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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 88 von 120

 

nur 20 Prozent in stationäre Pflege kommen. Das, würde ich sagen, ist wirklich ein Verhältnis, das nicht den Gegebenheiten entspricht und wo eindeutig eine falsche Budgetierungspolitik vorliegt.

 

Welche Beeinträchtigungen gibt es in den Wohnungen in erster Linie? Im Alter sieht man schlechter, man braucht mehr Licht. Die Toilette ist am Gang. Kein Badezimmer, nur eine Wanne, in die man nicht hineinsteigen und aus der man schon gar nicht herauskommen kann. Selbst das Anbringen von Haltegriffen bei den Badewannen ist ein Problem, wenn es Rigipswände sind. Die Möblierung muss geändert werden, da mehr Platz gebraucht wird. Die Türen des Lifts müssen manchmal verbreitert werden. Handläufe müssen angebracht werden. Heute habe ich gehört, in den Gemeindebauten gibt es noch Heizungsregler, die ganz unten am Boden sind, sodass man sich am besten hinkniet oder auf den Bauch liegt. So etwas habe ich übrigens auch auf dem Land.

 

Ich möchte noch ganz kurz von einem Beispiel sprechen. Ich habe in den Achtzigerjahren Besuchsdienst gemacht. Ich hatte einen alten Herrn zu betreuen, dessen Kurzzeitgedächtnis schon sehr gelitten hatte. Ein bekannter Primar der Stadt war sehr interessiert, weil er auch an den Bildern von Ernst Baar sehr interessiert war, ihn in ein Pensionistenwohnheim zu bringen. Er konnte zu Hause wunderbar leben und hat sich in der nahen Umgebung zurecht gefunden. Er kam dann ins Pensionistenwohnhaus. Dort waren alle Türen weiß und er hat nie in sein Zuhause gefunden, weil er eben aus dem Kurzzeitgedächtnis heraus Probleme hatte. Er hat sich dann überhaupt verlaufen. Binnen kurzem war er ein Pflegefall und ist dann relativ rasch gestorben.

 

Ich möchte noch einmal sagen, es geht nicht darum, sich nur auf die stationäre Pflegemisere zu werfen, sondern auch die mobilen Dienste nicht zu vernachlässigen und dazu einige Verbesserungen, auch aus politischer Sicht, und Umstrukturierungen auf den verschiedensten Bereichen durchzuführen.

 

Etwas möchte ich noch sagen. Ich habe das auch gelesen. Das ist sehr interessant. Es gibt viele Sanierungen und Verbesserungen, aber man darf nicht länger als ein halbes Jahr darin gewohnt haben. Das ist leider für alte Menschen unbrauchbar.

 

Jetzt möchte ich noch sagen, wir werden einen Antrag einbringen, der eine Gesetzesänderung braucht. Diesen werden wir dann am Freitag im Landtag einbringen. (GR Mag Rüdiger Maresch: Donnerstag!)  - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Frau GRin Cordon, Sie gestatten die kleine Korrektur. Ich nehme an, Sie meinen den Donnerstag, weil Freitag. ist grundsätzlich korrekt und richtig, aber ich beabsichtige nicht, am Freitag mit euch allen zusammenzusein. (GRin Dr Sigrid Pilz: Die Sitzung kann auch bis Freitag dauern!) Aber bitte, wir können uns gerne alle am Freitag wieder treffen.

 

Herr StR Faymann. – Bitte schön.

 

Amtsf StR Werner Faymann: Herr Vorsitzender! Sehr verehrte Damen und Herren!

 

Zur Frau GRin Cordon möchte ich nur grundsätzlich zwei Punkte sagen, die den Wohnbereich im engeren Sinne betreffen. Das eine ist, dass natürlich die Stadterneuerung, die sie erwähnt hat, in vielen Bereichen zu dieser Standardanhebung geführt hat. Ich kenn die Umfragen, die Sie zitiert haben, nicht im Detail, aber viele Menschen gehen von ihrem Mietvertragstatus aus und nicht vom Tatsächlichen. Es ist aber auch so, dass sich in der Stadterneuerung manche ältere Menschen weigern, dass in ihrer Wohnung Maßnahmen stattfinden und dass die Sanierung, wie wir sie in Wien vornehmen, nämlich mit den Mietern gemeinsam eine Wohnung zu sanieren, "Huckepack" und was es da für Ausdrücke dafür gibt, an sich dazu gedacht ist, dass Menschen, insbesondere ältere Menschen, nicht ausziehen müssen und dass das Haus nicht abgerissen wird, wie das in anderen Städten der Fall ist, oder teilabgerissen wird.

 

Natürlich verursachen wir damit Mühe und ungleich Mehrkosten, aber wir sanieren gemeinsam mit den Mietern, beraten mit den Mietern und die Gebietsbetreuungen, die Hauseigentümer, die diversen Interessenorganisationen versuchen, das Haus mit den Mietern zu sanieren, damit uns eine Standardanhebung gelingt. Etwa 10 000 Wohnungen gehen pro Jahr durch die Stadterneuerung. Das ist doch eine gewaltige Zahl.

 

Ich bin natürlich dafür, dass insbesondere zur Verbesserung des Standards diese Stadterneuerung auch in der Wohnung eingesetzt wird. Es gelingt zwar nicht in allen, aber doch in sehr vielen Fällen. Wien hat, glaube ich, mit dem Stadterneuerungsmodell vom Prinzip her ein vorbildliches Modell, wo viele europäische Gäste zu uns kommen und sich das aus diesem Grund anschauen, weil es die Mieter einbezieht und weil auch ältere Menschen keine Angst und keine Scheu vor der Sanierung haben, wenn sie vorbereitet und grundsätzlich in das Sanierungsgeschehen einbezogen werden.

 

Das Zweite ist die Hilfe. Dass man Hilfen immer wieder nachjustieren kann und soll, ist überhaupt nicht ausgeschlossen. Aber das Prinzip ist sehr wohl, dass wir den Einzelnen fördern, wenn er seine Wohnung behindertengerecht oder altengerecht oder für seine Bedürfnisse gerecht umbauen möchte. Da mag sein, dass das eine oder andere noch verbesserungswürdig ist, jedenfalls sind diese Einzelförderungen sehr angestiegen und werden von vielen Menschen in Anspruch genommen, sei es durch die Familie oder durch Sozialarbeiter oder Vereine, die in den Wohnungen tätig sind und mit diesen Instrumenten recht gut umgehen können. Aber da sind wir neuen Vorschlägen gegenüber sicher sehr offen.

 

Was mich gefreut hat, war, das Modell von Kolping – die Schmidtstahlwerke im 10. Bezirk sind schon in einem anderen Zusammenhang genannt worden –, die ein sehr positives Modell gesetzt haben, nämlich einerseits das Mutter-Kind-Heim und andererseits konkret eine Pensionisten- und Pflegestation mitten in einer Wohnhausanlage zu machen, also durchaus auch in Neubaugebieten von vornherein sowohl die Pflege in der Wohnung vorzusehen als auch Teile von neuen Stadtteilen bewusst für die Pflege einzukalkulieren. Das ist sicher ein

 

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