«  1  »

 

Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 134

 

bis dato nicht der Fall war. Da ist nämlich eine Einsatzorganisation ausgerückt, nicht um Schaden von Menschen abzuwenden, sondern um diese zu bedrohen.

 

Sicherheit: Nicht einmal die eigenen ortspolizeilichen Verordnungen werden von dieser Stadträtin vollzogen.

 

Aber lassen Sie mich auf die einzelnen Bereiche ein bisschen näher eingehen.

 

Integration: Der Integrationsfonds, ins Leben gerufen, aus der Taufe gehoben von Bgm Zilk, zugesperrt und zu Grabe getragen von StRin Brauner. Der Integrationsfonds hat einen steilen Abstieg genommen. Das hängt auch mit den diensthabenden Geschäftsführern zusammen. Begonnen hat alles mit einem Max Koch, der doch über die Parteigrenzen hinweg eine gewisse Anerkennung gehabt hat und der sehr wesentlich diesen Integrationsfonds geprägt hat, weshalb ich ihm an dieser Stelle auch danken möchte. Gefolgt ist ihm ein Geschäftsführer Seitner, dem die politische Hegemonie der SPÖ ein großes Anliegen war und der das auch öffentlich und im Internet bekundet hat. Nunmehr haben wir einen Geschäftsführer, der eigentlich das Prädikat "Geschäftsführer" nicht verdient. Er ist nur noch der Liquidator oder der Masseverwalter dieses Fonds, der einstmals Aushängeschild der Integrationspolitik in Wien war.

 

Wir haben den Integrationsfonds zwar immer wieder kritisiert – berechtigterweise –, doch war das in erster Linie damit in Zusammenhang zu sehen, wie dieser Fonds organisiert wird, wie er geführt wird. Ich glaube, wir haben mit Recht die aufgeblähte Zentralverwaltung kritisiert, zu wenig Mitarbeiter in den Außenstellen. Aber nichtsdestoweniger möchte ich jetzt, wo es mit dem Integrationsfonds zu Ende geht, doch auch die engagierte Arbeit dieser Mitarbeiter loben. Ich glaube, dass da von den Mitarbeitern doch sehr viel gekommen ist.

 

Allzu viel Kritik hat man sich nicht erlauben dürfen. Hin und wieder ist es zu Kritik gekommen. Da hat man berechtigte Anliegen von Migranten vertreten, wie beispielsweise im Bericht 2001. Aus dem möchte ich einmal kurz zitieren. Da steht doch tatsächlich, dass es eine Diskriminierung beim Zugang zu bestimmten Wohnungsmarktsegmenten gibt. Das ist sehr verbrämt ausgedrückt. Gemeint hat man, dass die Gemeindewohnungen nicht zugänglich sind für Migranten. Aber selbst diese verbrämte Formulierung hat gereicht, dass im Bericht 2002 diese Formulierung nicht mehr aufscheinen durfte. Die Frau Stadträtin hat diesen Bericht zensuriert.

 

Vielleicht ist das eine Erklärung dafür, warum nun der Integrationsfonds zugesperrt wird: dass es mit aufmüpfigen Mitarbeitern zu schwierig geworden ist, dass es möglicherweise auch mit dem Geschäftsführer zu schwierig geworden ist, denn dieser musste ja im Juni des vergangenen Jahres von einem Tag auf den anderen sein Büro räumen. Ich glaube weniger, dass es daran gelegen hat, dass es mit der ÖVP schwierig war, in diesem Fonds zusammenzuarbeiten.

 

Am 11. Juni dieses Jahres ist also dieser Auflösungsbeschluss im Kuratorium gefasst worden. Man wusste gar nicht, ob sich das Kuratorium noch einmal zusammensetzen wird. Man ist davon ausgegangen, dass Ende des Jahres dieser Fonds abgewickelt sein wird. Nichts von dem ist eingetreten. Es hat natürlich wieder eine Sitzung gegeben. Wie jetzt die Abwicklung des Fonds wirklich vor sich gehen wird, das steht in den Sternen. Man ist hier weit im Verzug. Es wurde ein provisorisches Halbjahresbudget beschlossen. Wir wissen nicht, ob die Mariahilfer Straße erhalten bleibt, wir wissen nicht, ob die Außenstellen erhalten bleiben, wir wissen nicht, was mit dem Personal passiert, und wir wissen auch nicht, wie die Projekte fortgeführt werden. Was wir allerdings ganz genau wissen, ist, dass nächstes Jahr nur noch halb so viele Mittel für die Integrationsarbeit zur Verfügung stehen als bisher. Die Mittel für Integrationsangelegenheiten werden von 7,6 Millionen EUR auf 3,84 Millionen EUR gekürzt.

 

Um das einigermaßen zu kaschieren, hat man offensichtlich nur ein Halbjahresbudget für den Integrationsfonds erstellen lassen. Aber, sehr geehrte Frau Stadträtin, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder das Budget ist richtig, dann stehen im nächsten Jahr jedenfalls nur halb so viele Mittel zur Verfügung, oder es gibt tatsächlich eine Nachdotation im nächsten Jahr, aber dann beschließen wir heute ein falsches Budget, was natürlich ebenso wenig akzeptabel ist. (Beifall bei der ÖVP.)

 

In ganz wesentlichen Angelegenheiten der Migranten ist absolut nichts weitergegangen, nämlich was die schlechte Wohnungssituation betrifft. Im Gegenteil: Hier droht eine Gettobildung in Wien. In nur sieben Bezirken befinden sich 51 Prozent der Migranten, und die persönliche Wohnungssituation der Fremden ist äußerst schlecht, werden doch Substandardwohnungen in weit überhöhtem Ausmaß von Migranten belegt. Während nur 7 Prozent der Österreicher in solchen Wohnungen leben müssen, sind es 60 Prozent der in Wien lebenden Türken und 55 Prozent der Menschen aus Ex-Jugoslawien. Das hängt ursächlich damit zusammen, dass Sie Fremden nach wie vor den Zugang zu Gemeindewohnungen verwehren.

 

Thema UVS: Womit kämpft der Unabhängige Verwaltungssenat Wien seit seinem Bestehen? Er kämpft mit zu wenig Personal, er kämpft mit mangelhafter EDV-Ausstattung, er kämpft mit dem Präsidenten, nunmehr mit Schönberger, früher Moser. Dieser Name ist Ihnen vielleicht deshalb noch sehr gut in Erinnerung, weil das jener Präsident war, der meinte, mittels Notverordnungen agieren zu müssen, der eine Geschäftsverteilung mit Notverordnung erlassen hat, die dann aber selbstverständlich vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden ist, nachdem mehr als die Hälfte der Mitglieder sich zu diesem Schritt entschlossen hat.

 

Aber womit der UVS am allermeisten kämpft, das ist der Kampf um seine Unabhängigkeit, das ist der Kampf gegen die Einflussnahme von Magistrat und von SPÖ auf seine Entscheidungen. Und diese Einflussnahme – man kann es nicht anders beurteilen – hat Methode. Sie erfolgt auf die unterschiedlichsten Arten: durch politischen Druck, durch finanziellen Druck, durch Disziplinarverfahren, die eingeleitet werden, oder auch durch ein Disziplinarrecht, das der Landtag beschließt.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular