Ich sage es noch einmal und bringe die Frage auf den Punkt. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof gesagt hat, dass ein Enteignungsakt nicht rechtskonform zustande kam - nach dieser UVP, die das gesamte Verfahren gestaltet hat -, müsste man rechtlich das gesamte UVP-Verfahren neu aufrollen. Gibt es dazu eine Beurteilung des Wiener Bürgermeisters, der sich in der Frage der Wichtigkeit der B 301 sehr weit hinausgelehnt hat, oder werden Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse je nachdem, wie man zu den Projekten steht, beurteilt?

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Zunächst einmal: Meine Befürwortung dieser Autobahnverbindung auf der einen Seite und der Inhalt dieses Enteignungsverfahrens respektive seine Aufhebung liegen doch wohl meilenweit auseinander. Jawohl, ich bin auch heute ungebrochenerweise der Auffassung, dass diese Straßenverbindung eine richtige Maßnahme ist, die man gesetzt hat, und ein richtiger Bau, der notwendig ist - so wie ich auch den Eisenbahnausbau angesichts der zukünftigen Entwicklung für notwendig und richtig halte.

 

Bei dem Enteignungsverfahren ist es in erster Linie darum gegangen, ob man eine Mauer baut oder eine Böschung schüttet, weil man dadurch weniger Quadratmeter verfügbar haben muss, um diesen Bau zu erreichen, und dies auf 30, 40 Metern. Ich möchte das auch deswegen erwähnen, weil mir da die Relation ein bisschen seltsam zu sein scheint.

 

Was der Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat, besteht im Kern darin, dass es zwischen nationalem Recht, was Umweltverträglichkeitsprüfungen betrifft, und EU-Recht, was EU-Richtlinien dazu betrifft, Widersprüche gibt. Da bin ich selbstverständlich der Auffassung, dass derartige Widersprüche gemäß dem Vertragswerk der Europäischen Union aufzulösen sind. Es ist Aufgabe der jeweiligen Verwaltungsstelle, das vorzubereiten, es ist Aufgabe der Politik, dieses Problem zu lösen und diese Widersprüche aufzulösen. Aber dass man vor diesem Hintergrund nunmehr sagen soll: eine politische Meinung eines politischen Funktionärs, der mit der ganzen Sache selbst nichts zu tun hat, ist jetzt unbedingt gefordert!, das möchte ich in Zweifel ziehen.

 

Ich kenne die Karlsruher Geschichte nicht, aber ich kenne Basel. Dort ist es um etwas ganz anderes gegangen. Bei diesem Flughafen ist es in der Tat um einen

 

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